. Der Bursche draußen riß sie an sich. „Bist Du verrückt, Richard? Man sieht uns ja — laß los!' Sie zog ihn zu dem Neubau, der dürftigen Schutz versprach. Der Bursche lachte. „Du bist mir eine Schöne! Ich komme in aller Morgenfrühe gelaufen, weil ich mich so freue, mit Dir zusammen zu sein, und Du spielst die Stolze.' Seine großen Hände schlös sen sich klammernd um ihre Gelenke. „Dein Schiff — wann ist es hereingekommen?' Er sah erstunt in ihre Augen. Furcht hatte in der Frage geklungen. „Heute früh
', antwortete er. „Was solls?' So ahnte er nichts! „Richard', sagte sie stockend, „Du mußt es ja nun wissen — nimms nicht zu schwer, Richard — ich heirate heute.' Er starrte sie fassungslos an: „Anna, das kann — doch nicht sein.^Du — gehörst doch — zu mir — Anna.' Seine Hände lockerten ihren Griff, fielen von ihr ab. Sein junges braunes Gesicht war grau. r Für/einen-àgenblick herrschte,. Stille. ^ ,7. „Wer iist''er^dènn,--Dein'Llèbstèr?' sragtedèr Bursche. ;.Der Georg', sagte sie mühsam. Er nickte langsam
als habe er nichts anderes erwartet, hob die Hand auf gegen sie, schwer, wie gezwungen. „Richard!'' schrie das Mädchen beschwörend. Er schien zu erwachen, sah sie mit langsam sich sam melnden Blicken an — ihre Augen verfingen sich ineinander. „Anna, denk doch, was zwischen uns gewesen ist!' flüsterte er, seine Stimme versagte. Das Mädchen zog die Augenbrauen zusammen. „Was zwischen uns gewesen ist?' Anna richtete sich auf. Dann, selber heftig werdend: „Ja, was denkst Du denn eigentlich? Soll ich hier sitzen und auf Dich warten
, bis ich alt und grau werde?' Sie lachte zornig, alles an ihr funkelte jetzt wieder. „Anna', meinte er betroffen. „Ich habe doch nichts — noch ein paar Fahrten...' „Ein paar Fahrten — ein paar Fahrten — was ist denn herausgekommen bei all Deinen Fahr ten?' höhnte sie, sah wieder zu ihm «!>f, fühlte Seltsames. „Ich kann nicht mehr, Richard!' sagte sie tonlos, als spräche sie zu sich selbst. Er sah sie unsicher an, dann leucht'te es ver ständnisvoll in seinem Gesicht auf: „Wenn es Dir ums Heiraten zu tun
ist, Anna — ich sag die Heuer auf, werd schon was an Land zu tun finden — bins überhaupt satt — will bei Dir bleiben, Anna. Es geht — es wird schon gehen, Anna!' Wie be schwörend rief er ihr ihren Namen entgegen. Ihr Gesicht verfinsterte sich: das ganze Elend der „lan gen Gasse' — Männer, die arbeitslos an den Häu sern lehnten, Frauen, jeder Möglichkeit eines kar gen Verdienstes nachjagend, mit dreißig Jahren alt und verbraucht. „Ich will nicht, Richard, Ich kann nicht. Laß mich gehen, Richard!' Er riß