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Title A - Z
Title Z - A
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 275 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
merkwürdig mit Frau Therese Tiefenbrunner. Die Zeit vermochte ihr nichts anzuhaben. Blieb bei ihr stehen und ließ sie aussehen wie vor zehn Jahren. Die Frau Baurat stellte innerlich diesen Vergleich an und war der Apvthekerin fast etwas neidig. Frau Tiefen- brunner war ja niemals eine schöne Frau gewesen. Sie war stets robust und von derber Gesundheit gewesen. Eine einfache, simple Frau, die sich immer gleich blieb und an deren Äußerem das Alter keine Verheerung an richten konnte. Frau

Goldrainer gestand es sich ein, daß sie froh ge wesen wäre, wenn sie sich wenigstens noch einen Schim mer ihres einstigen blühenden Aussehens mit in das Alker gerettet hätte. Aber das lag wohl nicht in ihrer Familie, beruhigte sie sich dann selbst. Die alterten alle rasch. Auch ihre Schwester, die Frau Doktor Storf, war eine schon vor der Zeit gealterte Frau geworden. Kein Mensch hätte geglaubt, daß diese blasse, verfallene, kleine Frau kaum Mitte dreißig zählte. Frau Hedwig Storf war seit einiger Zeit

bedeutend ruhiger geworden. Ihre Schwester bemerkte es mit Be friedigung, und sie kannte auch die Ursache dieser Besse rung. Doktor Storf hatte seine Beziehungen zu Sophie Rapp nun vollständig aufgegeben, und die Frau des Rechtsanwaltes schien jetzt tatsächlich nur mehr für den Maler Altwirth zu schwärmen. Der Gedanke an Felix Altwirth war es bei der Frau Baurat, der sie die Rede auf den Maler bringen ließ. „Da fallt mir grad' ein, Frau Patscheider,' sagte die Frau Baurat, „Sie haben Ihnen ja gar

noch nit einmal von dem Altwirth malen lassen !' „Ich? Was fallt Ihnen ein!' rief die Frau Pat- scheider entsetzt. „Da tat' mir mein Mann schön kom men !' „So? Warum denn?' forschte die Baurätin neu- gierig. „Mein Mann halt nix von.dem Altwirth seiner Ma lerei!' erwiderte die Patscheiderin ausweichend.

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 280 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
glauben täten Sie mir's, wenn ich's Ihnen auch erzählen käk'. Keine Knöpf' in die Hosen, Löcher, in die Strumpf' so große!' Frau Tiefenbrunner beschrieb mit beiden Händen einen Kreis, der beiläufig den Umfang eines Suppentellers hatte. „Dann, wenn ich zu ihr kommen öm und bei die Pfanndeln in der Küch' nachg'schaut Hab' ..Frau Tkefenbrunner machte jetzt noch nach- kräglich ein ganz entgeistertes Gesicht vor lauter Ent setzen. „Wenn Sie die Pfannen g sehen hätten, Frau Pakscheider ..wandte

sie sich nun mit ihrer Erzählung an diese „wie die au ög'schaut haben! So was täten Sie nit für möglich halten. Innen drein, da waren sie geputzt, als wenn a Katz oder a Hunderl sie au sg'leckt Hütt '. Aber ausg'waschen haben die nit ausg'schaut, sag ' >ch Ihnen. Und außen erst!' Frau Tiefenbrunner schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Kohlrabenschwarz sein die g'wesen! Rußig und dreckig und ...' „Ja mei!' Die Pakscheiderin zuckte sehr geringschätzig öle Achseln und tat sehr wissend. „Das beweist noch gar nix!' sagte

sie, die Apothekerin in ihrem Wortschwall unterbrechend. „Gar nix, sag' ich Ihnen! Deshalb kann àie Frau Altwirth doch a g'scheite Frau sein, wie die Frau Doktor Storf behauptet.' „Das mein' ich auch!' stimmte die Bauräkin bei. „Und àaH M ,'hr Mann so treibt mit der Frau Rapp, das sind' ^ch einfach eine Gemeinheit!' „Und ich kann Ihnen sagen, Frau Baurätin,' wider sprach setzt die Apothekerin, „daß mich in meinem, gan zen Leben noch nie etwas so gefreut hat, als wir mir das bvm Felj^ und der Sophie zu Dhren

gekommen ist. Das g schieht dem Weibsbild, der Adele, vollkommen recht! Än Simon hat's auch o'saqtl' füate sie Zur Bekräfti gung ihrer Ansicht hinzu. „Sie, Frau Ti'efenbrunner,' ngriff nun die Professorin öas Wort, „jetzt will einmal ich Ihnen etwas sagen! Sind Sie m Ihrem Zorn und Haß nit so ungerecht Legen die junge Frau! Ich kenn' die Frau Altwirth sv wenig, daß ich eigenklich nit reden kann über sie. Aber 2ÜI

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 365 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
„Nein. Leider täusche ich mich nit!' sagte die Frau Goldrainer ehrlich betrübt. „Gestern abend haben sie ihn erschossen aufgefunden im Wald droben bei Nat ters?' „Selbstmord?' fragte Simon Tiefenbrunner und sah ängstlich auf die Damen. „Ja, Selbstmord!' bestätigte die Baurätm. „Erst heut' in der Früh' ist die Sache bekannt g'worden in der Stadt ..erzählte sie dann weiter. „Auch seine Frau hat noch nichts gewußt davon. Jetzt ist meine Schwester bei ihr droben!' berichtete sie noch. „Die arme

