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Pagina 11 di 16
Data: 22.03.1903
Descrizione fisica: 16
sagen zu können. Nikolaus ist der Erbe, sobald er eine Bedingung erfüllen kann." „Eine Bedingung?" „Ich kann es mir nicht anders denken, als daß Sophia dem uralten Manne ihre Liebe zu Nikolaus gestanden hat. Ich werde sie auch darüber nie befragen, aber die That- sache steht fest, daß der Russe unser Kind wie eine eigene Tochter lieb gewann und daß er in seinem Testament die Verbindung der jungen Leute fordert." Das war mehr, als Herr Severin aus einmal fassen und begreifen konnte. Er ließ

den Namen des Herrn v. Potoky nennen. Da schoß ihm wieder der Gedanke durch den Kops, etwas zu thun, um den peinlichen Eindruck wenigstens etwas zu mildern, den sein Verhalten gegen Nikolaus gezeitigt, Nichts war geeigneter hierzu, als die Verdienste des jungen Herr n ins richtige Licht zu rücken, dem Grafen seinen Lebensretter zu nennen. Er trat ins Krankenzimmer, machte ein feierliches Gesicht zu der zärtlichen Familienscene, die sich ihm da bot, und sagte, freilich etwas wie vom Zaune gebrochen

, wobei er fühlte, daß er aus dem Rahmen herausgetreten, den der Arzt inne zu halten hat: „Sie nannten den Namen des Herrn Grafen Nikolaus v. Potoky, Herr Graf, ich hörte es, als ich draußen vorüberging, und bin von meinem ärztlichen Standpunkte aus erstaunt, daß Sie in Ihrem Zustande den Mann erkannt haben, der Ihr Lebensretter im vollsten Sinne des Wortes geworden ist. Der junge Graf ist im Hause und will nicht eher Weggehen, bis sich Ihr Zustand befriedigend gestaltet hat." Das waren feurige Kohlen

diesen Punkt nun kein Wort mehr zu verlieren. Er ging den Korridor hinab und rief dort einen Wärter zu sich. „Sagen Sie dem Herrn Nikolaus v. Potoky, daß für den Kranken keine Gefahr mehr bestände. Er wird alsdann daraufhin die Anstalt verlassen wollen, in der er mein verehrter Gast gewesen." Der Mann fühlte sofort heraus, daß ein anderer Wind wehte und suchte Nikolaus in der Klause auf, die man in der Nacht ihm angewiesen und die er seitdem nicht verlassen. Nikolaus stand am Fenster des kleinen

, halbdunklen Gemaches und starrte nach dem Wasser der Spree hinunter. Seit heute Nacht hatte sich nichts in seiner Lage geändert, im Gegeniyeü, ettie tiefe Verbitterung gegen Welt und Menschen war noch hinzugekommen. Sein Anzug war noch gerade so zerrissen und seine Tasche ebenso leer. „Der Herr Professor lassen dem Herrn Grafen sagen," berichtete der Mann, „daß für den Kranken keine Gefahr mehr besteht und —" „Und ich nun freigegeben bin," versetzte Nikolaus voll herber Ironie, „sagen sie nun ihrem Herrn

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Pagina 10 di 16
Data: 01.02.1903
Descrizione fisica: 16
Und einmal auf diesen Standpunkt gerathen, fand er die Mittel, milder über die Potoka und deren Sohn Nikolaus zu urteilen. Herr v. Glombecki verließ eben falls seinen Platz und trat zu dem Hausherrn, der garnichts zu erwidern wußte, ans Fenster. " Er blickte diesem ernst ins Gesicht und wollte ihn fragen, ob er seine guten Absichten noch immer nicht begreife, ob ihm das Glück seines Kindes nichts werth sei — Dieser schlug den Blick zu Boden, er hatte den Greis verstanden. Aber sein Stolz

