Erste Beilage zur „Lienzer Zeitung' Nr. 11. Lienz, Samstag den 17. März 1888. Kaiser Wilhelms Tod. Ueber die letzten Lebensstunden deS deutschen Kaisers berichten die Blätter: Schon im Laufe des Donnerstag Nachmittags wurde, auf Veranlassung des Prinzen Wilhelm dem Kaiser die Frage vorgelegt, ob er nicht den Oberhosprediger Dr. Kögel sehen wolle. Der Kaiser erklärte auf die schonend an ihn gerichtete Frage: „Es ist ja die Zeit der nach mittägigen Gottesdienste.' Im Krankenzimmer versammel ten
sich dann die Kaiserin, der Großherzog und die Gioßherzogin von Baden, der Kronprinz und die Kron prinzessin von Schweden, Prinz und Prinzessin Wilhelm, Prinz Friedrich Leopold, der Reichskanzler Fürst Bismarck, Gras Mvltke, der Oberstkämmerer Graf Stolberg-Wernigerode, der Ober-Hof- und Hausmarschall Graf v. Perponcher, die Generale und die Flügel-Adjutanten und die Damen der Kaiserin. Die Versammlung füllte das kleine, nach dem inneren Hofe hinaus gelegene Schlafzimmer, in dessen Nische, welche dem einzigen
vorüber. Um 7 Uhr Abends schien d>e Fieberkrisis vorüber. Der Kaiser wurde ruhiger und genoß auch Einiges, namentlich alten Tokaier, den ihm die Kaiserin von Oesterreich gesendet hat. Er saß im Bette halb ausrecht und sprach dann längere Zeit mit dem Prinzen Wilhelm über militärische Dinge in einer Form, als wolle er dem Enkelsohne eine Auseinandersetzung machen WaS der Kaiser da sagte, wurde niedergeschrieben. Der Kaiser sprach bei vollem Bewußtsein, das wohl ab und zu durch flücht'ge
Fieberphantasien gestört wurde, aber eben nur momentan, denn auf alle Aeußerungen des Prinzen Wilhelm waren seine Antworten klar und genau. Als eine seiner letzten Aeußerungen wird mitgetheilt, er habe den Wunsch geäußert: .Wenn ich nur Fritz wiedersehen könnte?' Diese Besserung hielt bis gegen 10 Uhr Abends an, so daß die Familien-Mitglieder daS Palais verlassen zu können glaubten. Auch die Kaiserin begab sich in ihre Gemächer. Die Großherzogin von Baden brachte i» Zwischenräumen einen Theil der Nacht
in der Nähe des Kaisers zu, ebenso Prinz und Prinzessin Wilhelm. In einer der ersten Morgenstunden kam der Reichs kanzler Fürst BiSmarck, um sich nach dem Befinden deS Kaisers zu erkundigen, entfernte sich dann aber wieder aus dem Palais. Gegen 4 Uhr Morgens ließen manche j Erscheinungen das baldige Abscheiden des Kaiserg befürchten. Um 4 Uhr wurden auf Veranlassung der Aerzte die Mitglieder der königlichen Familie zusammenberufen. Außer dem kamen alle Persönlichkeiten, welche am Abend vorher