, weshalb die Kritik jedesmal mein jüng stes Werk als verfehlt und das ihm vorangegangene als ihm weit überlegen hinstellt: denn eben dieses letzte wird nwrgen schon das vorletzte sein, also auch wieder als besser gelten Was ist das also für ein Unsinn und für eine Ungerechtigkeit!' Anderseits hatte Reger selbst gegen seine allerersten Schöpfun gen allerhand einzuwenden und wünschte einmal sogar, sie seien ungedruckt geblieben, eine Mahnung an alle die jungen Komponisten, die ihre kaum
noch lebensfähigen ersten Erzeugnisse nicht rasch genug an die Oeffentlichkeit bringen könnten. Reger ver langte, ganz ebenso wie Flaubert von Maupassant, von seinen Schülern hierin strengste Selbstkritik, ja, sogar das. Versprechen, ihn vor der Drucklegung ihrer Arbeiten um Erlaubnis zu fragen, Er begründete das damit, daß die Kritik — damals wenigstens — jo ungern wieder umlerne, also das Urteil über das erste Werk zum Dauerurteil über alle ihm folgenden mache. Er war auch ein Gegner des Umarbeitens alter
, worauf Wagner trocken einwarf: «Ma chen Sie erst einmal einen Rienzi!' Max Reger bat sogar auf offener Postkarte seinen alten Lehrer Lindner in Weiden, sich sein eben erschienenes Werk 99 Kleine Präludien und Fugen für das Kla vier, nicht anzuschaffen, da es nicht viel tauge Wir dürfen heute dieses Verdikt als ein Fehlurteil der Autors betrachten, da gerade diese kleinen, aber mei sterhaft gemachten Stücke züm Besten zählen, was Reger für die Hausmusik schrieb. Bei der Beurteilung aller Fälle
von Bevorzugung eines bestimmten Werkes durch seinen Schöpfer wird eine ausschlaggebende Rolle auch die Frage zu spie len haben, wie umfangreich das Schaffen des be treffenden Meisters gewesen ist, welche Stellung also das betreffende Werk im Gesamtrahmen einnimmt. Goethe hat einmal gesagt, es bedeute schön viel, wenn von der Summe der Arbeiten eines Künst lers ein Zwölftel von dauerndem Bestand bleibe, und Reger hat dieses Wort mit Wärme aufgegriffen, als ich es einmal vor ihm zitierte und seine Anwendung
auf sein Gesamtwert beanspruchte. Er war darum nichts weniger als ein Vielschreiber, ebensowenig als es vor ihm Mozart und Schubert gewesen waren. Aber, wie von jenen, so galt von ihm der Satz, daß es schaffende Musiker gebe, die, wie von der Ahnung ihres frühzeitigen Endes angetrieben, Werk auf Werk in manchmal atemberaubender Zeitkürze aus sich herausschleuderten, so daß nicht ein jedes sich auf der Höhe des anderen halten konnte. Oft auch ist ein Komponist bemüht, ein Werk von sich aus in Schutz zu nehmen