, mein theurer Freund. Man muß nicht alle Fragen auf einmal erledigen." „Je ruhiger und vorsichtiger nur Vorgehen, um so besser. Aber ich darf auf Ihren Beistand rechnen, Herr Severin?" „Ich habe mich nie geweigert, etwas zu thun, was gut mid edel ist." Beide Männer reichten sich die Hände. Lebhafter denn je dachte Herr Severin an das Fest auf Potoky zurück. Er sah wieder seine Sophia in den Armen des Nikolaus im rhythmischen Takt der Mazurka durch den Saal schweben. Sie glühte vor Jubel und Glück. Es trat

eine gewaltige Wandlung in seiner Gesinnung gegen Nikolaus ein, und daran war nur der reiche Vetter aus Rußland schuld. So ist die Welt, so sind die Menschen, und Severin v. Zaliska gehörte zu ihnen und war nicht anders wie diese. Polternd und mit vor Freude glänzendem Gesicht kam letzt Jaszek ins Gemach hereingestürmt. „Gnädiger Herr," stieß er triumphirend hervor, „Potoky ist polnisch geblieben, der Fiskus hat das Nachsehen —" „Es ist gut," versetzte dieser, unzugänglich für den Enthusiasmus des Knechtes

, dem sich selbst der ernst veranlagte Nikolaus nicht entziehen kannte. Dabei machte er sich keine Skrupel, woher das Geld gekommen, die Hauptsache blieb für ihn, daß es da war. Die beiden Freunde waren in dem besten Hotel Brombergs abgestiegen, hatten dort zwei gute Zimmer be legt, und Brezza schickt? sofort den Hausknecht zur Bank, um dort eine der Tausend-Rubelnoten wechseln zu lassen. Als die Goldstücke, die der Angestellte des Hotels oon der Bank gebracht, auf dem Tisch tanzten, tanzte auch Brezza um den Tisch herum

; er dachte an seine großen Erfolge auf den Bällen der Neichshauptstadt und malte dem still dasitzeuden Nikolaus die blendendsten Bilder seiner Zukunft aus. „Ich habe also Ihr Wort, mein einziger Nikolaus," redete Brezza diesen an, als sie wieder allein im Zimmer sich befanden, „Sie bleiben so lange bei mir, bis mein Glück begründet ist." Er legte diesem vertraulich die Hand auf die Schulter und blickte fast mädchenhaft bittend ihm in die Augen Thatsächlich hatte sich der junge Graf das Versprechen

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Pagina 10 di 16
Data: 08.02.1903
Descrizione fisica: 16
und konnte ihrem Liebling nicht böse sein, „Du hast mich und Deinen Vater um zweitausend Mark gebracht mit Deinen Blei soldaten." Sie nahm den Knaben auf den Schooß, küßte ihn und ließ sich von ihm erzählen, wie der gute Onkel sich aus dem Staube gemacht. Zuletzt lachte sie selber und gestand sich, daß der schone Baron doch ein recht kluger Mann sei, nur möchte sie seine Frau nicht sein. Achtes Kapitel. Die wirkliche Zuneigung, welche Nikolaus v. Potoky mit dem lebenslustigen Brezza verband

, so unerhört, daß er dem Freunde sanfte Vorstellungen machte. Aber dem gewandten, lustigen Brezza war da gar nicht beizukommen. Er entwickelte wieder seine frohsinnige Philosophie und bewies dem Freunde zum Schlüsse, daß es eine Thorheit wäre, mit dem Gelde des Russen zu geizen, schon darum, weil sie ja alle Beide auf dem Punkte ständen, ihr Glück zu machen. „Wenn Sie in diesem Punkte unverbesserlich sind," erklärte Nikolaus, „dann werden Sie mir gestatten müssen, daß ich an dieser Verschwendung

keinen Äntheil nehme und neben Ihnen dahinlebe, wie meine kleinen Mittel es mir erlauben." Die zweite Kleinigkeit, die dem Nikolaus nicht behagen wollte, war die Thatsache, daß Brezza den ganzen Tag und auch weit in die Nacht hinein in Vromberg herum- slanirte, so daß er ihn sehr wenig zu Gesicht bekam und er sich fragen mußte, ob es unter diesen Umständen nicht gerathen sei, ohne Abschied nach Paris znrückzngehen. Dieser Entschluß stand seiner Ausführung näher als Brezza sich träumen ließ. Dazu kam

noch, daß gestern, als sich Nikolaus für kurze Zeit im Gastzimmer aufhielt, Salm Korstel eintrat und sich bei dem Oberkellner nach Alexander v. Brezza erkundigte. Der Anblick dieses Mannes versetzte den jungen yeimathlosen Mann in die größte Erregung, denn das ganze unsagbare Elend vergangener Tage, die wohl nie aus seinem Gedächtniß schwinden werden, tauchte in ihm auf und ward wieder lebendig. Salm that, als sehe oder erkenne er den jungen Herrn nicht, und verschwand ebenso rasch wie er gekommen

