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Schlern
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Pagina 36 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Goldrain und Eyrs, nicht aber solche in Schlanders, eigens angeführt sind “). Wahrscheinlich waren die ehemaligen Montalbaner Eigenleute, die nun dem Landesfürsten unterstanden und die in diesem Verzeichnis extra ausgewiesen sind, zumindest zu einem Teil in Schlanders ansässig 37 ). Die Verlegung des Gerichtssitzes nach Schlanders selbst dürfte mit der Persönlichkeit des iudex Egno Zusammenhängen, der mit kurzen Unterbrechun gen von 1315 bis 1355 als Verwalter des Gerichtes tätig war 38 ). Egno

nennt sich am Beginn seiner Wirksamkeit noch Richter von Laas oder Latsch, als er jedoch 1326 aus der Hand des damaligen Tiroler Landesherrn Heinrich ein Haus und einen Garten in Schlanders als Lehen erhielt und im folgenden Jahr noch ein kleiner Turm mit einem benachbarten Baumgarten am gleichen Ort dazukam aB ), scheint Egno — zunächst fallweise, dann ausschließlich — als Richter von Schlanders auf. Damit hatte dieser Ort neben der schon lange bestehenden zentralen Pfarrorganisation eine weitere

wichtige Funktion über nommen, die seiner geographischen Lage im mittleren Vinschgau entsprach. Als seit etwa 1340 die Tiroler Landesfürsten mehr und mehr dazu über gingen, die Gerichte nicht mehr durch eigene Amtleute verwalten zu lassen, sondern die einzelnen Sprengel mit dem dazugehörigen landesfürstlichen Besitz an Adelige zu verpfänden, blieb auch das Gericht Schlanders von dieser Entwicklung nicht verschont. Im Jahre 1355 erhielt der Kellner Heinrich auf Tirol Amt und Gericht als Pfand, 1368

Rudolf von Ems, der Hofmeister Leopolds III. Anfang des 15. Jahrhunderts sehen wir die Herren von Starken berg als Pfandinhaber des Gerichtes Schlanders. Die Herausgabe dieses Ge richts war eine der wesentlichsten Forderungen Friedrichs mit der leeren Tasche an die Starkenberger. Der Landesfürst brachte Schlanders mit Gewalt wieder in seine Hand. In der Folge besorgten rasch wechselnde Richter bis 1498 die Verwaltung. Seit diesem Jahr waren Amt und Gericht sukzessive an ver schiedene Adelige (Fuchs

von Fuchsberg, Liechtenstein, Montani, Hendl, abermals Liechtenstein, abermals Hendl, Trapp) versetzt. Erst im 19. Jahr hundert verzichteten die Grafen von Trapp auf ihre diesbezüglichen Rechte zu gunsten des Staates. Die Pfandinhaber setzten ihrerseits wieder Amtleute ein 40 ). Innerhalb des Gerichts Schlanders bildeten Schlanders, Kortsch, Allitz, Sonnenberg, Göflan und Nörderberg einen besonderen Sprengel (Dingstatt), der vermutlich der kirchlichen Gliederung (Pfarreinteilung) entsprach 4I ). Eine eigene

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Schlern
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Pagina 43 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Schlanders bildete kein Zentrum der neuen Lehre; erst verhältnismäßig spät, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, mehren sich die Nachrichten über Festnahmen und Hinrichtungen von Wiedertäufern. So wurde 1556 Hän- sel Pürcher mit dem Schwert enthauptet"); andere Glaubensgenossen konnten sich nach Mähren absetzen. Wahrscheinlich war es eine Übertreibung, wenn 1560 der Regierung gemeldet wurde, daß sich kürzlich an die 1000 Wieder täufer im Gericht Schlanders versammelt hätten, um das Land

zu verlassen. Im Jahre 1584 nahm man in Latsch Andre Pürchner als Ketzer gefangen. Ein Teil der Räte bei der Regierung schlug vor, ihn mit Ruten aus Schlanders zu vertreiben und aus den Erblanden zu verbannen. Schließlich wurde aber auch Andre Pürchner dem Henker überantwortet. Noch zehn Jahre später erhielt der Schlanderser Pfleger einen Hinweis darauf, daß sich Anhänger des Anabaptismus in sein Gebiet begeben wollten 92 ). Aus dem 17. Jahrhundert liegen dann keine weiteren Nachrichten über das Täufertum

in unserer Ge gend vor. Im berühmten Tiroler Bauernkrieg von 1525/26 stand Schlanders nicht im Brennpunkt der Gesamtentwicklung. Zwar wurde am 11. September 1524 an diesem Ort Peter Passler festgenommen, an dessen Person sich der Kon flikt entzündete; doch der Antholzer Passler befand sich auf der Flucht und er war nur zufällig in Schlanders den Häschern in die Hände gefallen 9S ). Im Mai 1525, in der vehementesten Phase der Bewegung, wurde auch die Nieder lassung des Deutschen Ordens in Schlanders

geplündert, und wenn sich Anfang Juni dieses Jahres der landesfürstliche Pfleger genötigt sah, einen Vertreter der rebellierenden Bauern als Mitkommandanten zu akzeptieren, so ersieht man daraus, daß auch in Schlanders die Aufständischen Erfolge erzielt hat ten 94 ). Spezielle Ursachen für die Unzufriedenheit der Bauern an diesem Ort sind nicht bekannt. Die wenigen Beschwerdeartikel des Gerichts Schlan ders, die um diese Zeit an die Obrigkeit ergingen, enthalten nur unwesentliche Gravamina bezüglich

der Steuerpflicht von Zugewanderten und wegen Ab gaben bei Gericht 9IS ). Leider liegen über die wirtschaftlichen Verhältnisse in Schlanders in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit keine Vorarbeiten vor, so daß man sich mit allgemeinen Aussagen begnügen muß. Wenn die landesfürstliche Kammer 1570 den Auftrag erteilte, in Glurns, Schlanders und Kastelbell je einen Getreidekasten einzurichten 90 ), so hängt diese Maßnahme mit der Stellung des Vinschgaus als die Kornkammer Tirols zusammen, und es liegt ferner

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Schlern
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Pagina 53 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
die Musterung des k. k. Standschützenbataillons Schlanders, bestehend aus 1050 Mann und Offizieren. Von den acht Kompanien dieses Truppenkörpers bildete die erste die Kompanie Schlanders 14S ). Als im Mai 1915 überraschend der Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Italien ausbrach, befürchtete man infolge der schwachen Truppen an der Südfront, daß Schlanders sogar zum Kriegsschauplatz werden könnte 14S ). Das Standschützenbataillon Schlanders besetzte die im hintersten Martelltal

auf den höchsten Berggipfeln verlaufende Cevedalefront. Der furchtbarste Geg ner während des folgenden, mehr als drei Jahre dauernden Ringens war in dieser exponierten Lage nicht so sehr der militärische Feind, sondern die Naturgewalt. Das Kriegerdenkmal in Schlanders nennt 33 Namen von Män nern, die in den Jahren 1914—1918 ihr Leben lassen mußten ,44 ). Als am 7. November 1918 auf Grund des Waffenstillstandes die ersten italienischen Truppen in Schlanders eintrafen 145 ), war der Bezirkshauptmann Dr. Hermann

im Juli 1919 eine zivile 147 ); aus den Bezirkshauptmannschaften wurden Zivilkommissariate. Vom Jahre 1923 bis 1927 existierte sodann eine Unterpräfektur in Schlan ders 148 ). 1928 schlug man die bis dahin selbständigen Gemeinden Kortsch, Göflan, Sonnenberg, Nörderberg und Vezzan zu Schlanders, weshalb die neue Großgemeinde bei der Volkszählung von 1931 über 4000 Einwohner aufwies. Die Aufhebung des Gerichts Glurns im Jahre 1931 erweiterte die Zuständigkeit des Gerichts Schlanders

