Jahrgang 1914 Freitag, sagte, das Vorgehen Oesterreich-Ungarns nicht, als schmählichen Krieg" betrachten. Oesterreich-Ungarn \ weiß aus Erfahrung, daß Serbiens Versprechungen, welche nur auf dem Papiere stehen, gänzlich unzu verlässig sind. Weiner Ansicht nach ist. Oesterreich- Ungarns Vorgehen als ein Versuch zu betrachten, die volle Garantie dafür zu erhalten, daß Serbiens Versprechungen auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. In dieser Ansicht werde ich bestärkt durch die Erklärung
des österreichisch-ungarischen Kabinetts, Oesterreich-Ungarn beabsichtige keine territorialen Er oberungen auf Kosten Serbiens. Ich meine daher, daß es Rußland durchaus möglich ist, dem öster reichisch-ungarisch-serbischen Kriege gegenüber in der Rolle eines Zuschauers zu verharren, ohne Europa in den schrecklichsten Krieg hineinzuziehen, den es jemals erlebte. Ich glaube, daß eine direkte Verständigung zwischen Deiner Regierung und Wien möglich und wünschenswert ist, eine Ver ständigung, die, wie ich Dir schon
telegraphiert habe, meine Regierung mit allen Kräften zu fördern bereit ist. Natürlich würden militärische Maßnahmen Rußlands, welche Oesterreich-Ungarn als eine Dro hung auffassen könnte, ein Unglück beschleunigen, das wir beide zu vermeiden wünschen würden. Auch meine Stellung als Vermittler, die ich auf Deinen Appell an meine Freundschaft und Hilfe bereitwillig angenommen habe, wäre untergraben. Gez. Wilhelm." Am 30. Juli telegraphierte Kaiser Wilhelm an den Zaren: «Mein Botschafter ist angewiesen
, Deine Re gierung auf die Gefahr und die schweren Konse quenzen einer Mobilisation hinzuweisen. Das gleiche sagte ich Dir in meinem letzten Telegramm. Oester reich-Ungarn hat nur gegen Serbien mobilisiert, und zwar nur einen Teil seiner Armee. Wenn Ruß land, wie es jetzt nach Deiner und Deiner Regierung Mitteilung der Fall ist, gegen Oesterreich mobil macht, wird die Vermittlerrolle, mit der Du mich in freundlichster Weise betraut hast und welche ich auf Deine ausdrückliche Bitte angenommen habe, gefährdet
, wenn nicht unmöglich gemacht. Die ganze schwere Entscheidung ruht jetzt auf Deinen Schultern. Sie haben die Verantwortung für den Krieg oder Frieden zu tragen. Gez. Wilhelm." Der Zar erwiderte am 30. Juli tele graphisch: „Ich danke Dir von Herzen für Deine rasche Antwort. Ich entsende heute abends Tatischew mit Instruktion. Die jetzt in Kraft tretenden militärischen Maßnahmen sind schon vor fünf Tagen beschlossen worden, und zwar aus Gründen der Verteidigung gegen die Vorbereitungen Oesterreich-Ungarns. Ich hoffe