Seite 2 ten Reichsrathstagung zu wenig radical erschien. Die nächste Folge war die, daß die Ausgetretsnsn einen neuen deutschnationalen Verein auf aus schließlich radicaler Grundlage gründeten. Eine ausschließlich radicale Partei dürfte aber Lei uns in Tirol keine besondere Werbekraft be sitzen, wenn man auch sehr gut unter Umständen die Nothwendigkeit einer solchen anerkennen kann. Wir haben also jetzt eine rein alldeutsche Vereint gung, den Wählerverein in seiner jetzigen Zusam mensetzung
, den deutschnationalen Verein, der sich als radical-national erklärte und außerdem sagt, daß ihn vom Wählerverein eigentlich nichts an deres trennt, als die Vorstandschaft und die Art und Weise des Vorgehens derselben, und wir ha ben noch den deutschliberalen Verein, der eine Partei vertritt, die heute nicht mehr entwicklungs fähig ist. Dies soll kein Tadel sein, im politischen Leben sind Parteien wandelbar, sie haben ihre Jugend, ihr Mannas- und ihr Geisenalter, und wenn eine Partei diese drei Epochen in Ehren
üb erstanden, kann man ihr gewiß in keiner Weise irgendeinen Vorwurf machen. Es ist aber anderer seits begreiflich, daß geänderte Zeitverhältnisse neue Parteien bedingen, und ich glaube, daß für unsere jetzigen politischen Verhältnisse in Tirol keine andere Partei und keine andere Organisa tion geeigneter sein dürfte, als eben die Deutsche Volkspartei. In der Erkenntniß, daß die Verwirrung und Unklarheit, wie sie in den letzten Zeiten im deuk- scheu Parteilager herrschte, auf die Dauer uner träglich
ist und zu einer gänzlichen Versumpfung und Zersetzung unseres öffentlichen Lebens füh ren muß, habe ich den Entschluß gefaßt, die Partei selbstständig, ohne Rücksicht auf politische Vereine, zu schassen, und ich konnte das erfreuliche Resultat erleben, daß meine Anregung tatsächlich auf fruchtbaren Boden gefctllen ist. Im Laufe der wenigen Tage, seitdem ich mich direct ^M^meine Wähler gewandt habe, hat die AnzaU be^ B e i- trittserklärungen 600 b e r e i ts ü ber sch r i t t e n. Diese Ziffer spricht am deutlichsten
für das Bedürfniß nach einer solchen Partei. Es gibt eine große Anzahl von Wählern, die nicht mehr wußten, wohin sie gehören sollten. Die Zu stimmung, die mir durch diese zahlreichen Unter schriften übermittelt wurde, enthebt mich der Mühe, auf die einzelnen Punkte des Programmes der Volkspartei einzugehen. Aber nur Eines möchte ich noch betonen: Der Vorwurf, der uns von gewisser Seite gemacht wird, wir würden mit dieser Gründung eine Wiederherstellung der altliberalen Partei anstreben, ist ein absolut