. Aber in der nächsten Minute sah Nikolaus den Ge- schäftsmann mit dem eleganten Brezza in lebhafter Unter haltung begriffen am Gasthof vorüber in der Richtung nach dem Markte zu gehen. Ein gewaltiges Mißtrauen bäumte sich in ihm aus. Der Gedanke, der ja so nahe lag, daß Salm Korstel den leichtsinnigen Brezza in die trostlose Vergangenheit seiner verstorbenen Mutter einweihen könnte und somit an die große Glocke gehängt würde, was er der ganzen Welt, besonders aber einem Brezza verheimlichen wollte, erfüllte

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Pagina 11 di 16
Data: 08.03.1903
Descrizione fisica: 16
Delikatessen waren noch unberührt. Warum, das wußte offenbar keiner von den Beiden; die Stimmung, in der sie sich nun einmal befanden, war daran schuld. „Meine Zeit ist um/ sagte jetzt Nikolaus entschlossen und erhob sich, „ich darf den Zug nicht versäumen. Hätte gerne die Tante Ihrer Braut, mein theurer Brezza, nochmals begrüßt, aber das ist mir nun unmöglich geworden. Haben Sie die Güte, der liebenswürdigen Dame zu sagen, daß ich ihr ein freundliches Andenken bewahren werde." Brezza wagte

in seinem Schuldbewußtsein den Blick nicht zu Nikolaus zu erheben, raffte sich aber auf, gewann einen Anflug von Humor und ergriff die Champagnerflasche und füllte zwei Gläser mit dem schäumenden Naß. „Es ist mir peinlich," antwortete er, „daß Sie genöthigt sind, ohne Abschied zu gehen, aber muß denn geschieden sein, dann lassen Sie uns wenigstens ein Glas Wein zusammen trinken." Gerne willfahrte Nikolaus diesem Wunsch, nahm das Glas und stieß mit Brezza an. Der Champagner war gut, die sprühenden Teufel des Frohsinns

und des Leichtsinns, jene Elemente, bei denen sich Brezza allein nur wohl fühlte, steckten in ihm und kamen dem verzagten Glücklichmacher Brezza zu Hilfe. Nachdem jo das Eis gebrochen, erquickte sich Nikolaus an den De likatessen und dazu leerte man die Flasche. Graf Potoky zögerte noch mit dem Aufbruch, weil er hoffte, daß die Dame des Hauses noch im letzten Augen blicke erscheinen würde, und diese Gelegenheit benützte der Freund, die zweite Reserveflasche anzugreifen. Und dieser begann nun zu erzählen

, zu schwärmen von Glück und Reichthum, und Nikolaus hörte ihm lächelnd zu und dachte an Sophia. „Wir haben gar kein Recht," donnerte Brezza auf einmal los, „allen Freuden und allem Glück in diesem lieben zu entsagen, wir versündigen uns gegen den Himniel, wenn wir nicht keck zugreifen und es da nehmen, wo es sich uns bietet. Man ist jung, und, wenn Sie wollen, mein einziger Freund Nikolaus, man ist auch schön, und da hat man die Aufgabe, nicht nur selber glücklich zu sein, sondern auch Andere glücklich

, „mein Freund kommt nicht über Sophia v. Zaliska hinaus. Hätte ich doch die Kraft, die zwecklose Erinnerung an sie in Ihnen auszutilgen, dann wäre uns Beiden geholfen!" Unruhig richtete sich Nikolaus auf, und das alte Mißtrauen regte sich wieder in ihm, forschend ruhte sein Auge aus Brezza und schien ihm von der Stirne lesen zu wollen, daß er die peinlichen Geheimnisse seiner Mutter kennt. „Sie scheinen nicht zu wissen, Herr Alexander v. Brezza, wie weh Sie mir thun, wenn Sie auch nur den Namen

