Erste Berlage zu Nr. 20 oer „Lienzer Zeitung' vom 15. Mai 1915. Die Haltung Italiens. Zur Vertagung der italienische« Kammer. Die Wiener „Arb.-Ztg.' schreibt: Die Mitteilung der italienischen Regierung berührt die Tatsachen nicht, die zu der Verschiebung der Kammersession geführt haben; aber man wird auch ohne nähere Angaben darauskommen, daß es nicht gerade Gründe der inneren Po litik sind, die es der Regierung Salandras wünschenswert machen, vor das Parlament eine Woche später zu treten
. Diese Verschiebung bedeutet also, daß eine bestimmte Sache, von der die Regierung wünschen zu müssen glaubt, daß sie entschieden sei, wenn die Kammern in Rem zusammentreten, am 12. Mai eben noch nicht entschieden war, daß sie aber gleichzeitig meint, sie bis zum 20. Mai ei ner Entscheidung zuführen zu können. Da es aber eine Sache ist, bei der die Entscheidung in einer bestimmten Richtung wenig Zeit braucht, die andere, die schwierige und verwickelte Verhandlungen voraussetzt, an Zeit mehr beansprucht
, so kann man die Ver schiebung des Zusammentrittes des Parlamen tes wohl als ein Zeichen dafür deuten, daß die Wagschale im Augenblick eher günstig für die Entscheidung steht, die zu ihrer Reife eine län gere Zeit braucht. Wenn sich die italienische Regierung auf die andere Seite wenden wollte oder wenn sie wenigstens schon innerlich ent schlossen wäre, diese Wendung zu vollziehen, so wäre die Zeit bis zum 12. Mai wohl aus reichend, um diesen ihren Entschluß in Wirk lichkeit umzusetzen. Daß sie also den Zusam
wird dem Zusammentritte der Kammer mit großer Spannung entgegengesehen. Ein Teil der italienischen Presse führt be kanntlich schon seit Monaten eine leidenschaft liche Sprache gegen Oesterreich-Ungarn und Deutschland, oerlangt stürmisch den Krieg gegen diese beiden Kaiserstaaten und fordert die italienische Regierung auf, endlich Farbe zu bekennen. Ein anderer Teil ist nicht so kriegerisch gesinnt und möchte, daß die italie nische Regierung aus einem friedlichen Wege allerhand Aspirationen zu verwirkli chen suche
. Wieder ein anderer Teil, der allerdings aber sehr wenig zahlreich ist, mahnt dringend davon ab, eine Richtung einzuschlagen, deren Befolgung zu einem Zusammenstoße füh ren könnte, und fordert die Regierung auf, die Neutralität zu bewahren, sei es, weil sie Italien überhaupt nicht in einen Erober ungskrieg verwickeln lassen will, sei es, weil sie im Gedenken an die mehr als 30jährige Allianz zwischen Italien und den beiden Zen- ctralmächten zurückhält.. . . ... ^ » So verschiedenartige Strömun gen