des Antisemitismus ab schrecken lassen und dann kurzer Hand alle, welche sich gegen die heutige Judenemanzipation erklären, in einen Topf zusammenwerfen. Diese mögen sich mit unserer bereits abgegebenen Erklärung beruhigen, daß wir jeden Antisemitismus, der auf Religions- und Rassenhaß hinausläuft, verab scheuen; unser Antisemitismus ist seinem Wesen nach Christenschutz. Besonders deuten diese Leute' — fährt unser konservativer Fachmann in der Judenfrag'e weiter — „mit Fingern auf die Wiener Antisemiten
und rufen mit Hinweis auf manche bedenkliche Er scheinungen: Mit diesen können wir nicht zu sammengehen !' Der Klärung dieser Frage möchte ich einige Worte widmen. Die Wiener Antisemiten sind eine sehr bunte Ge sellschaft, die sich, wie es oft geschieht, ihren Vereinigungspunkt im negativen Gebiet, dem Anti(-Semitismus), gesucht hat. Es gibt eine große Partei unter den „Vereinigten Christen', die das „Christen' lediglich im Gegensatz zum „Semiten' ausfaßt und nur in dieser oppositio nellen Richtung
in ihren Auslagen ihre Waren. Gast- und Kaffee- viel die ethische Seite derselben, die meiner An sicht nach die Hauptsache ist . . . . Wenn jemand mit diesen Antisemiten nichts zu tun haben will, geben wir ihm vollkommen recht, ja wir wünschten sehnlichst, daß die Mehrzahl der Wiener Anti semiten, die in dem Namen „Vereinigte Christen' etwas Positives anerkennen, von diesen Elementen sich mehr fernhalten möchten als bisher, denn das sind keine Christen im wahren Sinn, sondern Leute, die vom geistigen Judentum
, dem Materia lismus durchseucht sind. Gottlob ist die große Mehrzahl der Wiener Antisemiten ernstlich bestrebt, es mit dem Namen „Christen' ernst zu nehmen; darüber kann nach allem, was man über den Aufschwung des religiösen Lebens in der Wiener Männerwelt zu hören bekommt, kein Zweifel sein. Warum sollte man sich vor diesen so ängstlich hüten? ,Aber sie begehen so oft Exzesse!' Nun, nun, so schrecklich ist die Sache nicht; die Exzesse, welche die Judenblätter tagaus tagein gegen Glaube und Sitte begehen
, sind viel ärger und es mag wohl vorkommen, daß mancher, der soeben noch über die schrecklichen Antisemiten fromm die Augen verdrehte, gleich darauf mit großem Be hagen ein Judenblatt zu sich nimmt. Herrliche Konsequenz! Daß auch die gutgesinnten Wiener Anti semiten nicht lauter Tugendmuster und Heilige sind, kann billig niemanden wundernehmen. Wer die Wiener Juden in ihrer pyramidalen Be scheidenheit kennt, wird eine gewisse Gereiztheit den Wiener Antisemiten zugute halten, womit durchaus nicht gesagt