Tirol den Tirolern! Diesen Satz, den wir Tiroler in unserer Gutmütigkeit leider immer noch viel zu wenig beherzigen, hat neulich der Kufsteiner Bürgermeister mit begrüßenswerter Offenheit bei einer Versammlung der Tiroler Landsmannschaft in den Saal geschleudert, weil auch ihm die Ueberfremdung un seres Landls über die Hutschnur ging. Merkwürdigerweise wirkten diese wahren Worte, die man doch hoffentlich als Tiroler, der seine Heimat lieb hat, noch offen aussprechen darf, bei den Herren
aus Deutschböhmen, die sich in Kuf stein ziemlich breit machen und in warmen Nestern sitzen, wie ein Funke ins Pulverfaß. Man regte sich schrecklich auf, daß ein Tiroler es rundweg heraussagt, daß wir viel zu viel überfremdet sind. Man protestierte und machte sogar eine Eingabe, daß man sich nicht beleidigen lasse usw. Und der Bürgermeister glaubte, die Konsequenzen ziehen zu müssen, und legte sein Bürgermeisteramt in die Hände seiner Wäh ler zurück. Gottlob ließ er sich nach gegenseitigen Erklärungen
und Beteuerungen herbei, seinen Bürgermeisterstuhl wieder zu besteigen. Es wäre auch noch schöner gewesen, wenn ein tüchtiger, verdienstvoller Bürger, der sich einmal getraut hat, die Wahrheit zu sagen, seinen Platz hätte räumen müssen, weil sich ein paar Herren, deren Wiege nicht in Tirol stand, beleidigt fühlten, daß diese Tatsache in einer Versammlung erwähnt wird. Leider ist es nicht mehr zu ändern, daß es in den Städten heute mehr Nichttiroler als Tiroler gibt. Tirol hat eben eine große Anziehungskraft
keine kleine Rolle spielen. Es gelang vielen, durch Tüchtigkeii und Fleiß Stellen zu besetzen, die eigentlich bodenständigen Tirolern Vorbehalten sein sollten. Und hier liegt der Hand begraben. Wir Tiroler sind eben zu gutmütig, zu bedächtig, ja in manchen Belangen zu langsam: und da kommt der agilere „Zuagraste" voran. Wir wollen darob nicht weinen, wenn auch das geflügelte Wort „dem Tüchtigen freie Bahn" bei uns in Tirol leider nicht oft auf die Tiroler selbst Anwendung findet. Auch der Nichttiroler
ist dem Tiroler in seinem schönen Land als Gast willkoinmen und kein vernünftiger Mensch wird auf die nicht bodenständigen Geschäftsleute, Beamten, Pensionisten, Arbeiter usw. schimpfen, solange sie sich so benehmen, wie man sich eben als Gast benimmt. Wenn sich aber jemand, dessen Wiege weit, weit fort von unseren Bergen stand, erlaubt, sich über die „dummen" Tiroler lustig zu machen, die sich die besten Brocken von den Fremden wegfressen lassen, tveil sie eben rückständig sind; oder wenn einer die Tiroler