Frau Adele!' sagte Frau Hai'dacher mit leidig. Frau Therese Tiefenbrunner raffte sich zusammen. Die bloße Erwähnung dieses Namens brachte wieder Leben digkeit und Frische in ihren Körper. „Die? Die braucht Ihnen nit leid zu tun, Frau Hai' dacher!' sprach sie erregt. „Wenn die nit g'wesen War' ...' „Tun's der Frau nicht Unrecht, Frau Apotheker!' unterbrach sie die Professorin energisch. „Mir scheint eher ... daß eine andere die ganze Schuld trifft ... eine ... die wir einmal haben unter uns dulden

müssen. Die Mörderin!' Frau Hai'dacher sagte das hart und mit einem ehr lichen inneren Abscheu. Jetzt erst glaubte sie es zu ver stehen, warum sie sich damals innerlich so abgestoßen von Sophie gefühlt hatte. Sie hielt sich für die einzige, die es instinktiv geahnt hatte, daß Sophie Rapp einmal zu jeder schlechten Tat fähig sein werde. Simon Tiefenbrunner, der Apotheker, sah ratlos von seiner Frau auf die Professorin und von dieser auf die Frau Goldrainer. Er begriff nicht recht, warum die Da men

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 247 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Frau Hedwig nickte stumm und sah noch immer ganz verwundert und bekümmert zu der andern empor. „Weil ich mehr Lebensmut besitze, als Sie, Frau Hedwig!' fuhr Adele in bestimmten Ton fort. „Mehr Mut und ... verzeihen Sie ... mehr Stolz!' „Stolz?' frug Frau Storf verständnislos. „Ja, auch das merken Sie sich, Frau Hedwig! In dem Augenblick, wo die Frau aufgehört hat, für den Mann als Weib zu existieren, in jenem Augenblick muß ihre Würde einsetzen. Man weint und bettelt nicht um eines Mannes Liebe

. Man trägt es ... fügt sich drein, und dann steigt man im Wert. Und das ist auch etwas, Frau Hedwig ! Glauben Sie mir!' Frau Hedwig Storf ließ ihr zierliches, schön geformtes Köpfchen hängen. Wie ein kleines, trauriges Vogerl, so kam sie der Hungen blonden Frau vor. Es war etwas Rührendes, kindlich Vertrauensvolle» in dem Wesen der kleinen Frau, als sie zu Adele aufblickte in stummer Be wunderung. Sie konnte den Sinn der Rede nicht ganz erfassen. Dafür war sie innerlich zu unklar und zu verwirrt

in ihrer Bitte, daß Adele nicht ablehnet mochte. Sie freute sich über den guten Erfolg, den ihre Worte bei der jungen Arztensfrau gehabt hatten. Und sie bemerkte es auch mit Befriedigung, daß Frau Storf von jener Zeit an mehr an sich hielt und viel ruhiger und gefaßter wurde .. . Frau Adele Altwirth zerbrach sich nicht lange den Kopf darüber, auf welche Art sie die übernommene M,'s-

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 279 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
„Die ... Wenn mir die da bei der Tür einer kommen M' ... wenn .. ,MH!,Tun's nit so, Frau Tiefenbrunner!' lachte die Professorin. „Droh wären 's, wenn sie wieder zu Ihnen Nm' und .. „Da tun Sie Ihnen aber doch recht gewaltig täuschen, Frau Professor!' sagte die Apothekerm jetzt ganz bissig. „Mit der Person will ich nix zu tun haben. Die ist an allem Schuld! Wenn die nik war' ' Frau Tiefen brunner verdrehte, als ob sie einen großen Schmerz zu erdulden hätte, die Augen und zog dann ihr weißes

Taschentüchlein heraus, um sich damit die ohnedies schon sehr trockenen Augenwinkel noch ein wenig trockener zu reiben. ,Hm!' machte die Patscheiderm und zuckte verächtlich mit den Achseln. „Ist nit zu neiden, die junge Frau... mit dem Mann!' Frau Therese Tiefenbrunner wurde jetzt lebendig. Sie vergaß die ruhige Würde, die sie für gewöhnlich zur Schau trug, und fuhr die Patscheiderm sprühgiftig an: „Das sog' ich Ihnen, Frau Patscheider. Mit der brauchend kein Mitleid nit zu haben. Das ist so ein hochnasig's

, mngebildetes Ding .. „Nein ! Das ist nit wahr!' warf sich die kleine Frau Storf zur Verteidigerin auf. „Frau Atwirth ist eine gute und auch eine gescheite Frau!' versicherte sie und gab ihrer schüchternen Stimme einen festen Klang. „Die kennen Sie nur nit!' „Ich will sie auch gar nicht kennen!' sagte die Apo thekerm obstinat. „Und was die Gescheitheit von der an betrifft, so glaub' ich kaum, daß sie's jetzt gelernt Hat, wie man ordentliche Kartoffel rösten tut. Der Felix, das können's mir glauben

, der hat auch sein Kreuz mi't ihr. Und was für eins!' Frau Tiefenbrunner seufzte schwer und laut hörbar, als sie von dem Hauskreuz des Felix Altwirth sprach. „Überall fehlt's da in der Wirtschaft!' erzählte sie wei ter. „Was ich da überall Hab' nachschauen müssen I Nit sà

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 88 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
und ihren Sohn kümmerlich durch ihrer Hände Arbeit ernährte. Die Tiefenbrunnerischen waren gutherzige Leute, und ihre Schuld war es nicht, daß Frau Susanne Altwirth ein so schweres Leben hatte. Sie wollten gerne helfen, aber die Witwe hatte ihren Stolz. Bettelstolz nannten ste's in der Kokhlacken, und Bettelstolz nannten es auch der Apotheker Tiefenbrunner und seine Frau Therese. Die Frau Apotheker und ihr Mann nötigten ihre Wohltätigkeit der Witwe Altwirth förmlich auf. Jedoch vergeblich