auch auf den obersten Vinschgau. Vor allem seit der Machtübernahme der Faschisten im Oktober 1922 wirkten sich die allgemeinen Italienisierungsmaßnahmen auch in Schlanders rasch aus. Der von der Bevölkerung gewählte, deutsche Bürgermeister Eduard Stainer wurde durch einen italienischen Podestä ersetzt, und diese vom Staat ernannten Beauftragten wechselten sehr rasch. Der Hintergrund dieser Maß nahmen wird offenkundig, wenn man etwa im „Archivio per l’Alto Adige“ Ettore Tolomeis liest, daß es die Aufgabe

des am 20. Mai 1930 neu installierten Podestä von Schlanders sei, „un radicale mutamento negli animi della popo- lazione di Val Venosta“ herbeizuführen 14 "). Als bei den Einheimischen be sonders verhaßter Podestä blieb Giuseppe Jadevaja (1935—1938) in der Er innerung der Schlanderser Bevölkerung haften. Zwar hatte man bereits 1924 nach der Chronik des „Archivio per l’Alto Adige“ in Schlanders die Wieder kehr der Annexion Fiumes gefeiert, und 1927 war auch in unserem Ort — wie fast überall in Südtirol

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Pagina 50 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
durch Bayern leistete Daney 1809/10 mit Billigung der vorher erbittert be kämpften Franzosen durch einige Monate die politischen, polizeilichen und militärischen Angelegenheiten im Gebiet zwischen Toll und Nauders. Von den Bayern wurde Daney dann mit Recht weniger geschätzt. Er wirkte wiederum als Kooperator in Schlanders und übersiedelte dann nach Salzburg und von dort in die Schweiz. Nach der Wiedervereinigung Tirols mit Österreich war Daney abermals als Seelsorger in verschiedenen Orten

seiner Heimat tätig. Er starb am 19. Mai 1826 in St. Pauls/Eppan. Nach der Niederlage der Tiroler Erhebung gehörte bis zum Jahre 1814 der Vinschgau, und damit Schlanders, zum Königreich Bayern. Zwar bemühte sich die bayerische Verwaltung nach den schlechten Erfahrungen um eine behutsamere Behandlung der unwilligen Untertanen; die Aushebung von Re kruten und die Anwerbung von Freiwilligen stießen aber weiterhin auf größte Schwierigkeiten. Auch die Steuern wurden nur sehr zögernd entrichtet und die Fäden

nach Österreich rissen nie ganz ab m ). Von allen Maßnahmen der wenig beliebten Obrigkeit hatte die geographische Neuordnung der politi schen und kirchlichen Sprengel für Schlanders die weitreichendste Bedeutung. Aus den alten Landgerichten Schlanders mit Eyrs und Montani sowie Kastel bell mit Schnals (doch ohne Vent und Rofen) bildete man im Jahre 1810 das königl. bair. Landgericht II. Klasse Schlanders mit dem Sitz in Schlanders. Der Landrichter nahm im ehemaligen Deutschordenshaus Wohnung; das ein stige

Patrimonialgericht diente als Archiv und Gefängnis 122 ). Damit war Schlanders zum überregionalen Zentrum für einen weiteren Bereich des mittleren Vinschgaus geworden. Unter der österreichischen Herrschaft wurde diese Einheit zwar zunächst noch einmal beseitigt, ein gutes Dezennium später jedoch abermals bestätigt. Noch langlebiger als in politischen, erwies sich die neue Verwaltungsorganisation in kirchlichen Belangen. Nach den Vorstellun gen der bayerischen Behörden aus dem Jahre 1812 sollten die Pfarreien

am Sitz der Landgerichte zu Dekanaten aufsteigen 123 ). Von dieser Verordnung profitierte auch Schlanders, und so kam es, daß seit damals dieser Ort zum kirchlichen Mittelpunkt eines guten Teiles des Vinschgaus wurde ,u ). So bewegt die Jahre der Napoleonischen Ära für Schlanders verlaufen waren, so ruhig entwickelten sich die Jahrzehnte nach 1815. Das Ausrücken der Schützenkompanie nach Innsbruck anläßlich des Besuches Kaiser Ferdi nands im Jahre 1838 in Tirol bedeutete gewiß für die Zeitgenossen

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Pagina 52 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
des Vinschgaus nach der Grenzziehung von 1859 hängt die Tatsache zusam men, daß Schlanders zum Garnisonsort wurde. Spätestens seit dem Jahre 1880 war dort zumeist eine Kompanie Kaiserjäger, seltener eine Einheit eines ande ren k. u. k. Truppenkörpers stationiert 1S7 ). Immer mehr wuchs Schlanders damit in die Rolle des Mittelpunktes des Vinschgaus hinein. Ihren Ausdruck und ihre Bestätigung fand diese Ent wicklung in der Errichtung der Bezirkshauptmannschaft Schlanders mit Wir kung

vom 1. Oktober 1901. Schon 1865 war vorgesehen gewesen, in Schlanders für das Gebiet der Gerichtsbezirke Schlanders und Glurns eine politische Oberbehörde zu schaffen. Bei der Neueinteilung der Sprengel drei Jahre später hatte man aber die beiden Vinschgauer Bezirke noch der Bezirkshauptmann schaft Meran unterstellt '**). Eine natürliche Folge der Konzentration staatlicher und kirchlicher Behör den in Schlanders (Bezirkshauptmannschaft, Bezirksforstinspektion, Bezirks steueramt, Bezirksarzt, Bezirkstierarzt

-, Radfahrer-, Vogelschutz-, Theater- und einen kaufmän nischen Verein, die vor dem 1. Weltkrieg in Schlanders bestanden haben ***). Eine andere Folge der zahlreichen Behörden war auch ein wirtschaftlicher Aufschwung unseres Ortes. Er läßt sich an der regen Bautätigkeit sowie an der Zunahme der Bevölkerung ablesen. Bezeichnend ist dabei der Sprung der Einwohnerzahl von 1146 auf 1443 im ersten Jahrzehnt unseres Jahr hunderts 14 °). Maßgeblicher Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung des Ge bietes kam

auch dem Bau der Vinschgaubahn zu. Am 1. Juli 1906 begrüßte man in Schlanders feierlich den Eröffnungszug der neuen Linie. Die durch die Bahn geschaffene raschere Verbindung zu den Absatzgebieten trug sehr zu einer ersten, grundlegenden Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion bei ul ). Aus der Kornkammer wurde mehr und mehr ein bevorzugtes Obst baugebiet, das sehr bald einen ausgezeichneten Ruf erlangte. Die Erhebung zur Marktgemeinde durch den Kaiser im Jahre 1906 bedeutete keine wesent liche

Neuerung für Schlanders, sondern die Anerkennung eines de facto be reits bestehenden Zustandes. Die Markterhebung, verschiedene Schützen- und Feuerwehrjubiläen, das Kaiserjubiläum von 1908 und noch mehr die Veranstaltungen im Jahre 1909 anläßlich der 100. Wiederkehr der Erhebung Tirols, bei denen man besonders des Majors Martin Teimer gedachte, boten reichlich Gelegenheit für großange legte Feierlichkeiten. Wohl keiner der Teilnehmer dürfte geahnt haben, wie rasch und wie gründlich

