das deutschösterreichische Volk zeigen, daß es in demselben Augenblick, in dem es seine Freiheit erlangte und sein Schicksal in seine Hände nahm, sofort auch einig war, sich dieses Ziel zu setzen. Darum beantrag ten die Vertreter der Sozialdemokratie im Staatsrat, daß gleichzeitig mit der Republik auch der Anschluß verkündet werden solle. Dieser Antrag wurde am 11. November mit Stimmenmehrheit angenommen. Am folgenden Tage trat die Provisorische National versammlung zu ihrer dritten Sitzung zusammen. Der Ge setzesbeschluß
sich ein Haufe kom munistischer Soldaten auf das Parlamentstor und begann eine ziel- und sinnlose Schießerei, die zwei Menschen das Leben kostete und die versammelte Masse zersprengte. So sinnlos das war: der grelle Mißklang, mit dem die Kund gebung endete, war doch ein Symptom und Symbol der Erregung, der Gärung, der elementaren Bewegung in den Massen, die über die errungene politische Freiheit und Gleichheit hinausdrängte. Die Republik hat im April 1919 den 12. November, den Tag des Abschlusses
der demokratisch-nationalen Revolu tion, zum Nationalfeiertag erklärt. Aber die Bourgeoisie hat den gesetzlichen Feiertag nie mitgeseiert; ihr ist er immer der Tag ihrer Kapitula tion vor dem Proletariat geblieben. Die Arbeiterklasse da gegen feiert den Nationalfeiertag alljährlich als den Tag ihres Sieges. Darin drückt sich tiefer geschichtlicher Zusam menhang aus: als die nationale Politik der Bourgeoisie, deren Ziel die Ausrechterhaltung und Befestigung ihrer Herrschaft über die anderen Nationen
zur Trägerin der nationalen Revolution geworden. Am 12. November batten wir erreicht, was die „Linke" schon im Jänner 1918 als erste notwendige Etappe der nahenden österreichischen Revolution vorgezeichnet, was sich dann, unter dem mächtigen Eindruck weltgeschichtlicher Wen dung, den Gegensatz zwischen links und rechts überwindend, die ganze Partei in den ersten Oktobertagen als nächstes Ziel gestellt hatte. Und dieses Ziel hatten wir im Verlauf von sechs Wochen ohne Straßenkampf und VLlrgerkrSeg
nur das, was schon gereist war, forderten, immer nur das, was schon ohne schwere Opfer durchsetzbar war, durchsetzten, so erreichten wir, Schritt für Schritt vor gehend, schließlich doch das Ganze, das wir uns als Ziel gesetzt hatten. (Aus: Otto Bauer, Die österreichische Revolution, erschienen 1923, Wiener Volksbuchhandlung.) Zwölfter November! Don Bruno Schönlank. Aus grauen Nebolfeuchten Stieg donnernd ein Novembertag Und weiter ging es Schlag um Schlag, Auf stand ein Land in rotem Leuchten. Doch alte Macht