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Pagina 10 di 16
Data: 11.01.1903
Descrizione fisica: 16
, trug eine Blouse mit einem gelben, ledernen Gürtel und achtete scharf auf den alten Reiter, dem er folgte. Nikolaus öffnete jetzt das Fenster und blickte hinunter in den Hof, denn dieser alte Mann da interessirte ihn. Gewiß ist das ein Edelherr aus der Nachbarschaft, der sich verspätet zur Versteigerung einfindet. Der Notar mit seinem Gefolge wollte das Herrenhaus verlassen, nachdem er seines Amtes gewaltet, bemerkte den alten Mann auf dem unruhigen Pferde und blieb stehen. „Habe schon gehört

aus dem Sattel gesprungen und hob den alten Mann wie eine Puppe vom Pferd herunter. Ohne sich weiter um die beiden Pferde zu bekümmern, die sofort über den Hof liefen, trug er seinen Herrn — denn Nikolaus errieth, daß es sein Herr sein müsse — ins Herrenhaus hinein. Nikolaus v. Potoky zog sich wieder vom Fenster zurück. Das Interesse für den uralten Mann war in dem Augenblicke für ihn abgestumpft, als er ihn sprechen hörte. „Wie die Raben streiten sie sich um den Besitz meines Vaterhauses," flüsterte

vertheidigen. Es ist ein ganz anderer Kampfplatz wie vor Jahrhunderten, auf dem man für seinen Besitz kämpft, ihn gewinnt oder verliert. Nikolaus v. Potoky betrat nun den Ballsaal. Hier jah es aus, als ob Vandalen darin gehaust hätten. Die drei mächtigen Kronleuchter waren von der Decke verschwunden, verschwunden war die Spiegelwand, die kunstvollen Draperien, die wie eine Allegorie das Wappen der Potokys schmückte. Auf dem Boden, über den er Arm in Arm mit Sophia dahingeglitten, lag Staub und Mörtel

von ihm und seiner Mutter denken könnte. Nikolaus fand sich versucht, ins Herrenhaus der Grafen Zaliska zu eilen, um, ehe er für immer aus dem schönen Polen scheide, ihnen aufzuklären, was sein Brief unklar gelassen hatte. Dann wollte er gehen, der letzte der Potokys, und verschollen sein für alle Welt in Polen. „Servus," rief ihm auf einmal eine hellklingende Mannesstimme entgegen, und aufblickend entdeckte Nikolaus einen jungen Herrn, mit schäbiger Eleganz gekleidet, unter dem Haupteingang des Ballsaales stehen

. Nikolaus hatte zu lange in Paris gelebt, als daß ihm die liebe Nachbarschaft nicht hätte fremd werden müssen; er erkannte auch diesen Herrn nicht. Dieser wirbelte sich vergnügt den blonden Schnurrbart auf und schien sich köstlich über das Erstaunen des jungen Grafen zu amüsiren. Nun trat er mit ausgestreckter Hand, den Offizier in seiner Haltung markirend, auf Nikolaus zu. „Der gute Stephan v. Glombecki hat es mir verathen, mein theurer Graf, daß ich Sie hier finde. Hatte mein Reitpferd nicht zur Hand

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Pagina 11 di 16
Data: 15.03.1903
Descrizione fisica: 16
dann weiter. Er hat ja keine Heimath mehr, was geht ihn Polen an? Jenseits der Linden, auf dem Wege zum Bahnhof Friedrichstraße er/Mit ein Menschenanslauf. Hunderte umringen ein weltstädtisches Cafä. Schutzleute suchen die Ordnung aufrechtzuerhalten. Nikolaus will das Trottoir verlassen, um aus der andern Leite der Straße seinen Weg sortzuietzen. Da fällt sein Blick auf einen großen, gewaltigen Pelz, den man mitten unter dem Menschenhausen mit hochgehobenen Händen weiter tragen will. Betroffen bleibt Nikolaus stehen. Diesen Pelz

und Frauen stöhnen, von irgend einer Riesengewalt erschüttert, nach vornen gedrängt. Nikolaus verliert den Boden unter den Füßen, ein Fluchen und Schreien entsteht und jetzt zerbricht die Menschenmauer, lost sich dicht vor dem Eingang des Cast-s aus und nun fluthet es in wirrem Knäuel über das Stück Trottoir, die Schutz leute mit sich fortreißend. Der Graf fühlt sich in den Eingang des Cafos binein- geschleudert und sieht jetzt, wie sich drohend eine Pickelhaube vor ihm erhebt, wie die Kellner, wild

geworden durch die ausregende Situation, die Fäuste gegen ihn und den Menschen knäuel, der ihn vorwärteschiebt, ansstrecken. Die Masse ist zum brausenden Element geworden, dem der Einzelne, der doch ein Glied dieses Elementes bildet, verfallen ist. Dieser furchtbare Wirbel geht vorüber, die Menschen- ftNly wird vom Eingang znrückgedrängt und jetzt gewinnt auch Nikolaus wieder Boden und will sich ins Cafe hinein retten. Aber das ist unmöglich, denn vor ihm aus der Erde liegt still und schweigsam