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Pagina 42 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
derser beteiligt, wie aus einer Beschreibung der ungefähr 170 Mann her vorgeht, die im Jahre 1624 allein in Schlanders als wehrfähig verzeichnet wurden und von denen sich einige bereits gegen die Engadiner, aber auch in Ungarn und im Welschland in Kriegsdiensten bewährt hatten 8S ). Von eigentli chen Kampfhandlungen blieb Schlanders seit 1499 durch genau 300 Jahre verschont. Zu einer militärischen Heimsuchung besonderer Art konnten sich aber auch die Truppendurchmärsche und Einquartierungen

entwickeln, die vor allem zur Zeit des 30jährigen Krieges vom Veltlin nach dem Norden gingen 83 ) und Schlanders berührten. Beim Einfall des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel nach Tirol im Jahre 1703 gehörte der Vinschgau zu den am wenigsten gefährdeten Gebieten des Landes, was nicht ausschloß, daß damals im Rahmen des allgemeinen Landesaufgebotes auch Schützen aus Schlanders zur Verteidigung der Heimat ausrückten. Eine Beteiligung eines Schlanderser Kontingentes am allgemeinen Auf gebot ist schon

für die Belagerung der seinerzeit churerischen Fürstenburg im Jahre 1431 bezeugt M ). Die drohende Türkengefahr bewog 1474/75 den Landesfürsten, eine Ordnung für ein Aufgebot aufzurichten 85 ). Vielleicht gehört in diesen Zusammenhang ein Verzeichnis aller Männer des Gerichts Schlanders, das 770 Namen umfaßt. Ein Kontingent dieses Gerichts im Umfang von 53 Mann war auch für den Feldzug Maximilians I. zur Eroberung von Kufstein im Jahre 1504 vorgesehen 8e ). Nach der Zuzugsordnung von 1605 hatten das Gericht

Schlanders und die Propstei Eyrs je nach der Zahl des all gemeinen Aufgebotes (10.000, 15.000 oder 20.000 Mann) 173, 260 oder 347 Mann zu stellen 87 ). Zur militärischen Ertüchtigung in Friedenszeiten diente in Tirol schon seit langer Zeit das Schützenwesen, und aus diesem Grund unterstützte die Obrigkeit auch diese traditionelle Vorliebe der Bevölkerung. So erhielten die Schützen des Gerichts Schlanders um 1600 von der landes fürstlichen Kammer 12 Gulden als Schießgabe (Preisgelder) angewiesen. Im Jahre

1678 zählte man im Gericht 82 eingeschriebene Scheibenschützen 88 ). Von den großen Ereignissen in Tirol am Beginn der Neuzeit, dem Ein dringen der neuen Lehre, besonders in der Form des Täufertums, und von den Bauernunruhen blieb auch Schlanders nicht verschont. Bereits 1529 hatte Georg Blaurock, eine der hervorragendsten Persönlichkeiten unter den Wie dertäufern in der Schweiz, auf seiner Reise nach Tirol in Schlanders Station gemacht und eine entsprechende Wirksamkeit entfaltet 8 *). Im Dezember

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Pagina 54 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
liener. Die zur selben Zeit dort ansässigen 1148 Deutschen fühlten sich wohl durch die am 6. Juni 1922 begangene Enthüllung des Kriegerdenkmales mehr angesprochen. Der zeitgenössische Chronist Peter Gamper nennt diese Feier „die letzte von deutscher Seite in Schlanders veranstaltete Festlichkeit“ IM ). Der deutsche Schulunterricht wurde in der Folge sehr bald zurückgedrängt und dann völlig verboten. Daraufhin organisierten sich auch hier deutsche Geheimschulen. Das Verbot deutscher Aufschriften

entfalteten auch in Schlanders, initiiert und gefördert von der Obrigkeit, eine rege Wirksamkeit ’ 54 ). Mehr als ein Kuriosum mutet es an, wenn gerade in dieser Zeit der weitestgehenden Unterdrückung aller historischen Werte und Zusammen hänge Schlanders sein Gemeindewappen bestätigt erhielt. Die „in Blau drei silbernen, nach rechts gerichteten Spitzen“ sind das alte Zeichen der Herren von Schlandersberg. Die Anerkennung des Schlanderser Wappens durch die Staatsgewalt datiert vom Jahre 1928

l “). Die faschistische Entnationalisierungspolitik stieß in Schlanders auch auf Widerstand. So weigerte sich der Gemeindeangestellte Bruno von Gelmini, an der Einweihung des Siegesdenkmals in Bozen teilzunehmen. Zusammen mit seinem Landsmann Maximilian Riedl wurde er von der Konfinierungs kommission am 28. September 1928 verwarnt. Konfiniert war im Jahre 1936 der Schlanderser Ludwig Stricker 166 ). Mit diesem Namen verbindet sich der traurige Höhepunkt der Unterdrückung jener Jahre. Stricker erlag

einer Schußverletzung, die er zu Ostern 1938 bei einem Zusammenstoß mit faschi stischen Provokateuren in Kortsch erlitten hatte 157 ). Handgreifliche Ausein andersetzungen zwischen Deutschen und Italienern gab es damals öfter, doch Stricker blieb in Schlanders das einzige Todesopfer. Hausdurchsu chungen und zahlreiche andere Schikanen sorgten dafür, daß das Verhält nis zwischen Einheimischen und der Obrigkeit nicht besser wurde. Man kann auch verstehen, daß die Deutschen für den Einsatz der jungen Südtiroler

als Angehörige der italienischen Armee im Feldzug gegen Abessinien 1935/36 wenig Verständnis aufbrachten. Ebenso wenig war man über den großen Ausbau der Garnison in Schlanders in diesen Jahren erfreut. Für die Stellung der Bevölkerung von Schlanders gegenüber dem italienischen Staat und dessen faschistischer Ausprägung in den 30er Jahren dürfte das Wirken des Schlan- dersers Dr. Karl Tinzl von großer Tragweite gewesen sein. läl ) Vgl. die ausführliche Beschreibung der Feierlichkeit bei Gamper a. O. 137

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Pagina 33 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Aus dem 12. Jahrhundert besitzen wir schon mehrere urkundliche Er wähnungen von Schlanders, die weitere Zusammenhänge sichtbar machen. Der ansehnliche Brixner Besitz muß bald vom Hochstift wieder aus der Hand gegeben worden sein. Nur die Ingenuinskapelle im Dorf Schlanders, die im Jahre 1164 Ulrich von Tarasp dem Benediktinerkloster Marienberg übereignete, verrät auch in späterer Zeit noch die ehemalige Präsenz Brixens in diesem Bereich. Die Kapelle war um 1148/49 auf dem Tauschweg vom Grafen

Arnold von Morit in den Besitz des Herren von Tarasp gelangt 8 ). Der Moriter Graf mag sie als Vogt über Brixen in seine Hand gebracht haben. Die Tarasper verfügten seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts über Besitzungen in Schlanders, von denen wir fallweise Kunde haben, wenn sie an Marienberg oder an das Nonnenkloster in Münster (Müstair) geschenkt werden 7 ). Eben falls über Besitz in diesem Gebiet geboten die Welfen, mit denen die Herren von Tarasp verwandt waren. Herzog Welf übereignete

im ersten Viertel dieses Saeculums dem Augustinerchorherrenstift Rottenbuch einen Hof in Schlanders. Dort erwarb das bayerische Kloster zur selben Zeit auch einen Weingarten. Ebenso betätigte sich der erste namentlich bekannte Schlanderser Pfarrer, Thebald, als Wohltäter, wenn er im Jahre 1170 dem Kloster Marienberg einen Hof in Vezzan vermachte 8 ). Da zu diesem Hof Weingärten, Wiesen und Fel der sowie Weideflächen auf dem Berg und in der Ebene gehörten, muß es sich dabei um einen ausgedehnten

