Gedenkbuch über stattgehabte Einlagerung auf Castell Toblino im Tridentinischen : Juli und August 1855
— 32 wandung bei einer Fahrt auf dem Garda herab- gestimmt werden dürfe, so unterließen wir, ihm Bemerkungen über die Gesetze des Anstands Zu machen, und ließen ihn in seiner grande temie ge währen. Und wie sich in Italien so vieles von selbst macht, ohne daß es planmäßig vorgesehen wird, so ruderten wir, statt nach Hause, vorwärts längs dem felsumdämmten Ufer. An einem kleinen gestrüppbewachsenen Abhang stand ein behauener Stein wie ein Meilenzeiger. Weil aber nirgendwo Gelegenheit eines Weges
ersichtlich, befragte ich, was der Stein bedeute. — „Von dort an," sprach der nackte Haussohn und deutete südwärts, „darf man Singvögel fangen und totschießen, bis hieher ist's streng verboten." „Warum das?" fragte ich weiter. „Weil hier die Grenze zwischen Deutschland und Italien ist," sprach er. Ich dachte an das Schicksal so manches deutschen Poeten, und fand es sonderbar, daß man es Hier lands als Kennzeichen Deutschlands betrachte, daß auf deutschem Boden die Singvögel nicht gefangen werden dürfen