ein großer, starker Mann, der den Händen der Kellner, die den Unglücklichen aus dem Lokal hinaustragen wollten, entsunken war. -Nikolaus v. Powky zuckt zusammen, als es ihm möglich geworden, dem Manne ins Gesicht zu sehen. Der gewaltige Schnurrbart, die aufgeworfenen Lstpen, die jetzt eine graublaue Farbe tragen, diese buschigen Angenbrauen, bei Gott im Himmel, vor ihm liegt Herr Severin v. Zaliska! — Ein älterer Herr mit goldenem Kneifer und ergrautem, modern zngespitztem Vollbart beugt

sich zu dem anscheinend Leblosen nieder. Vielleicht ist es ein Arzt. Er hebt ihm die Augenlider auf und ruft daun erregt den Kellnern zu: »Bringen Sie den Mann von hier weg, tragen Sie ihn durch die Hinterthüre aus dem Lokal, man bringe einen Krankenwagen!"' „Das wäre doch die Sache der Polizei," gab man ihm zurück, „man bringe ihn auf die nächste Unfallstation." »Halt," rief jetzt Nikolaus mit anschwellender Stimme aus, als ein paar Hände den offenbar schwer erkrankten Mann vom Eingang wegzerren wollten, „ich komme

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Pagina 10 di 16
Data: 29.03.1903
Descrizione fisica: 16
kehrt man einfach um und sucht den Jrrthum auszugleichen. Ich reiche Ihnen die Hand auf gute Nachbarschaft, Herr Graf, falls Sie es nicht vorziehen sollten, auf Ihren russischen Gütern zu wohnen." Erst als sich Herr Severin von ihm abwandte, dem Wortlosen, um das Zimmer wieder zu verlassen, erhob sich Nikolaus aus dem Taumel, der ihn ergriffen, und vertrat diesem den Weg. „Herr Graf v. Zaliska, entschuldigen Sie mich/ brachte er mühsam hervor, „ich kann mich kaum selber finden. Jetzt, wo mir klar

er sich, nachdem er die Thüre geöffnet, nochmals nach Nikolaus um. „Ich glaube, es ist wichtig, daß Sie sich noch vor der Abreise mit dem Bankier des Verstorbenen hier in Berlin in Verbindung setzen. Wie ich von Stephan v. Glombecki erfahren, ist es Bleichröder & Co." Die Thüre klappte hinter dem Grafen ins Schloß und Nikolaus war allein. Warum man ihm die Anwesenheit Sophias und ihrer Mutter verschwiegen, lag ja sehr nahe. „Mutter, Mutter," rief Nikolaus in sich hinein, und starrte nach der Thüre

, hinter der Herr Severin verschwunden war, „warum war es Dir nicht vergönnt, diesen Tag zu erleben!" Auf dem Stuhl, auf dem Graf v. Zaliska gesessen, lag eine Banknote von fünfhundert Mark. Offenbar wollte Herr Severin dem jungen Erben mit diesem Gelde eine Gefälligkeit erweisen, wagte es aber nicht, damit herauszu rücken und ließ sie liegen. Nikolaus nahm die Note auf, errieth den Zusammenhang und schrieb mit Stift auf ein Blatt Papier: „Herr Graf v. Zaliska! Sie haben eine Banknote bei mir zurückgelassen

von dem blendend weißen Tischtuch abhoben, deutete auf eine frohe Familienfestlichkeit bin. Mit großer Lebhaftigkeit sprach Herr Severin über die Beisetzung der alten Excellenz, die einen großartigen, ja ergreifenden Verlauf genommen. „Ich begreife indessen Graf Nikolaus nicht," führte der Hausherr weiter aus, „daß er großmüthig eine so ungeheure Summe an Salm Korstelowski abgeführt. Ä-an hätte die Forderung des Bankiers schärfer kontrolliren müssen. Es ist überhaupt unverständlich, wie Nikolaus v. Potoky

jetzt ja so, daß er nie eine Kenntniß davon erhalten kann, wenn man es ihm nicht selber sagt. Aus den Papieren ist nichts zu ersehen, der General starb zu rasch." Sophia hörte, daß von ihr gesprochen wurde und eine liebliche Röthe bedeckte ihr Gesicht und sie senkte das Haupt tiefer in den Schoß. In diesem Augenblick kam Jaszek ins Gemach herein gestolpert und hielt die Mütze unterm Arm. „Der Wagen des Herrn Grafen Nikolaus v. Potoky kommt," rief er in den Salon hinein, überzeugt, daß er wohl das Wichtigste zu sagen