Güterkomplex gehandelt haben. Während Nachrichten über den Besitz von Brixen und Rottenbuch in Schlanders für die spätere Zeit fehlen, verstand es Marienberg, sein Eigentum, insbesondere die Ingenuins-(Jenewein) kapelle mit einem dazugehörigen Hof, noch lange zu erhalten. In päpstlichen Bestätigungen des Klosterbesitzes aus dem 12. und 13. Jahrhundert kehren diese Güter namentlich wieder“), und in dem von bekannten Marienberger Chronisten Goswin Ende des 14. Jahrhunderts verfaßten Urbar des Klosters

begegnen ebenfalls mehrere stiftseigene Besitzun gen in Schlanders: neben der Ingenuinskirche einzelne Höfe, Häuser, Weingüter, Acker, Wiesen, eine Mühle und zwei Obstgärten. Der Inhaber des dem Kloster gehörenden Niederhofes war außer zu den jährlichen Natural- und Geldabga ben an das Stift verpflichtet, bei Bedarf für die Brücke in Schanzen einen ensparn (großen Balken) zur Verfügung zu stellen; er mußte ferner fallweise Boten von Marienberg beherbergen und dem Abt Dienste leisten. Das Urbar

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Pagina 55 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Der Anteil der Italiener in Schlanders hat sich in den Jahrzehnten nach 1918 nur sehr allmählich erhöht. Zählte man 1921 6,8°/o Italiener, so gestaltete sich dieses Verhältnis um das Jahr 1940 (vor dem Wirksamwerden der Option) etwa ll°/o gegenüber 89°/o Deutsche. Am 1. Dezember 1943 waren in Schlanders 2759 Deutsche und 468 Italiener wohnhaft; 884 deutsche Schlanderser hatten inzwischen den Weg über den Brenner angetreten. Nach 1945 konnten diese Menschenverluste wieder aufgeholt

werden. Bei der letzten Zählung im Jahre 1971 lautete das Ergebnis für Schlanders: 4306 Deutsche, 370 Italiener und 6 sonstige 15S ). Das auf höchster Ebene geschlossene Abkommen über die Option der Südtiroler im Jahre 1939 stellte auch die Schlanderser vor die bekannte über aus schwere Wahl. 3105 entscheiden sich in unserem Ort für Deutschland; von ihnen haben 884 bis 1943 ihre Heimat verlassen. Einem Gutteil dieser Emigranten gelang es nach 1945 — zum Teil unter sehr schwierigen Umstän den — wieder nach Südtirol

zurückzukehren. Die kriegstauglichen Optanten wurden seit 1940 sehr rasch in die Deutsche Wehrmacht eingegliedert, und der Blutzoll, den auch die Bevölkerung von Schlanders auf diese Weise zu zahlen hatte, war sehr hoch. Das Kriegerdenkmal zählt allein aus der alten Gemeinde Schlanders 44 Namen von Gefallenen des 2. Weltkriegs. Die deutsche Besetzung Südtirols und großer Teile Italiens im September 1943 ging in Schlanders ohne Zwischenfälle vor sich. Anstelle der italienischen lag nur für einige Zeit

eine deutsche Garnison im Ort; ebenso wurde eine neue Verwaltung eingerichtet, die dann bis zum Zusammenbruch Deutschlands im April/Mai 1945 bestand. Auch der Einmarsch der Amerikaner, die bis zum 1. Jänner 1946 die Befehlsgewalt übernahmen, verlief in Schlanders ohne Blutvergießen. Wenig später konnte ein deutscher Bürgermeister seine Tätig keit auf nehmen, und seit 1952 funktioniert schließlich wieder die freie Wahl der Gemeindevertretung. Die brennendsten politischen Probleme, die in Schlanders nach 1945

am meisten im Zentrum des Interesses gestanden haben, waren zweifellos nicht solche lokaler Natur, sondern jene, die ganz Südtirol betrafen. Noch einmal ist in diesem Zusammenhang auf die Tätigkeit des Schlandersers Dr. Karl Tinzl hinzuweisen. Einen Markstein in der wirtschaftlichen Entwicklung von Schlanders bedeutete die Gründung der Obsterzeugungsgenossenschaft GEOS unmittel bar nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Damit verband sich ein weiterer, rascher Aufstieg der Obstproduktion und des Absatzes sowie

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Pagina 3 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Klaus Fischer Der Markt Schlanders und seine Gemarkung Seit wenigen Jahren ist das am 13. Juni 1077 erstmals urkundlich erwähnte Schlanders die einwohnerstärkste Großgemeinde des Vinschgaus. Von den 5002 Einwohnern am 31. 10. 1976 bekennen sich 4606 zur deutschen, 391 zur ita lienischen und 5 zur ladinischen Muttersprache. Allein 2473 von den 5002 Einwohnern entfallen auf die Fraktion oder Katastralgemeinde Schlanders, die damit an die erste Stelle im Vinschgau gerückt ist. Im Jahre 1900 lag

sie hinter Prad, Stilfs, Laas, Naturns und Partschins an 6. Position und 1811 hatten sogar die Nebentäler des Vinschgaus Schnals und Martell, auch die Katastral gemeinden Nauders und Graun mehr Bewohner als der zentrale Ort des Vinschgaus. Die weiteren Katastralgemeinden sind zum gleichen Zähltermin wie folgt ausgewiesen: Kortsch 1164, Göflan 501, Nörderberg 298, Vetzan 295 und Sonnenberg 271 Einwohner *). Die Gemarkung umfaßt insgesamt 11.520 ha, davon entfallen auf die Katastralgemeinde Schlanders 646

zwischen Schlanders und dem Hof Fora umfaßt immer noch 1050 m. Die Entwicklung zum bevölkerungsreichsten Ort und zum Bezirkszentrum verdankt Schlanders seiner zentralen Lage im Vinschgau auf halbem Wege zwischen der Paßtalung des Reschen und der Talstufe der Töll westlich Meran. Dazu kommt die klimatisch günstige Position am Fuße des Sonnenberges und der Talstufe der Gadria, des zweitgrößten Murkegels der Alpen. Eine große Zahl von Sonnenscheinstunden während des ganzen Jahres in diesem inner alpinen

Trockengebiet zeichnet Schlanders trotz seiner Höhenlage von 721 m gegenüber anderen vergleichbaren Stationen in Tirol aus. Dies läuft parallel mit der geringen Bewölkung im Jahresdurchschnitt von nur 37°/«. In Kortsch sind es nur 36% und damit die niedrigsten Werte im Land an der Etsch und im Gebirge. Mit der geringen Bewölkung im Raume unserer Großgemeinde verbinden sidh recht geringe Niederschlagsmengen, die in Schlanders im Mittel nur 485 mm, in Kortsch nur 544 mm betragen. Die Sommer

können mit einer Mitteltemperatur von 18,5 0 als warm bezeichnet werden und die Winter sind mild (Wintermittel 0,8 °) und haben durchschnittlich nur 49 Schnee tage. Frostfrei sind die Monate Mai bis September. Zusammen mit den hohen sommerlichen Temperaturen erlaubt die lange frostfreie Periode das Empor steigen des Obst- und Weinbaus auf über 800 m Höhe. Auch Kortsch (801 m) auf der Ostrampe des Gadriakegels erfreut sich ähnlicher Klimagunst wie Schlanders, es ist im Winter weitaus milder als das nur 551 m hoch gelegene