. Solange sie kräftige Arme habe, sagte die Frau Altwirth, brauche sie keine VarmherZigkeit. Frau Susanne Altwirth arbeitete daher weiter und rackerte sich vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Und alle Überredungskünste der Apothekerin vermochten nicht ihren Sinn zu ändern. Es war eine alte Gegnerschaft zwischen den Schwe stern. Frau Therese hakte das große Los gezogen im Le- öen, und mit der Selbstverständlichkeit der vom Glück Be günstigten wollte sie auf die jüngere Schwester ein wirken

und dieser ihren Lebensgang vorschreiben. Die Susanne aber hatte ihren eigenen Kopf und setzte es durch, den Mann ihrer Wahl zu heiraten. Der war ein deiner Tischler in der Kothlacken, und gar lange dauerte das Glück nicht bei den jungen Leuten. Der Mann starb l,'H Frau und Kind in bitterer Armut zurück. Nach dem Tode des Mannes war es zu ernsten Zer- ^vürsni'ssein Zwischen den Schwestern gekommen. Frau Theres konnte es nicht unterlassen, die Vormünderin ihrer Schwester spielen zu wollen, und gab ihr böse Reden. Frau

Susanne blieb keine Antwort schuldig. Schließlich wurde die Apothekerin so erbost aus ihre Schwester, daß die beiden Jahr und Tag keinen Verkehr ^whr miteinander hakten. Frau Therese bildete sich ein, daß xg die Schwester darauf abgesehen habe, ihr Ansehen Zu untergraben. Jahre hindurch sahen und sprachen sich die Schwestern 5»'cht mehr, bis durch die Vermittlung des Pfarrers von

6
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 243 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Mit der Familie des Doktor Storf hatte sich in dieser Zeit wieder ein mehr herzlicher Verkehr angebahnt. Die kleine Dora kam oft, um mit' Fritz und Klara, den beiden Kindern des Arztes, zu spielen. Dadurch kamen auch die beiden Frauen einander näher und lernten sich bester kennen, als bei den kühlen Anstandöbesuchen, die sie. früher einander abgestattet hatten. Frau Adele fühlte es, daß sie in der kleinen verschüchterten ArztenSgatti'n eine Leidensgefährtin besaß. Freundliche Menschen

hatten es Frau Hedwig zu getragen, daß ihr Gatte sie mit der Frau des Advokat« Rapp hinterging. Und ihre Schwester, die Frau Baurat Goldrainer, war mit aller Energie bei' dem Arzt vor stellig geworden. Das hatte den Erfolg gehabt, daß Doktor Skorf sich jede Einmischung in seine Privat angelegenheiten verbat und drohte, mit den Verwandten seiner Frau gänzlich zu brechen, wenn so etwas noch einmal geschehen sollte. Frau Goldrainer hatte der ruhige Ernst ihres Schwa gers einen ganz gewalkigen Respekt eingeflößt

. Am meisten imponierte es ihr, daß sich Max gar nicht aufs Leugnen verlegte. Ihr eigener Mann psiegte in solchen Fällen stets so lange zu lügen, bis er überführt war. Da Max Storf gar keinen Versuch zu seiner Rechtfertigung unter nahm, war die Frau Baurat fast geneigt zu glauben, daß alles wirklich leeres Gerede von den Leuten sei. Schließlich hatte man bis jetzt weder den Arzt noch Sophie ertappen können. Kein Mensch hätte es beschwö ren können, ob die Beziehungen, in denen diese beiben zueinander

standen, mehr als ein bloßer Flirt waren. In diesem Sinne sprach die Frau Bourat auch zu ihrer Schwester. Sie sprach gut zu ihr und vernünftig. „Weißk Hedwig,' meinte sie, „mach dir nix draus, wenn er auch a bissel außigrast, dein Mann. Solang er gut ist mit dir und den Kindern, geht's schon. Laß ihm jetzt sei' Ruh'! Er kommt schon wieder zu dir z'rück. Kümmer' dich nit!' riet sie ihr. „Was du nit weißt, macht dir nit heiß.' Die Frau Baurat sprach aus dem Schatze einer reichen

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 126 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Stimme war laut vernehmbar. Sogar der untere Tisch der jungen Leute war etwas ruhiger geworden. „Richtig, der Felix fehlt ja heut'?' sagte Sepp Gan thaler. Er war ein junger Mann, Maler seines Zeichens, und liebte es, sein Künstlertum auch äußerlich ein wenig zur Schau zu tragen. Doktor Storf verbeugte sich bedauernd: „Wo der Felix hingegangen ist, weiß ich nicht, gnädige Frau!' sagte er dann ausweichend. „So?' Frau Therese tat sehr erstaunt. „Das wissen's also nit, Herr Doktor? Aber vielleicht

wissen's, warum er zu so früher Stunde schon fortgegangen ist?' Die Frau Professor Haidacher wechselte boshafte Blià mit der Frau Patscheider und mit der Frau Direk tor Robler. Es amüsierte die Damen stets köstlich, wenn Frau Therese ihr gewähltes Hochdeutsch sprach. Sophie sah mit festen,, unverwandten Augen auf den jungen Arzt. Sie war bereit, ihm zugunsten von Felix Altwirth bei- zuspringen. „Felix war nicht ganz wohl heute abend, so viel ich weiß. Er hatte Kopfschmerzen!' sagte Doktor Storf

und machte ein möglichst gleichgültiges Gesicht. Dann wandte er sich gegen den Apotheker und fragte: „Darf ich Sie übrigen« morgen vormittag besuchen, Herr Apotheker? Ich Hab' mit Ihnen Zu sprechen. Welche Zeit ist Ihnen da am angenehmsten?' Der Apotheker sah ratlos zu feiner Frau hinüber. Das war also schon wieder ein Attentat auf ihn. Dieser Doktor Skorf war ja ein geradezu unheimlicher Mensch. Tut, daß er seine Frau dabei hatte. Die wußte ja stetB Rat. „Was meinst denn, Theres? Um wieviel Uhr paßt's

dir denn?' „Ich möcht' mit Ihnen persönlich sprechen, Herr Apo theker !' sagte Doktor Storf mit fester Betonung. „Sie, Herr Doktor Storf...' nahm nun Frau The rese wieder das Wort. „Sie haben doch g'wiß nur m der Angelegenheit wegen dem Felix, wegen unserm Neffen, mit meàem Mann zu sprechen. Nicht wahr?'