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Pagina 11 di 16
Data: 08.02.1903
Descrizione fisica: 16
auf der Stelle zu rächen. Das heiße Polenblut stieg ihm zu Kopfe, und drohender wurde auch seine Haltung. " „Herr Graf Nikolaus v. Potoky," begann der Alte und jedes Haar in seinem gewaltigen Schnurrbart zuckte, „ich kam als Vater meines einzigen Kindes, und habe eine Gewissensfrage an Sie zu richten." Nikolaus starrte den Sprecher an und vergaß die Antwort. Warum ist der Mann erschüttert bis in die Grundfesten seines Wesens, hinein, was hat sich ereignet, daß sich ein solcher Aufruhr

in ihm entzünden konnte? „Herr Graf," fuhr Severin mühsam fort, und keuchte, „Sie sind ein Potoky, und folglich ein Ehrenmann." „Was wollen Sie mit der Versicherung sagen. ent gegnete Nikolaus stolz, „ich bin noch keinem Manne begegnet, der das Gegentheil zu behaupten wagte, geschieht dies aber zu einer Stunde, dann werde ich mich wie ein Potoky zu benehmen wissen." In den Augen des Angeredeten flackerte es wirr auf, er trat einen Schritt zurück und stand da wie eine Bildsäule, die kein Sturm erschüttern

kann. „Ich erwartete diese stolze Antwort von Ihnen, und sie könnte mich beruhigen," — er schwieg hier einen Moment, wie wenn er nach dem sicher treffenden Wort suche, und fuhr dann fort: „Meine Tochter Sophia ist plötzlich ver schwunden — Herr Graf, stehen Sie mit dem Verschwinden meines Kindes in Beziehungen?" Nikolaus fuhr auf, eine gewaltige Unruhe stürmte auf ihn ein. Sein Herz zitterte für Sophia nicht minder, wie das des Herrn Severin, ja, das Weh und die Angst, die dieses Herz ergriffen, war vielleicht

noch tiefer wie die des verzweifelnden Vaters. „Und Sie können glauben," ermannte sich Nikolaus, zu sagen, „daß ich der Mann bin, hinter Ihrem Rücken Ihre Tochter zu bethören? Ich bin ein Potoky, mein Herr, und zu stolz, um Strohhalme zusammenzusuchen, mit denen ich vielleicht die tolle Absicht verbinden könnte, den sozialen Abgrund zu überbrücken, der uns trennt. Ich erinnere Sie an meinen Brief, den ich aus Paris an Sie geschrieben!" „Sie sind meiner Tochter nicht begegnet?" „Gottlob, diese harte Stunde

des Landgerichtsraths v. Zachow zu übergeben. — Ich bin überzeugt," fügte er mit einem lauernden Augenaufschlag hinzu, „daß es nnr ein Spiel des Zufalls ist, daß auch Sie sich hier befinden?" „Ich sehe keine Gründe," antwortete Nikolaus, „warum Sie mich für diesen Zufall verantwortlich machen möchten." „Sie werden mich begreifen, Herr Nikolaus v. Potoky, wenn ich Ihnen sage, daß meine Tochter seit heute nacht spurlos aus dem Hause des Landgerichtsraths verschwunden ist. Sie hat ihre Eltern verlassen, denen

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Pagina 12 di 16
Data: 15.02.1903
Descrizione fisica: 16
vor Stolz und Unternehmungslust, sein Gesicht glänzte. Er feierte in diesem Augenblick einen Triumph, und wahrlich, Salm wird mit ihm zufrieden fein Als er sah, daß ihm Niko laus wirklich nachkam, sprang er mit feiner Reisetasche und seinem Plaid auf den Perron hinaus. Nikolaus folgte ihm, und wahrlich, es war hohe Zeit, Venn der Zug setzte sich bereits wieder in Bewegung. Hätte er rückwärts geblickt, dann würde er einen Herrn, der eine Art von Musterkoffer in der Hand hielt und darum

