Ist die Religion nur für das "dumme Volk"? : eine bescheidene Anfrage an hoch und niedrig, reich und arm
lichen Gemeinde. Da hört man oft jahraus jahrein nichts von einem Verbrechen, kein Diebstahl, kein Betrug, kein Wucher, kein größerer Streithandel, noch weniger ein Todtschlag oder Selbstmord, und auch die Fälle größerer Unsittlichkeit sind in besseren Gemeinden äußerst selten. Man hält da noch die Gebote Gottes und der Kirche; mit Gebet sängt man das Tagwerk an, mit Gebet beschließt man es wieder; und ist der Bauer abends auch noch so müde, es knien doch alle zum gemeinsamen Abendrosenkranze
nieder. Bei Tag arbeitet man, bei Nacht schläft man, ferne von lärmenden Sauf gelagen und schmutzigen Theatern. Kommt ein Sonn- oder ; Festtag daher, so versammelt sich die Gemeinde in der Kirche, um denjenigen zu loben, der alle erschaffen hat, um dem * König des Himmels und der Erde ihre Huldigung darzu- . bringen. Die Kinder werden christlich anferzogen, die Dienst- : Boten gut behandelt und als zur Familie gehörig angesehen.. ; Sind sie krank, so schafft man sie nicht vor die Thür hinaus
aus. Ja,.die Tugend der Nächsten- - liebe wird vom armen Bauernvolke wirklich in einem hohen Grade geübt. Ich kenne eine kleine Gemeinde, sie zählt nur 5- bis 600 Seelen, und doch weiß ich gewiss, dass jährlich mehrere hundert Gulden verschenktwerden, theils in der Gemeinde, > theils nach außen hin, ungefähr hundert Gulden jährlich bloß zu Missionszwecken. Das Geld wird häufig noch ans einfachen ; Handschlag hin ausgeliehen, und zwar Unter den Bauern recht oft um den sogenannten kleinen Zins, zu 3'st Procent
. ^ Und das ist eine Gemeinde, tief im Gebirge, wo kein Reich- thum herrscht, wo alles mit saurem Schweiß und höchst be-st schwerlicher Arbeit dem Boden abgerungen werden muss. . Man wird meinen, ich übertreibe; doch nein, solche Gemeinden ,.i gibt es, Gott sei dank, noch viele in Tirol und hoffentlich st auch anderswo, nämlich überall dort, wo das Christenthmn j herrscht, wo Glaube, Religion und Gottesfurcht das ganzes Leben des Volkes dnrchdrmgen, leiten und erwärme"