8
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 246 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Hedwig schluchzte laut auf. „Es ist das Schlimmste, das eine Frau treten kann, wenn der Mann keine Lieb' nit hat!' sti'Eß sie erregt hervor. ,Hat er das nicht, Frau Hedwig?' frug Adele weich. „Nein!' Hedwig schüttelte traurig den Kopf. „Die andere, die Sophie Rapp, die Person ...' sing sie jetzt in krankhafter Erregung zu schimpfen an, „die ist'S! Ich Hab' ihn selber zu ihr gehen sehen. Ich .. Da nahm Adele die Hand der kleinen Frau tröstend in die ihrige. Die beiden so ungleichen Frauen saßen

jetzt ganz eng aneinander gedrückt. Hedwig blaß und schüchtern und trostsuchend. Die andere gerade und aus recht, selbstbewußt und voll Würde. Eine lange, lange Pause entstand. Keine der beiden Frauen sagte ein Wort. Und so still war es in dem dämmerig beleuchteten Zim- wer, daß es Hedwig vorkam, als könne-sie von der Frau, die ihr zur Seite saß, den lauten, kräftigen Schlag des Herzens hören. Da plötzlich frug Adele, und ihre Stimme klang leise, fast flüsternd- „Glauben Sie, daß nicht auch andere Frauen

das gleiche Leid erdulden müssen?' Frau Hedwig sah erstaunt zu ihr aus. „Sie sagen das so seltsam, Frau Altwirth ..sprach st?> Dann über eine Weile fuhr sie nachdenklich sort: „Ich Hab' ghört ... sollt' es wahr sein ... daß die Frau Rapp.. Mit großen, fragenden Kinderaugen sah ste zu der blonden Frau auf. „Uber das kann ja nit 5vahr sein. Da müßten Sie ja schrecklich unglücklich sein!' sagte Hedwig naiv. ìlnd wieder herrschte tiefes Schweigen in der dämme- ri gen Stube. „Wer sagt

Ihnen, daß ich es nicht bin?' frug Adele ^aum hörbar. „Ja ... aber ... aber ' stotterte Frau Hedwig derwirrt. „Ich begreif' nit ... Ich begreif' Sie nit .. „Begreifen nicht, daß ich nicht auch weine und mich aufreibe wie Sie?' sagte Adele mit wehmütigem Lächeln. „Nicht wahr?' 2^7

9
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 153 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
die ihr wohlgesinnt war. Nicht einmal die gutmütige, lustige Frau Professorin. Auch diese hatte sich von ihr Zurückgezogen und fühlte sich solidarisch mit den übrigen Damen. Die Professorin wußte es selbst nicht, warum sie sich von der jungen Frau immer mehr abgestoßen fühlte. Sie hatte keinen eigentlichen Grund dazu. Es war ein un bestimmtes Element, das sie sich nicht zu erklären ver mochte. Frau Haidacher war der Sophie in der allerersten Zeit mit ganz besonderer Herzlichkeit

entgegengekommen. Ge rade weil alle gegen die junge Frau waren, gerade deshalb tat sie der Professorin leid. Frau Haidacher war ihr eine Freundin geworden und hatte ihr mit Rat und Tat beigestanden. Ihr Verdienst war es zum größten Teil, daß Sophie sich so rasch in die Rolle einer Dame einlebte. Die Professorin hatte anfangs auch nur mit Selbst überwindung gehandelt. Ihrem innersten Empsinden wi derstrebte es, die ehemalige Kellnerin als ihresgleichen anzuerkennen. Aber das Mitleid und ihre angeborne Gut

mütigkeit errangen den Sieg. Und Frau Haidacher ging so weit, daß sie der jungen Frau Doktor sogar das Du- wort anbot. Sophie hatte wenig Sinn für Frauen freundschafk. Sie nahm es deshalb auch gar nicht sonderlich schwer, als sich die Professorin immer mehr von ihr lossagte. Es war ihr sogar recht; denn sie hatte schon angefangen, die Freundin und deren Besuche lästig zu finden. Nun sahen sich die beiden Frauen nur mehr in Gesell schaft, wo sie liebenswürdig und zuvorkommend gegen einander

waren. Es war aber nur der Firnis einer schlecht verborgenen Abneigung. Nicht auf Sophiens Seite; denn sie fühlte weder Liebe noch Abneigung für die Professorin. Ihr war jede Frau mehr oder minder gleichgültig. Und sie hatte sich auch nie zu einem warmen Gefühl für die Professorin aufschwingen können. Aber Frau Haidacher empfand mit der Zeit einen immer gro-

10
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 274 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
öen große verkorkte Flaschen neben fein geschliffenen Neinkelchen und Harrken geduldig des Augenblicks, in öem sie zur Erhöhung der allgemeinen Stimmung bei tragen durften. Ein fröhliches Plaudern und Lachen erfüllte den nicht lehr hohen viereckigen Raum des Zimmers. Wenn die Damen unter sich waren, dann konnten sie fast aus gelassen lustig sein, und von der ihnen sonst eigenen stei fen Zurückhaltung war nichts mehr Zu bemerken. Frau Therese Ti'efenbrunner strahlte vor innerer Zu friedenheit