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Pagina 40 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Zeit sehr selten ist und zufälligen Charakter trägt. Im Tiroler Untertanenver- zeichnis von 1427 werden in Schlanders 85 Feuerstätten mit insgesamt knapp über 300 Personen angeführt 10 ). Hiebei ist jedoch eine unbekannte Zahl von Eigenleuten Adeliger und von Klöstern sowie die Geistlichkeit und die landes fürstliche Beamtenschaft mit ihren Angehörigen nicht enthalten. Angesichts dieses hohen Unsicherheitsfaktors sind Aussagen bezüglich der großen Diskre panz zu den gesicherten Angaben

am Beginn des 19. Jahrhunderts (932 Ein wohner von Schlanders im Jahre 1811 71 ) nicht sinnvoll. Von großen und spektakulären Ereignissen scheint Schlanders im Mittel- alter verschont geblieben zu sein. Wir wissen wenig von militärischen Kon flikten größeren Umfangs in diesem Raum, sieht man von den zahlreichen Fehden des Adels ab, die nicht zuletzt auf dem Rücken der Untertanen ausgetragen wurden.Wenn Herzog Friedrich im Jahre 1422 dem Ritter Ulrich von Starkenberg mit Gewalt das ihm verpfändete

Gericht Schlanders wieder entzog, so mag auch der Ort davon betroffen worden sein 72 ). Die Ausein andersetzungen zwischen dem Tiroler Landesfürstentum und den Churer Bischöfen konzentrierten sich wohl mehr auf den oberen Vinschgau um Glurns und die Fürstenburg 7S ). Nöte und Unglücksfälle anderer Art, wie etwa Heu schreckenplage, Hungersnöte, Erdbeben und die Pest, die in den Jahren vor der Mitte des 14. Jahrhunderts alle Länder häufig heimsuchten, haben gewiß auch Schlanders nicht verschont

, wenn wir auch keine spezifischen Nachrichten davon besitzen. Zum Schauplatz einer für die Tiroler Geschichte wichtigen Handlung wurde Schlanders im Jahre 1351, als sich im Februar dieses Jahres Ulrich der Ältere und sein gleichnamiger Sohn aus dem Geschlecht der Herren von Matsch mit dem Markgrafen Ludwig, dem Gemahl der Margarethe Maultasch, ausglichen und von diesem eine Reihe von Burgen zu Lehen nahmen 71 ). Die Lage von Schlanders an einer wichtigen Verkehrsverbindung brachte es mit sich, daß bisweilen auch hohe

und höchste Gäste dort ihr Quartier nahmen. Züge römisch-deutscher Kaiser durch den Vinschgau sind allerdings erst im späten Mittelalter mit Sicherheit nachweisbar 75 ). So verrechnete der be reits erwähnte Richter Egno von Latsch-Schlanders Ausgaben für die Über nachtung Kaiser Ludwigs des Bayers in Slanders * 7 "), als dieser im Februar 1330 von seiner Krönung in Rom über den Vinschgau nach Deutschland zurück kehrte. Faßt man die mittelalterliche Geschichte von Schlanders zusammen

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Pagina 51 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
neben der weltlichen und geistlichen Obrigkeit, einen Arzt, einen Wundarzt, eine Apotheke, eine Gefälleaufsicht, Forstwärterei, Postamt sowie eine Schieß stätte für die Scharfschützen in Schlanders. In diesen Einrichtungen zeigt sich wiederum der überregionale Einzugsbereich des Ortes. Nur die Häuser und die Architektur haben nicht den Beifall des Topographen gefunden 128 ). Die revolutionären Geschehnisse des Jahres 1848 berührten Schlanders nur sehr am Rande. Immerhin wandten sich im Juni

dieses Jahres auch die Schlanderser direkt an den in Innsbruck weilenden Kaiser mit einer Petition, die die Vertretung im Landtag betraf 129 ). Schon im April hatten Nachrichten über einen drohenden Einfall der Italiener für Aufregung im Land gesorgt, und auch die Schützen von Schlanders waren wiederholt ausgerückt, um das Stilfser Joch zu bewachen 13 °). Als im März 1849 der Krieg zwischen Österreich und Piemont neuerlich entbrannte, stand eine Schlanderser Kom panie zu Sicherungszwecken in Judikarien 1S1

). Wiederum am Stilfser Joch waren die Schlanderser im Jahre 1859 stationiert. 1866 heißt der Einsatzort zunächst ebenfalls Wormser und Stilfser Joch, sodann die Vallarsa in Welsch tirol. Der Landsturm von Schlanders sollte auf dem Tonale Aufstellung neh men; dieser Plan kam aber dann nicht mehr zur Ausführung 132 ). Neben diesen äußeren Ereignissen spiegelten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch alle anderen Probleme, die in Tirol damals als vordringlich empfunden wurden, in Schlanders

wider. Fragen im Zusammen hang mit der Grundentlastung, das Eintreten für die gefährdete Glaubensein heit des Landes durch die Duldung protestantischer Gemeinden sowie der heftigst geführte Streit um die geistliche Schulaufsicht bewegten auch in unserem Ort die Gemüter 133 ). Charakteristisch für die Ära nach 1860 ist ferner das rasche Aufblühen des Vereinslebens. Auch in Schlanders bildeten sich ein Männergesangsverein und andere, der Musikpflege dienende Ge meinschaften 134 ). Als erste

Gemeindesparkasse in Tirol gründete man im Jahre 1873 eine solche Anstalt in Schlanders 135 ). Die treibende Kraft hinter dieser Institution war Johann Schuster, vulgo „Mariner-Hansele“. Nach an fänglichen Schwierigkeiten konnte sich die Sparkasse konsolidieren, die Ein lagen wuchsen und der Geschäftsumfang stieg, nicht zuletzt auf Grund eines weiten Einzugsgebietes. Die Aufwärtsentwicklung hielt mehr oder weniger ungebrochen bis zum 1. Weltkrieg an. Die Sparkasse erwarb selbst Häuser in Schlanders, stellte

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Pagina 11 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
eines wissenschaftlichen Lyzeums und im gleichen Jahre nahm die neue Berufsschule ihre Tätigkeit auf. Heute (Daten vom 31. 1. 1977) reicht das schu lische Einzugsgebiet von Schlanders für insgesamt 1821 Schüler bis in das Bozner Unterland, nach St. Leonhard in Passeier, in das Ultental und in den deutschen Nonsberg, womit die Zentralität des Marktes nicht besser doku mentiert werden kann. In den Schulen und im Krankenhaus sind eine ganze Anzahl von Beschäf tigten angestellt, deren Wohnsitz sich außerhalb

der Großgemeinde Schlanders befindet. Insgesamt betrug die Zahl der Einpendler nach amtlichen Angaben um 1970 (Südtirol 1981) 251. Auch durch Bereitstellung von so zahlreichen Arbeitsplätzen für Einpendler bei nur 2473 Einwohnern beweist Schlanders seine zentrale Stellung, denn in keiner anderen Gemeinde des Vinschgaus wurde sie wieder erreicht. Abgeschlagen folgen Naturns mit 178, Schluderns mit 114 und Prad mit 70 Einpendlern. Weniger typisierend für Schlanders als zentralem Ort des Vinschgaus

ist die Bebauungsdichte, die zwar hoch liegt, aber auch in ländlichen Ge meinden wie Laas, Täufers oder Burgeis erreicht wird. Hohe Bebauungsdichte in den Siedlungen ist bekanntlich ein Charakteristikum des Weinbaugebietes von Überetsch und des Vinschgaus, wo die Erbteilung für die Entwicklung der engen Haufendörfer mitverantwortlich war. Was aber Schlanders dennoch auszeichnet, ist die hohe Geschäftshausdichte (einschließlich Sparkassen, Bars und Cafes). Besonders in der Hauptstraße von Schlanders

