, ergriff die Hand der vor mir Sitzenden und ließ die Geliebte einen iefen Blick in mein so volles, so unsäglich liebendes Herz werfen. Sie hörte mich schweigend an, nur der leise Druck ihrer zit ternden Hand, der Blick, der mich traf, als ich zu Ende war, ver raten mir, daß meine Liebe erwidert wurde. Aber umsonst harrte -ch auf das ersehnte ,Ja^, ihre Lippen blieben stumm; und als ich in sie drang, mir zu antworten, stürzten die Tränen aus ihren Augen, sie riß sich los und eilte ins Haus
auf dem Herzen trage.' Der Doktor entfaltete den Brief und las: „Mein Gustav! So laß mich Dich nennen, Du mein teurer Geliebter, dessen Bild ewig und unauslöschlich in meinem Herzen ruht! — Hast Du doch selbst mir das Recht gegeben, Dich also nennen zu dürfen, und mein Herz macht Gebrauch von diesem Rechte, — ach, daß es auch meine Lippen dürsten! — Wohl hattest Tu recht, als Du sagtest, unsere Seelen seien füreinander ge schaffen, und eine würde nur im Glücke der anderen das eigene Glück finden! O, wie gern
wäre ich Dir ans Herz gesunken, an jenes treue, gute Herz, welches ich ganz durchschaut und liebge wonnen habe! — Doch das Schicksal ist hart, unerbittlich tritt es zwischen uns und ruft: Laßt ab, ihr Toren, die ihr ein Glück erträumt, welches euch die Wirklichkeit nie geben wird! — Sieh, Gustav, wäre ich reich wie Du, hätte ich geachtete Eltern und den Ruf einer ehrbaren, züchtigen Jungfrau, jubelnd würde ich hineilen zu Dir und Dir zujauchzen: Da bin ich, nimm
mich hin, Dein will ich sein auf ewig, wie auch ich Dich halte und nimmer von Dir lasse! Höre mich und verdamme mich nicht. Du kennst mein Herz, es liegt vor Dir wie ein aufgeschlagenes Buch, in welchem jede Seite Dir sagen wird, daß ich ehrbar, sittsam und tugendhaft bin. — Doch die Welt, die böse, böse Welt urteilt anders, in ihren Augen findet der Ruf eines Schenkmädchens keine Gnade, um so weniger, wenn die Arme das Kind eines Diebes und Selbst mörders ist. — Was kann sie dafür, daß ihr Vater sich verging
, daß sie im Waisenhause erzogen wurde? Sie muß es büßen, und nun sprich, was würde Dein Vater, der strenge, an den Bor urteilen seines Standes so fest Hangende Regierungsrat, sagen, wenn Du ihm eine Schwiegertochter ohne Rang, ohne einen ge achteten Ramen, ein Mädchen aus dem Volke brächtest? Ich kenne Dein edles Herz, weiß, daß Du auch gegen den Willen des Vaters dem Mädchen Deiner Wahl treu bleiben und mit diesem gern Armut und Sorge teilen würdest, und deshalb will ich es so weit nicht kommen lassen, will entsagen