. Sie war froh, wenn es ihren Gästen gut bei ihr gesikl und diese den dargebotenen Genüssen nach Her- Zenslust zusprachen. Immer wieder bot sie den Damen M und nötigte sie mit etwas ungeschickter Aufdringlichkelk Mm Essen und Trinken. „Aber so e ss en's doch? Neh m en's doch, Frau Pat- scheiderZ' Die Apothekerin hielt der Frau Patscheider, öie neben ihr saß, eine große Platte belegter Brötchen hin. Das Dienstmädchen hakte sie gerade wieder neu ge füllt auf den Tisch gestellt. „Ach bitt' Ihnen, Frau

Tiefenbrunner,' lachte die Frau Patscheider, „ich kann ja schon bald nimmer schnau fen vor lauter Essen!' Und sie biß herzhaft mit ihren ge sunden weißen Zähnen ein großes Stück von dem Kuchen Herunter, den sie in der Hand hielt. „Kochen kann sie, unsre Apokhekerin! Das muß man lassen rühmte die Frau Direktor Robler. „Nirgends w der ganzen Stadt kri'egk man so einen guten Kuchen W essen.' „Und die Vrökerln! Die erst!' sagte die Frau Pro fessor Haidacher und nickte der Apothekerin lustig zu. „So was Feins

! Ich halt' mich am liebsten bei die Ärökerln auf. Her damit!' kommandierte sie heiter. Apothekerin reichte ihr dienstbestissen die Platte über ben Tisch. Zur Feier des Tages hatte Frau Tiefenbrunner ein ichwarzes Kleid von ganz besonders schwerer Seide an- gezogen und sah darin sehr vorteilhaft aus. Es war

11
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 364 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Wem's zu bunk wurde hier draußen am Rennweg, der flüchtete aus dem Gewimmel hinein in den stilleren Hofgarken. Die mächtigen Bäume da drinnen breiteten ihre weilen, schneebedeckten Äste wie schützend über die im Winterschlaf ruhende Erde. Und so heimlich und still war's da drinnen, trotz der vielen Fußgänger, die jetzt die sonst einsamen Wege belebten. Die Frau Baurat Goldrainer und die Frau Professor Hai dacher hatten sich auch in d en Hofgarten h erein geflüchtet. Sie kamen dem Ehepaar

Ti'efenbrunner gerade entgegen, und auf ihren Gesichtern war ehrliche Bestür zung und Teilnahme zu sehen. Die Frau Goldrainer war eine von den ersten gewesen, die von dem Ende des Ma lers Altwirth erfahren hatte. Und nun wollte sie der Apothekerin ihr Beileid aussprechen und erkannte aus den ersten Blick, daß diese noch gar keine Ahnung von dem Unglück hatte. Die Apothekerin, die zuerst ein recht vergnügtes Ge sicht machte, als sie die beiden Damen begrüßte, sah jetzt recht hilflos drein und wußte gar

nicht recht, wie ihr geschah. „Beileid ... sagen Sie ... Frau Goldrainer?' fragte sie verwundert. „Ich muß schon sagen ... daß ich ...' „Ja, wissen's denn noch nix ... Frau Tiefenbrun- ner?' siel ihr die Frau Goldrainer ins Wort. „Ihr Neffe .. . der Felix Altwirth .. „Der Felix?' machte der Apotheker. „Was ist denn mit dem Felix?' frug die Apotheken» mit einem Gemisch von Neugierde und Schrecken. „Tot. Erschossen!' sagte die Frau Goldramer. Nun wurde es der Apothekerin tatsächlich schwindelig. Sie mußte

sich fest an ihren Mann halten. Es drehte sich alles vor ihren Augen wie ein Wirbel. „Tot?' sagte sie ganz fassungslos. „Tot?' wiederholte der kleine Apotheker, und ein ner vöses Zucken ging über sein Gesicht. „Täuschen Sie sich auch nicht, gnädige Frau? Wir wissen ja noch gar nichts davon ...' Z6Z

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 182 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Mit dieser Erkenntnis war aber auch der Nimbus, der den jungen Maler in der Fremde umgab, für sie ge schwunden. Felix war ihrer Meinung nach ein Mensch, der ein wenig einträgliches Gewerbe betrieb. Ein Mann, der stets in allen sieben Himmeln schwebte und der keinen festen Boden unter sich hatte. Einer, dem man fort helfen mußte, wollte man ihn nicht zugrunde gehen lassen. Mit Adelens Art konnte sich Frau Therese Tiefen- brunner gar nicht zurecht sinden. Eine Frau

wie diese war ihr in, ihrer Praxis überhaupt noch nicht vorgekommen. Die Apothekerin gestand es sich schon nach kurzer Zeit ganz ehrlich ein, daß sie die junge Frau nicht leiden konnte. So ehrlich war sie. Und trotzdem versuchte sie es nach Kräften, gut mit ihr zu sein, ihr mit Rat und Tat zu helfen, wo sie nur konnte. Frau Therese war fest davon überzeugt, daß die schlechte Geschäftslage, in der sich Felix befand, zum großen Teil die Schuld seiner Frau sei. „Siehst, Adele...' meinte sie, als sie wieder einmal bei dem jungen

Paar zu Besuch weilte, „das tat' ich an deiner Stell' anders machen wie du. Ich muß schon sa gen, ganz anders.' Die junge, hochgewachsene, schlanke Frau sah ängstlich auf die Tanke, die in ihrer ganZen Breite in dem einzigen bequemen Lehnstuhl saß, den der bescheidene Haushalt aufzuweisen hatte. Frau Tiefenbrunner saß breitspurig vor Adele und hielt sich steif aufrecht. Dabei zog sie den ohnedies dicken Hals vollständig ein und schob die Achseln hoch. Sie dachte, daß sie in dieser Haltung besonders

imponierend aussehe. Ein feistes Doppelkinn bildete sich durch die zusammengezogenen Fettwülste des Halses. Die Lippen klemmte die Apothekerin fest gegeneinander und sah mit runden, vorwurfsvollen Augen auf die junge, blonde Frau. „Wie anders machen? Was meinst du eigentlich, Tan te?' frug Adele mit ihrer tiefen, weichen Altstimme, die so schmelzend klang wie Glockenkon aus edelstem Metall. ? öI