hervor. So kann das Franziskusviertel am Köstenwaal als Viertel gehobener Ansprüche und Angestellten-Viertel bezeichnet werden. Jenseits der Hauptstraße liegt das Villenviertel, in dem ebenfalls Angestellte und Freiberufler wohnen. Schlanders hat seine Stellung als zentraler Ort eines Raumes mit heute rund 32.000 Einwohnern erst in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten erreicht. Wohl ist es schon seit Jahrhunderten Gerichtssitz und Bezirkshauptstadt, hat aber nur eingeschränkte Bedeutung für das ganze

obere Etschtal gehabt. Der Jahrmarkt (jeweils am 16. 9.) war wenig besucht und die Häuser nach J. J. Staffier unansehnlich und mehr Keuschen als Bürgerhäuser. Auch am Rodfuhrwesen hatte Schlanders nur geringen Anteil. Die Rodstationen am „Oberen Weg“, der Straße von Bozen über den Reschenpaß, waren Meran, Latsch und Glurns und sie besaßen Pall- oder Lagerhäuser. Lediglich Vor spanndienste bis zur Absetz auf der Laaser oder Kortscher Höhe wurden ge leistet. Auch das Handwerk, das sich Anfang

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Pagina 7 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
positiv zu bewerten (ausgeglichener Wasserhaushalt, Sicherung der Verkehrs wege, des Kulturgrundes und der Siedlungen). Noch vor etwa einhundert Jahren diente der Talboden im Gemeindegebiet von Schlanders vornehmlich dem Acker-, speziell dem Getreidebau. Jene älte ren Berichte, in denen es heißt, daß Kortsch und Schlanders in einem Wald von Obstbäumen lägen, dürfen nicht überbewertet werden. Laut amtlicher stati stischer Aufzeichnungen zeigt sich, daß Schlanders 1890 nicht mehr

als 16 ha Obstgärten besaß, Kortsch 20 und Vetzan 4, zu denen in Schlanders 18 ha Weinberge, in Kortsch 4 ha und in Vetzan 24 ha kamen. Im Jahre 1900 hatte sich die Relation kaum verschoben: Schlanders besaß 17 ha Obstgärten und ebensoviel Weinbergfläche, Kortsch 21 ha Obst und 4,34 ha Wein, Vetzan 4 ha Obst und 24 ha Wein. Unter die Obstflächen fielen damals auch die Edel kastanien- und Walnußbaum-Beständfe, die hier unter dem Begriff Egarten, d. h. Hausgärten und Anger zusammengefaßt wurden

Schlanders gezählt wurden. Seit der Jahrhundertwende, besonders seit der Eröffnung der Vinschgau- Bahn am 1. Juli 1906 (nach 3jähriger Bauzeit), entwickelte sich in und um Schlanders allmählich ein Marktobstbau im strengen Sinne des Wortes. Zu nächst erfolgte besonders die Ausweitung der Marillen (Aprikosen-)kultur auf dem Ackerland, wobei Getreide als Unterkultur weiterhin angebaut wurde. Langsamer breitete sich das Kernobst aus und nahm zunächst nach Rückgang der Rebanlagen als Nachfolgekultur

. Neben dem Wintercalville hatten weißer Rosmarin, Köstlicher, Kälterer Böhmer, Zwiebler, Ananas, Goldparmäne, Kanada Renette, Gelber Bellfleur, Stettiner und unter den Birnen Williams Christ, Sommerzitrone, Diels Butterbirne und Palabirne Bedeutung, Obstsorten, die heute teilweise bereits unbekannt sind. Auf der Landwirtschaftsausstellung Anfang Oktober 1908 in Schlanders wurden nicfyt weniger als 84 verschiedene Kern- und Steinobstsorten aus dem Gebiet zwischen Naturns und Schlanders vorgeführt

die Hauptsorten (Spätsorten = Winterobst) bildeten. Zu ihnen trat die Champagner Renette, die bereits etwa 40 Jahre vorher in den Vinschgau vorgedrungen war, in trockenen Lagen des Untervinschgaus vorzüglich öko logische Standorte vorfand und sich vor allem durch große Lagerungsfähigkeit auszeichnete Um 1940 hatten die einzelnen Sorten an der Obstfläche in Schlanders und Kortsch folgenden Anteil (nach C. M o s e r i 1941; geschätzt; in Prozent):

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Pagina 22 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Die Beantwortung der nahe liegenden Frage nach der Kontinuität des Reichs- und Königsgutes im Vinschgau, v. a. zum karolingischen Reichsgut hin, sei zunächst zurückgestellt. Suchen wir nach weiteren urkundlich ge nannten Gütern und Höfen um 1100 in Schlanders. Zu nennen sind da ferner die Güter des Klosters Rottenbuch bei Schon- gau/Obb., die um 1101/1120 in Schlanders aus einer Hufe und einem Weingut bestehen ie ). Das Hubengut wird dem Augustiner-Chorherrenstift Rottenbuch zusammen

mit einem Weinberg in Marling von Herzog Welf V. geschenkt, was zwischen 1101 und 1120 geschehen sein muß. Denn in diese Zeit fällt das Herzogtum Welfs (als Welf II. Herzog von Bayern). Der Tausch des Rotten- bucher Weingutes in Schlanders gegen ein anderes in Lana ist ebenfalls chronologisch nicht exakt gesichert. Er wird vom Herausgeber des Tiroler Urkundenbuches zeitlich hierher gesetzt, weil der Gütertausch, den eine Linteburg von Tscherms mit Zustimmung ihrer Kinder und ihres Mannes zugunsten des Klosters

Rottenbuch vornimmt, möglicherweise zur Arrondie rung des Weingutbesitzes im Meraner Raum, insbesondere bei Lana gedacht war. Der Urkundensprache nach zu urteilen, paßt dieser Gütertausch noch in das beginnende 12. Jahrhundert n ). Spekulation bleibt es allerdings, ob die Veranlassung zu diesem Gütertausch von einem der Welfenherzöge ausging. Wichtiger als diese Vermutung ist aber die Feststellung, daß auch in Schlanders Weifenbesitz vorhanden gewesen ist, der offenbar Allodialgut war und deshalb

nicht, wie 1078 die Reichslehen, die die Welfen in Passeier hatten, vom König eingezogen werden konnte. Auch dies ist ein Fingerzeig auf die geopolitische Einschätzung dieser inneralpinen Durchgangslandschaft durch die großen adeligen Geschlechter. Unsere Suche nach namentlich genannten Grundgütern anderer Adels familien in Schlanders ist damit schon beendet. Es fehlen Besitznachweise der großen rätisch-alemannischen Familien, wie z. B. der Tarasper und der Herren von Wanga. Aber auch die Bischöfe von Chur

mit ihren Ministerialen sind vor 1100 nicht in Schlanders urkundlich bezeugt. Ebenso fehlt das Kloster St. Johann in Müstair/GR als Grundherr 18 ). Dies bedeutet freilich nicht, daß diese Grundherren in Schlanders keinen Grundbesitz vor unserm Stich datum (1100) gehabt hätten, sondern nur, daß es keine Urkunden gibt, die uns Auskunft darüber geben könnten, ob dieser oder jener Grundherr gegen Ende des 11. Jahrhunderts in Schlanders (urkundlich gesichert) nachweis bar ist. Denn ein Blick über die Katastergrenzen