und selbst mit Brillanten behängt. Sie machte darum einen guten Ein druck auf den jungen Grafen, weil sie offenbar bestrebt war, sich dem Brezza gegenüber nicht für jugendlicher auszugeben, als sie war, trotzdem ihr auch das nicht übel gestanden hätte. „Frau Doktor Bogartz/ stellte jetzt Brezza dem Freund die Dame vor, nahm diesen am Arm und zog ihn heran. „Graf Nikolaus v. Potoky/ Ein paar höfliche Redensarten wurden nach dieser Vorstellung ge wechselt, und dann ging man den Perron entlang, nach der Abgangs treppe

zu. Die Frau Doktor war entzückt von der Erscheinung des Grafen und bewunderte immer dessen schlanke Gestalt und dessen männlich schönes Angesicht mit den dunkeln, sprechenden Augen, die der Sophia v. Zaliska so verhängnißvoll gewor den sind. Das war dem Nikolaus zuletzt peinlich, aber er konnte nichts dagegen thun. Brezza hatte seinen Arm nicht losgelassen, drückte ihn zuweilen dank bar und warf ihm öfter einen Blick zu, mit dem er diesen fragen wollte: nun, wie gefällt Ihnen diese Tante? Sie gefiel

nur diese beiden Pferde/ fuhr sie mit einem herzlichen Lächeln zu Nikolaus gewendet fort, „man muß sich in Berlin einschränken." Da Brezza in diesem Augen blick dem bocksteif dasitzenden Kutscher seine Reisetasche und den Plaid auf den Bock warf, so war ein Moment gekommen, in welchem Nikolaus mit der Tante allein vor dem Lan dauer stand. „Herr Graf," flüsterte sie diesem vertraulich zu, „es macht mich glücklich, daß Sie mich be ehren, mich, eine schlichte, bürger liche Frau. Sie können indessen überzeugt

sein, daß ich Ihnen das Leben in Berlin so an genehm wie möglich machet, werde." Nikolaus wollte gerade er klären, daß sein Verweilen in Berlin nur auf einige Stunden, höchstens auf einen Tag be rechnet sein könne, aber da hatte Brezza schon den Wagenschlag geöffnet und rief mit seiner frohsinnigen Laune, aus der eine gewisse Ungeduld sprach, „Berlin wird Ihnen gefallen, mein theurer Nikolaus, Paris bietet kaum mehr als unsere Kaiserstadt." „Der Herr Graf werden schon finden, daß es sich in Berlin leben läßt," antwortete

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Pagina 10 di 16
Data: 04.01.1903
Descrizione fisica: 16
ist nicht der Ort, an dem eine polnische Gräfin sparen und vernünftig wirthschasten kann," unterbrach Severin v.- Zaliska den Sprecher; „wer hätte eine Ahnung gehabt, daß alles so sehr verschuldet war. Die Wucherer schleichen im Dunkeln und plaudern nicht; indessen, mein bester Herr Stephan v. Glombecki, die Potoka ist todt, und von den Todten redet man nur Gutes." Der Graf ertheilte hier dem Jaszek einen Wink, davon zufahren, und dieser hob die Peitsche. „Am schwersten trifft das ihren einzigen Sohn Nikolaus

," versetzte Stephan v. Glombecki, und berührte damit den Punkt, der ihn überhaupt veranlaßt hatte, dem Grafen hierher zu folgen, „mich tröstet es, daß Graf Nikolaus v. Potoky in guten Händen ist." Unangenehm berührt fuhr Severin v. Zaliska auf. Eine Weile heftete er den scharfen, durchdringenden Blick auf den Greis, und sagte dann mit schneidender Härte: „Ich weiß, daß man davon spricht, daß Nikolaus v. Potoky in Beziehungen zu meiner Tochter Sophia stehen soll. Glauben Sie mir, Herr Stephan v. Glombecki