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Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 369 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
nur für sich den Ver dacht, daß Delix von der Tat wußte oder vielleicht auch daran beteiligt war. Aber diese Mutmaßung behielt er für sich. Und auch Adelen gegenüber verriet er sich mit keiner Silbe, um sie nicht Zu beunruhigen. Wenn sie das Andenken ihres Gatten rein haben wollte, so war das ihre Sache. Ging keinen Menschen etwas an. Und um die andere, die Sophie Rapp, war kein Schade. Wirklich nicht. So hielt es der Rat Leon hard. Er kam jetzt fleißig zu Frau Adele. Jeden Tag. Sie sprachen nie viel miteinander

... diese beiden. Aber sie verbanden sich. Noch genau so gut wie damals in den ersten fahren des Elends droben auf der Weiherburg. Auch Doktor Storf und Frau Hedwig kamen zu Adele. Als ob es die Frau des Arztes gewußt hätte, daß sie ihr bescheidenes Glück, welches sie nun genießen durfte, nur dem Takt und der Ehre dieser Frau verdankte, so rührend benahm sich die kleine Frau in dieser schweren Zeit. Sie sorgte für Adele, so gut sie konnte, lud sie zu sich ein und tat alles, um ihr Freude

zu machen und sie aufzuheitern. Und wirklich waren auch zene Stunden die einzigen, in denen das siarre Eefühl in ° der Seele der einsamen Frau sich etwas zu lösen begann. Hier in diesem Kreise konnte sie wenigstens einiges sprechen. Konnte sprechen von ihrer Zukunft und von ihren Plänen. Und doch war es ihr, als spräche sie dann von einer andern, einer fremden Frau. Don einer Frau, deren Schicksal sie eigentlich gar nicht interessierte. Sie sprach

14
Books
Category:
Fiction
Year:
1938
¬Die¬ lieben Nächsten : Roman
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Page 284 of 316
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 313 S.. - 5.- 8. Tsd.
Language: Deutsch
Location mark: II A-8.200
Intern ID: 65542
„Hast an Verdruß g'habt, gelt? TM nur grab' sagen!' forderte Frau Bertha sie auf. „Verdruß...' Grete lachte seltsam. „Wenn's nur das war'.' „So red' doch schon, Gretel. Wo fehlt's denn?' er munterte sie die alte Frau. „Grad' vertraut Hab' i ihr. G'red't hat sie alleweil, als ob sie meine Freundin wär'. Nie hätt' i denkt, daß die Frau Iren' so falsch sein könnt' !' stieß. Grete auf geregt hervor. „Meine Schwiegertochter? Falsch? Ja, was fallt denn dir ein?' verwies Frau Bertha sie. „Wie kommst

denn da drauf?' Grete begann zu erzählen. Immer hastiger und lei denschaftlicher berichtete sie, daß der Rast die Loni hei raten wolle. Das sei eine abgekartete Geschichte. Da stecke niemand anderer als die Frau Doktor dahinter. Die habe ja von jeher an dem hergelaufenen Ding, der Loni, einen Rarren gefressen gehabt. „Dös Hütt' sie mir nit antun brauchen. So a Gemeinheit!' schloß Grete wütend ihren Bericht. „Recht haben S' g'habt, Frau Stegwart. Ganz recht. Sie haben sie kennt. Hütt' i nur auf Ihnen g'hört

. Wo S' doch alleweil g'sagt haben, daß die Frau Schwiegertochter für nix ist.. „Das Hab' i nit g'sagt!' unterbrach die alte Frau sie scharf. Erstaunt sah Grete sie an. Sie Hatte, wie früher, Zu stimmung erwartet, aber keineswegs Widerspruch. „Ah

15
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 150 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Die geborne Dame . .. rühmte hie Frau Professor Hai- dacher einmal von ihr. Dafür wurde sie aber von den andern Damen, die behaupteten, das besser beurteilen zu Wnnen, ganz energisch zurechtgewiesen. Eine geschickte. Komödiantin nannten sie die Sophie in ohnmächtiger Em pörung. Zu den wenigen Damen, die gut gegen Sophie waren, gehörten die Professorin und Frau Therese Tiefenbrun- ner. Auch Frau Hedwig war nett zu der jungen Frau. Aber es war mehr eine schüchterne, unentschlossene Hal tung

. Sie wollte gut sein, wurde aber doch wieder zu sehr von ihrer Schwester beeinflußt, die sie davor warnte, nicht allzu vertraut mit „so einer' zu werden. Das dürfe man um keinen Preis tun. So viel Rücksicht und Würde fei man seiner Abstammung schuldig. Sophie sei eben doch nur eine Kellnerin; und woher sie eigentlich komme, das wisse man ja gar nicht. Die Fama hatte sich der jungen Frau Doktor Rapp angenommen; und was es nur über sie zu erzählen gab, das wurde eifrig herumgetratscht. Bald munkelte

man sich in Innsbruck zu, die Sophie sei gar kein Bauern» Mädel aus dem Unkerland, sondern ein Karrnerkmd. Wer zuerst das Gerücht verbreitet hatte, wußte kein Mensch. Und noch ein anderes Gerücht lief durch die Stadt, an fangs langsam und zweifelnd aufgenommen, dann immer lauter und bestimmter. Es hieß, daß Frau Sophie es mit der ehelichen Treue nicht allzu genau nehme, daß sie auch Augen und Herz für andere besaß. Wer „die andern' wa ren, das wußte allerdings kein Mensch zu sagen. Und trotzdem gab es bald niemand

mehr, der dem Gerede nicht Glauben geschenkt hätte. Sie hatten keine Beweise dafür, und doch fand sich niemand, der für die Ehre d-e? sungen Frau Rechtsanwalt eingetreten wäre. Eine große Neràderimg war mit Sophie seit ihrer Verheiratung vor sich gegangen. Sie sahen es alle und mußten es sehen. Es sprang zu sehr in die Augen. Auch Doktor Rapp sah es .. . und freute ßch darüber. Er freute ?5k