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Pagina 35 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Geschlechts mit den Welfen zurückgehen. Auf Besitz der Herren von Montal ban in Schlanders weist der Verkauf von Gütern in diesem Ort an Konrad Schenk im Jahre 1238 23 ). Urbare der Montalbaner aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bieten genauere Angaben über den Grundbesitz und die Eigenleute, im besonderen im mittleren Vinschgau und seinen Seitentälern, darunter auch in Schlanders 24 * ). Im Verzeichnis der Lehensträger Hiltpolds II. (t 1286) scheinen mehrere Schlanderser

auch die Montalbaner nach und nach ihre Stellung im mittleren Vinschgau an den tatkräftigen Tiroler Grafen. Diesem gelang es, die Güter und Eigenleute Hiltpolds II. „größtenteils im Raume von Tschars und Schlanders“ in seinen Besitz zu bringen 27 ). Nur eine Seitenlinie der Montalbaner, die Herren von Schlandersberg (seit 1273 so genannt), ver mochte — wenn auch in Abhängigkeit vom Tiroler Landesfürstentum — eine gewisse Bedeutung zu bewahren. Die Schlandersberger trugen seit 1329 ihre Burg von Heinrich

, dem böhmischen Exkönig und Sohn Meinhards II., zu Lehen. In der Tiroler Landesgeschichte taten sie sich mehrfach hervor, bis sie 1755 in männlicher Linie ausstarben 28 * * ). So fiel Peter von Schlandersberg mit Leopold III. 1386 in der Schlacht bei Sempach 2B ). Sein gleichnamiger Verwandter, der als Repräsentant eines offensichtlich sehr bescheidenen Seitenzweiges mit einem einzigen Bediensteten in den Jahren 1366—69 in Schlanders selbst und nicht auf Schlandersberg wohnte, verfügte über wenig Besitz

und führte das Leben eines „Bauernjunkers“ so ). Daß neben den Schlandersbergern noch andere Adelige Rechte in Schlan ders besaßen, zeigt etwa der Verkauf eines haus und ain paumgarfen .. . die gelegen sint in dem dorf ze Sianders im Jahre 1337 von Konrad von Schenna an Trautsun von Schlandersberg 31 ). Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahr hunderts häufen sich aber mehr und mehr die Anzeichen für die zunehmen de Präsenz des aufstrebenden Tiroler Landesfürstentums in Schlanders. Be reits Graf Albert III

. hatte 1219 über Besitz in diesem Gebiet verfügt 32 ); sein Enkel, Meinhard II., brachte, wie bereits erwähnt, Güter und Rechte des ver storbenen Hiltpold II. von Montalban im Raum von Schlanders in seine Hand. Im ältesten Tiroler landesfürstlichen Urbar aus der Zeit um 1290 sind drei Höfe und eine Mühle in Schlanders als Eigentum Meinhards II. angeführt, die vor allem Weizen, Roggen und Gerste zinsen 33 ). Parallel zur Übernahme von Besitztiteln durch den Landesherrn erfolgte die Errichtung

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Pagina 47 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
mann wurde zur Sicherung gegen die Franzosen bei Lavis eingesetzt. Bei der zweiten großen Bergiselschlacht Ende Mai wirkten sodann sechs Kompanien aus dem Gericht Schlanders mit. Auch im August, bei der dritten Schlacht am Bergisel, stand eine Schlanderser Abteilung im Zentrum der Kämpfe, und wenn Ende Oktober eine Kompanie aus Schlanders in der Nähe von Hall genannt wird, liegt der Schluß nahe, daß sie auch an der letzten Auseinander setzung am Bergisel teilgenommen hat. Sogar noch dem Aufruf

zu dieser ausgeprägten antibayerischen Gesinnung der Bevölkerung von Schlanders seit dem Anschluß Tirols an das neue König reich Bayern im Jahre 1806 haben einige Maßnahmen der neuen Obrigkeit beigetragen. An erster Stelle ist dabei das Vorgehen gegen die Geistlichkeit und gegen die Religion — so wurde es zumindest in Tirol empfunden — zu nennen. Vergebens wandte sich die Gemeinde Schlanders gegen die Auf hebung des dortigen Kapuzinerklosters, dem auch P. Joachim Haspinger ange hörte. Die Kapuziner standen

Herrschaft äußerte sich auch im Verbot der nun schon traditionellen Maria-Namen-Prozession im Jahre 1808 us ). Schließlich gehörten auch die Einziehung des Vermögens der Deutschordenskommende in Schlanders, die zwangsweise Einquartierung von Truppen sowie die Aus hebung der männlichen Jugend zum Militär U4 ) zu diesen Maßnahmen, die nicht dazu beitrugen, die neuen Herren im Lande beliebt zu machen. Dazu trat noch der Umstand, daß einige Persönlichkeiten, die im Tiroler Aufstand des Jahres 1809

eine führende Rolle spielten, aus Schlanders stamm ten oder dorthin enge Beziehungen unterhielten. Der bereits kurz genannte Pater Haspinger mag schon bei der Aufhebung des Kapuzinerklosters, als man die Patres von Schlanders unter militärischer Bedeckung nach Klausen abtransportierte, für Aufregung gesorgt haben “*). Schon die wenigen Jahre seiner Tätigkeit als „Gäupater“ im Schlanderser Kloster dürften genügt ha ben, den wortgewaltigen Feuerkopf in den weitesten Kreisen der Bevölkerung bekannt

zu machen. Der ebenfalls bereits genannte Lehrer in Schlanders, Matthias Purtscher, stieg zum Adjutanten von Andreas Hofer auf. Der ge bürtige Vorarlberger hatte in der Schlanderser Schützenkompanie gedient, zunächst Sicherungsaufgaben übernommen und dann auch organisatorische Maßnahmen für einen Vorstoß ins Veltlin getroffen, der aber nie zustande kam. Mitte August 1809 avancierte Purtscher zum Adjutanten des Ober befehlshabers in Tirol. Früher als Hofer erkannte er im November die Aus sichtslosigkeit eines weiteren

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Pagina 37 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
In der kirchlichen Organisation des Raumes von Schlanders spiegelt sich sehr offensichtlich und am nachhaltigsten die alte Orientierung des Vinsch- gaus nach dem Westen, in den churrätischen Bereich. Nach Iso Müller handelt es sich bei Schlanders um eine frühmittelalterliche Pfarrei des 7./8. Jahrhun derts 41 * * 44 ). Die Großpfarre umfaßte auch die Kirchen von Laas, Göflan und Kortsch mit zahlreichen, zum Teil sehr alten Nebenkirchen; ferner zählte auch das gesamte Martelltal zum Schlanderser

