Juli bis September.- (Legende oder der christliche Sternhimmel ; Bd. 3)
64 10. Juli. Der hl. Ulrich. in's Unglück gezogen werde. Da nun Ulrich mit den Seinigen von diesen ergrimmten Menschen wie eine kleine Heerde Schaft von Wölfen umgeben war, tröstete er die Mönche mit dem Spruch der Bibel: „Alle, die in Christus gottselig leben wollen, müssen Verfolgung leiden,' und forderte sie auf, recht inständig zum Herrn zu stehen, damit er aufwache und diesem Sturm Ruhe gebiete. Und der Herr ließ sich auch durch das Gebet seiner Diener aufwecken und stillte plötzlich
den Sturm. Ganz unvermuthet kam nämlich der Mensch, welchen man für gemordet hielt , wieder aus Hirsau zurück, und überzeugte durch seine Gegenwart alles Volk von der Unschuld der Mönche. Solche Anfeindungen sind für christlich gesinnte Personen gerade so nützlich, wie der Wind für die Pflanzen. Wenn nämlich Bäume und Wanzen niemals von dem Wind bewegt würden, so würde der Saft, welcher innerlich in den feinsten Gefäßen sich bewegt und das Wachsthum bewirkt, leicht stocken und das Gewächs weniger
nicht mehr, sondern wird, ohne daß man es recht inne wird, welk und dürr. Da läßt Gott den Sturm der Anfeindungen los; jetzt re- gen sich in dem beleidigten Herzen feindselige Stimmungen, die Versuchung hetzt Böses mit Bösem zu Vergelten; dagegen mahnt das Gewissen. Will der Christ nun nicht in größere Sünde verfallen, so muß sich sein innerliches Christenthum gleichsam Zusammenraffen und kämpfen gegen die Versuchung; er muß beten, sich selbst ver- läugnen, nach Liebe, Geduld , Sanftmuth
mit allen Kräften ringen, und wenn er dieses thut, so wird seine Seele durch den Sturm der Anfeindungen wieder viel frischer und kräftiger im Christenthum wachsen und gedeihen. Wenn du deßhalb angefeindet wirst, so wehre dich tapfer, nicht gegen den, der dich auswendig anfeindet, sondern gegen den inwendigen gefährlich ern Feind der Gehässigkeit, Rachsucht