16
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 106 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
auch mit ihr. Aber nil heul', sondern erst morgen. Also heut' ist wieder Damenabend?' erkundigte er sich bann bei der Sophie. „Wer kommt denn alles?' „Na also ama! die Frau Apothàrm Tiefenbrunner, dann die Frau Patscheider, die Frau Direktor Robler, die Frau Professor Haidacher, die Frau Baurat Gold rainer und ihre Schwester. . Felir Alkwirth hielt sich mit komischem Entsetzen die Dhren zu. „Um Gotteswillen hören's auf, Fräul'n So phie ! Da wird einem ja ganz damisch bei dir vielen Leut

'. Da geh' ich lieber!' „Aber Sie wohl nil, Herr Doktor, hm?' fragte So phie mit schnippischer Anzüglichkeit. „Nein, ich nit, ich bleib'!' erwiderte der stinge Arzt fest, aber doch mit einiger Verlegenheit in seinem Gesicht. Die Sophie wußte es ganz genau, daß sich Doktor Max Storf nun schon seit einiger Zeit für Fräulein Hedwig Eisenschmied, die Schwester der Frau Baurat Toldrainer, interessierte. Daß der junge Arzt so bald schon seine Aufmerksamkeiten gegen sie auf eine andere über kragen hakte

. Der junge Arzt hatte sich eine warme Verehrimg für ö>'e reine Frau bewahrk. Daß àphie noch zu den reinen Frauen gehörte, das fühlte er. Er hatte keine Ahnung dvn ihrer eigentlichen Abkunft und hielt sie für ein Äauernmädchen aus dem Unterinntal. Mar Storf war Menschenkenner genug, um es zu kvisien, daß ein wildes, ungezügeltes Temperament unker èer scheinbar gleichgültigen Art des jungen Mädels

17
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 278 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
im obern Skubel. Ich Hab' schon immer erzählen g'hört, daß alle Maler spinnen. Wird der keine Ausnahm' machen l' Die Patscheiderm hatte sich in eine förmliche Auf regung hineingeredet und sah jetzt wie eine Siegerin auf die Runde der Damen, die zum Teil laut aufschrien vor Lachen. „A Galerie! So was!' sagte die Frau Robler kopf schüttelnd. „Ja, ja! Unser Herrgott hat halt verschiedene Kostgänger !' spottete sie dann. „Wo soll denn die Galerie hinkommen?' forschte die Baurätin neugierig. „Daß du davon

nichts weißt?' wandte sie sich vorwurfsvoll an ihre Schwester. „Die kommt nirgends hin. Verlassen Sie sich drauf!' erklärte die Frau Patscheider mit Bestimmtheit. „Wenn einmal mein Mann nein sagt, nacher bleibt's auch da bei !' Der Apochàrm war die Wendung, welche das Ge spräch genommen hatte, entschieden unangenehm. Sie hatte einen ganz roten Kopf bekommen und meinte jetzt zu der Frau Baurat Goldrainer: „Überhaupt tu' ich nit gerne sprechen von meinem Neffen, dem Maler Altwirth. Seitdem

ich mich mit ihm überwarfen Hab' .. „Ja, sagen's mir einmal, Frau Tiefenbrunn er,' er kundigte sich die Frau Robler teilnehmend, „hat sie sich denn gar nit entschuldigt bei Ihnen, die Frau Alt wirth ?' „Die?' Frau Therese Tiefenbrunner blähte sich ordent lich auf in dem Bewußtsein schwer gekränkter Würde.

18
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 132 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
andern Frauen hatten Ursache, mit ihren Männern un zufrieden zu sein. Es war das erstemal, daß das Eis gebrochen war, daß die Herren die Gegenwart ihrer Frauen vergaßen und sich Sophie gegenüber so benah men wie an den übrigen Abenden. Der Baurat Goldrainer krank der Sophie zu, und seine Gattin bemerkte, wie er ihr heimlich eine Kußhand schickte. Die Frau Baurat wußte es, daß ihr Gatte es nie allzu genau mit der ehelichen Treue genommen hatte, und daher befiel sie ein eifersüchtiger Argwohn

. Eigentlich spürte sie eine innere gehässige Freude, daß sie ihren Mann nun wieder einmal „erkappt' hakte. , Die Ehe des Herrn Baurat und seiner Gattin war be reits auf jenem Standpunkt angelangt, wo die Liebe sich in Haß verwandelt hatte und nur die Rücksicht auf die Kinder und die gesellschaftliche Stellung diesen Bund zu sammenhielt. Frau Goldrainer freute sich darauf, ihren Mann mit ihrer neuen Entdeckung zu quälen, und hielt jetzt schon innerliche Zwiesprache mit sich, wie sie ihm drohen

wollte, daß sie nie wieder Zum Weißen Hahn mitgehen würde, wo so eine „Person' herrschte. Und immer mehr redete sich die Frau Baurak für sich sà?r in eine tiefe Empörung hinein. Sie hatte doch geglaubt, daß der Weiße Hahn ein anständiges Lokal sei und Frau Buchmayr eine anständige Frau, die „so etwas' ich dulden würde. Und mit einem N?ale wandte sich ihr ganzer Zorn gegen die Wirtin. Es warm siechende, brennende, verächtliche Blicke, wel che die arme Wirtin über sich ergehen lassen mußte. Von allen Seiten