Pfarrsprengel. Als erster Pfarrer in Schlanders begegnet im Jahre 1170 der bereits erwähnte Thebald; seit 1235 stellte — zumindest nach den ebenfalls schon berührten Auseinandersetzungen mit Friedrich von Montalban — der Deutsche Orden bis zum Jahre 1811 den Pfarrherrn 45 * ). Der zuständige Diözesanbischof war, ebenfalls bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, als die bayerische Verwaltung diese mehr als 1000 Jahre alte Verbindung des Vinschgaus nach dem Westen löste, der Oberhirte von Chur 40 ). Trotz

seiner zentralen Lage war Schlanders im Mittel- alter nie Sitz des für den Vinschgau zuständigen Churer Erzpriesters, der die geistliche Gerichtsbarkeit ausübte 47 ). Die Angehörigen des Deutschen Ordens kamen wohl auf Grund ihrer besonderen Stellung gegenüber dem Bischof für dieses Amt nicht in Frage. Gewiß aus dem gleichen Grund konnten die Schlanderser Pfarrherren vor dem 19. Jahrhundert auch nie die Würde eines Dekans im Vinschgau erlangen. Neben der Pfarrkirche bestand im Mittelalter in Schlanders

an den Deutschen Orden im Jahre 1235 in Zu sammenhang gebracht; in der einschlägigen Urkunde Kaiser Friedrichs II. findet sich allerdings kein entsprechender Hinweis. Wohl aber wissen wir von der Verfügung des Hans Weber von Kortsch vom Jahre 1461, der sein Haus in Schlanders als Herberg und Behausung für arme, elende Menschenpilger stiftete. An der Stelle dieses Hauses steht heute noch das alte Spitalsge bäude 4 “). Von den in das Mittelalter zurückreichenden, nichtkirchlichen Bauwerken in Schlanders wurde

der Behaimsturm schon kurz erwähnt. Die Geschichte der einzelnen Höfe hat Richard Staffier vor einem halben Jahrhundert genauer nachgezeichnet; sie sind zum Teil mit einiger Wahrscheinlichkeit bis in das hohe Mittelalter nachweisbar 60 ). Die heute so ins Auge fallenden Ansitze in Schlanders können hingegen nicht durchwegs auf ein solches Alter zurück blicken — zumindest nicht in ihrem herrschaftlichen Gewand. Eine lange Vergangenheit besitzen das ehemalige Pfarrwidum (heute Sachsalberhaus

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Pagina 39 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
später eine beglaubigte Abschrift herstellte. Geradezu modern mutet der An kauf eines Hauses im Dorf durch die Gemeinde im Jahre 1398 an, um dadurch den öffentlichen Platz und die Straße zu regulieren 60 ). Über andere Fragen des täglichen Lebens in Schlanders geben die Weistümer Auskunft, von denen zwei aus dem Mittelalter erhalten sind. Sie stammen aus dem Anfang und dem Ende des 15. Jahrhunderts, geben aber ältere Gewohnheiten wieder 6l ). Die landsprach an der Schanzener Brücke betraf

die Einwohner des gesamten Gerichts Schlanders °‘). Jedes Jahr wurden dort, wo sich auch die öffentli che Dingstätte mit dem Hochgericht befand, Mitte März von den Geschwore nen vor der gesamten Bevölkerung des Gerichts die alten Rechtsgewohnheiten verkündet. Sie betrafen das Verhältnis der Untertanen zur Obrigkeit und zur Gemeinde, die verschiedene Rechtsstellung der Einwohner und der Zugezoge nen und strafrechtliche Bestimmungen verschiedenster Art, so etwa Geldbußen für Diebstahl und tätliche Angriffe

. Besondere Vorschriften galten für die Instandhaltung der Schanzener Brücke; einen enspaum dafür hatte auch der Karleitenhof in Schlanders zu stellen **). Fisch und Jagd waren im Gericht frei. Das Verhältnis der Schlanderser zur Kirche spiegelt sich in den zahl reichen Meßstiftungen und im Bau der Michaelskirche zu Beginn des 14. Jahr hunderts. Außerdem bestanden bereits im Mittelalter eine Gervasius- und eine Marienbruderschaft 64 ). Neben der zum Teil schon behandelten sozialen Differenzierung

der mittel alterlichen Bevölkerung von Schlanders, wie sie besonders auch in den Weis- tümern ihren Niederschlag gefunden hat, wo Inhaber von freien Eigen 65 ), ansässige Untertanen des Landesfürsten und verschiedener Herrschaften sowie Zugezogene mit minderer Rechtsqualität angeführt sind 66 ), tritt seit dem 14. Jahrhundert auch eine berufliche Scheidung der Bewohner klarer zutage. Neben der dominierenden bäuerlichen Schicht gab es die verschiedenen Hand werker. Das Tiroler

Untertanenverzeichnis von 1427 nennt in Schlanders die Namen Schneider, Schuster, Schmied, Zimmermann, Müllner, Gerber, Kramer, Metzger und Bäcker 67 ). Dabei ist allerdings nicht mit Sicherheit die Entschei dung darüber zu treffen, ob es sich um Bezeichnungen im Sinne moderner Familiennamen oder um Berufsangaben handelt. Es stellt einen besonderen Glücksfall dar, wenn wir durch das zufällig erhaltene, vor allem kulturhisto risch wertvolle Rechnungsbuch des Heinrich Umbraser aus den Jahren 1366 bis 1369 über die Tätigkeit

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Pagina 74 di 86
Data: 01.08.1977
Descrizione fisica: 86
Hans Wielander Bilder aus Schlanders Nauders, Ort des Schauderns, Schlanders ist schon anders, aber erst in Meran fängt das Leben an. Mit diesem Spruch kennzeichneten einst die österreichischen Beamten ihre Erfahrungen in den Amtssitzen dieser Gegend, wobei Schlanders eben eine Mittelstellung einnahm zwischen dem klimatisch rauhen, dörflichen Nauders und der milden, lebensfreundlichen Stadt Meran. Hier in Schlanders beginnt also, zumindest in Ansätzen, der bürgerliche Lebensraum. Es beginnt

der Süden, und zwar gleich hinter dem Rathaus mit einem mächtigen Mammutbaum, der mit seinen weichen Ästen erschreckt zappelt, wenn der Oberwind durch das Tal stürmt, ln heißen Sommern reifen die Feigen. Schlanders: Straßenzüge mit vielgestaltigen Bürgerhäusern, mächtige, manchmal etwa umständliche Kolosse, die sich nur widerstrebend einfügen. Alte Gassen mit unverputztem Mauerwerk, fast verstohlen noch einige Bauern häuser, Hinterhofromantik mit mauerumwehrten Gärten und dann die Neu bauten

, die sich nicht entscheiden können, ob sie sich städtisch oder ländlich geben sollten. Einige Kunstwerke aus neuester Zeit zeigen, daß die Tradition der Außenmalerei noch immer lebendig ist. Schloßartige Ansitze, Zeugnisse starker Adelsherrschaft: zusammen mit dem Kirchenbesitz hemmten sie die Ausbreitung des Ortes, haben aber zugleich den Anspruch von Schlanders als Zentrum mitbegründet. Marmorportale, barocke Malereien, Arkaden gänge, venezianische Kamine, Lichthauben, Zinnengiebel und Wappensteine erzählen

an. Und so sind auch die Bürger von Schlanders. Die Einheit der alten Dorfgemeinschaft ist schon längst aufgelöst. Der unter Österreich einsetzende bürgerliche Lebensstil wurde unterbrochen, und ein neues Selbstverständnis ist noch nicht sichtbar. Die Schaffung der Großgemeinde durch Einbeziehung der umliegenden Dörfer führte zur heutigen Situation: der Gemeinderat wird von bäuerlichen Vertretern beherrscht, deren Interessen mit jenen der Bürger keineswegs immer harmonieren. Statt Zusammenarbeit entstehen Interessen gruppen

mit Beamtennamen aus Alt-Österreich . .. ein Hauch von Wien und Böhmen. Mit diesen Beamten kam auch Weichheit und Kunst sinn, Musikliebe und vor allem auch eine gewisse Beschaulichkeit. In Schlan ders werden die Probleme verbal gelöst; da man sich ohnedies nicht zu einigen versteht, wartet man auf eine Lösung von oben. Immerhin stammen aus Schlanders mehrere einflußreiche Politiker. Auch die Sozialdemokraten hatten hier stets einen wichtigen Stützpunkt. Während andere Orte des Vinschgaues starke

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