. Denn wie auf ein lautloses, allgemeines Xommando ließen auch die andern Damen die Wirtin plöhlich ihre stumme Entrüsiung fühlen. Der Frau Maria Äuchmayr wurde es schließlich so unbehaglich, daß sie sich schwerfällig von ihrem Sitz neben dem Herrn Rat erhob knd sv schnell sie konnte aus dem Zimmer humpelte. Frau Therese Diefenbrunner fühlte es instinktiv, wie öie DamM in geschlossener Reihe hinter ihr standen und

19
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 245 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Einmal war es zur Aussprache gekommen zwischen Hedwig und Adele. Das geschah, als Adele die kleine Dora vom Spiel abholte. Da traf sie wie jetzt fast im mer die Arztensfrau mit verweinten und ganz v er schwol len en Augen. Mit warmem Mitleid ergriff Adele die Hand der klei nen Frau und drückte die zarte Gestalt mit sanfter Ener gie auf die weichen Kissen einer Ottomane, die in dem behaglich eleganten Wohnzimmer des Arztes stand. Dann setzte sie sich neben Hedwig. Der matte Schein einer großen

Hängelampe, die mit einem rosafarbenen Seiden- schirm verhüllt war, siel auf die blassen Gesichter der beiden Frauen. Färbte ihre Wangen mit zartem Rot, machte das fahle Gesicht Frau Hedwigs lebhaft und milderte die ernsten, fast strengen Zuge der blonden Adele. „Frau Hedwig,' sing Adele nun mit ihrer vollen, weichen Stimme zu reden an, „ich will nicht aufdringlich sein, will Sie nicht fragen um den Kummer, der Sie drückt. Aber ich will und muß einmal reden mit Ihnen- So oft ich Sie sehe

, haben Sie verweinte Augen. Immer weinen Sie. Das ist nicht recht l Und mag Ihr Leid auch noch so groß sein, Frau Hedwig, glauben Sie mir, auch das schwerste Leid gibt Kraft, macht stark! Man kann es tragen, wenn man nur will.' Hedwig Storf hatte bei der Rede AdelenS leise und still in sich' hinein geweint und ihr Gesicht mit beiden Händen verdeckt. „Ich kann mir nicht helfen!' sagte sie jetzt schluchzend. „Ich muß weinen, es drückt mich so! Wie eine Zentner last drückt's mich !' gestand die kleine Frau Zaghaft

. „Was drückt Sie so?' frug Adele und fuhr ihr leichter Hand über das dunkle Haar. Es lag etwas mütterlich Liebkosendes in der Art, wie sie die kleine, schüchterne Frau zu trösten versuchte. Sie hatte das bestimmte Gefühl, daß es Frau Hedwig guk tun würde, wenn sie sich einmal aussprechen könnte. Und deshalb frug sie.

20
Books
Category:
Fiction
Year:
1937
¬Die¬ Stadt am Inn : Roman
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Page 184 of 388
Author: Greinz, Rudolf / Rudolf Greinz
Place: Leipzig
Publisher: Staackmann
Physical description: 386 S. - 53. - 62. Tsd.
Language: Deutsch
Notations: In Fraktur
Location mark: II A-35.522
Intern ID: 427821
Adele empfand das selber wie einen Mangel. Dieser Fehler war ihr eigentlich erst jetzt, da sie gewissermaßen unter der ständigen Kontrolle der Tante ihres Mannes stand, so recht zum Bewußtsein gekommen. Die junge Frau fühlte es auch, daß Frau Therese Ti'efenbrunner sie durchschaute und sie innerlich wegen dieses Mangels verurteilte. Adele lenkte daher stets das Gespräch mit einiger nervöser Hast von der Hauswirkschaft auf einen andern Gegenstand. So auch jetzt wieder. „Ich habe in letzter Zeit

keinen Blumenkohl gekauft, Tante,' entgegnete die junge Frau. „Und was das Geld anbetriM, da hast du ganz recht. Es ist wenig. Felix sollte eben hier in seiner Heimatstadt Anwert sin den. Es ist doch einfach ein Skandal, daß sich gar niemand um ihn kümmert!' sagte sie erbittert. „Was das Bekümmern anbelangt,' entgegnete die Apothekeri'n in ihrer ruhigen Weife, „so kann ich dir sa gen, daß das gar nicht so schlimm ist. Die Leute müssen eben erst etwas Gemaltes sehen vom Felix. Dann werden die Innsbrucker schon

kaufen. Die sind nicht so, wie du dir einbildest. Die haben Geld und haben auch ein Kunst verständnis. Aber natürlich, die Katz' im Sack kaufen, das kann man von keinem Menschen nicht verlangen. Von gar keinem!' fügte sie mit Nachdruck hinzu. Frau Ti'efenbrunner fühlte sich stets persönlich ge kränkt, wenn die junge Frau sich über die Stadt und de ren Verhältnisse im ungünstigen Sinne äußerte. „Das verlangen wir auch nicht, Tante,' meinte Frau Adele. „Wir verlangen nur, daß Felix endlich

einmal die Möglichkeit geboten wird, seine Bilder auSZustellen. Aber es ist ja hier geradezu, als lebten wir wie Aus- gestoßene, wie .. „Du, Adele, tu' mir nicht immer so schimpfen über Innsbruck! Das möcht' ich mir schönstens verbeten ha ben. Du bist eben keine Hiesige nicht und verstehst das alles halt nicht besser!' sagte Frau Tiefenbrunner ent schuldigend. Adele, die früher vor der Tante gestanden war/ hatte 1S5

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