, daß ich davon nichts weiß und nie etwas davon wissen werde. Wahrhaftig, welch ein Thor müßte ich sein, wollte ich mein Kind und mein Vermögen dem letzten Sprossen einer Verschwender- faniilie anvertrauen. Hat Nikolaus v. Potoky erst die nöthigen Geldmittel in der Hand, dann folgt er den Spuren seiner Mutter, dem Zuge seiner Familie, der sicher in ihm schlummert. Noch einmal gesagt, es ist mir lästig, wenn meine Tochter auch nur entfernt in Beziehungen zu dem Sohne der Potoka gebracht

wird." Wie ein beleidigter Mann hatte Severin v. Zaliska gesprochen, und wandte sich nun mit dunkelrothem Gesicht von dem alten Herrn ab. Jaszek berührte mit der Peitsche die Ohren seines Pferdes, und fort jagte die Kalesche über den vernachlässigten Hof, der nicht minder die Spuren des Verfalls trug, als alle Wirthschaftsgebäude rings umher. Lange blickte der alte Edelberr dem Wagen nach, bis dieser längst seinen Blicken entschwunden, dann silüsterte er vor sich hin: „Armer Nikolaus, wer wird nun Dein Freund

Nikolaus auf ein paar Tage auf Potoky Einkehr gehalten. Die Herren ergingen sich in Betrachtungen über den enorm hohen Betrag, den der sonst so vorsichtige Fiskus für den Herrensitz bezahlen werde. Keiner von ihnen hätte sich träumen lassen, daß eines Tages Grund und Boden in Polen so hoch im Werthe stehen könnte. Da alle diese Herren Grundbesitzer waren, so sprach ein gewisser Stolz aus innen, und die Hypotheken, die auf ihren Liegenschaften lasteten, drückten sie weniger als zuvor. Mit keinem Worte

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Pagina 11 di 16
Data: 25.01.1903
Descrizione fisica: 16
, aber was thnt mau nicht wegen dem Geschäft. Auch werde ich mich hüten, ihn in seiner Knallhütte aufzusuchen, denn dort sitzt ja Nikolaus v. Potoky. Heimlich muß ich den Baron abfassen, wenn's sein muß, im Wald." Weil nun der Gymnasiallehrer nicht wiederkam, wie sie erwartete, wurde Rosalie ärgerlich, unb das hatte nun Salm zu büßen. Plötzlich zanksüchtig gewoiden, erhob sie sich und herrschte Salm an: „Sieh lieber zu, wie Du Dein Geld endlich aus dem schäbigen Bacon herausbringst, halte ihm die Wechsel

er in einer Kutsche und fährt hinaus ins polnische Land. Fünftes Kapitel. In der bekannten Hütte des Koswig, dem nunmehrigen Herrenhaus der Brezzas, saß Nikolaus feinem neuen und wohl einzigen Freunde in der Welt gegenüber an einem kläglichen Tische und lauschte mit sichtbarem Interesse den vorgetrogenen Lehren des schäbigen Elegants. „Alle Menschen sind nichts als Schachfiguren in den Händen des Geschickes," philosophirte Brezza, „man zieht, oder man wird gezogen, wird matt gemacht, oder geht aus Ziel als Sieger

nach unferm Witten zu tanzen." Ueber dos edle Gesicht des Nikolaus huschte es wie ein humoristischer Hauch Dann schweifte sein Blick durch den Raum nach dem Feuer hinüber, das auf deru echt polnischen Herde brannte. Ueber den glimmenden Holz stücken hing ein alter russischer Kessel an einer eisernen Kette. „Das sind ganz hübsche Redensarten, mein theurer Alexander v. Brezza," enkgegnete 'Nikolaus, „aber tut wirklichen Leben läßt sich damit gar nichts anfangen. Ich sehe nichts ein, als die Thalsache

, daß wir Beide uns in einer unhaltbaren Situation befinden, aus der wir uns herausarbeiten müssen." „Aber das meinte ich ja nur," bestätigte Brezza. „Und doch finde ich," fuhr Nikolaus fort und reichte dem Brezza die Hand über den Tisch hinüber, „meine Lage lange nicht mehr so trostlos, als damals in jener unvergeß lichen Stunde, in der meine Mutter starb. Dos macht, weil ich Sie gefunden habe, und es ist mir ein Trost und gewährt mir Genuß, daß uns die gleiche soziale Lage mit einander verbindet. Ich stehe

nicht mehr so allein dem Nichts gegenüber, sondern habe einen Kameraden gesunden." „Der mit Ihnen durch Dick und Dünn geht, Graf," versetzte Brezza und gerieth in Begeisterung, „später, wenn wir im Glücke sitzen, dann werden wir so manches Mal an diese Stunde zurückdenken, und das wird uns dann ein köstlicher Genuß senk." „Im Glück," echote Nikolaus und blickte schwermüthig vor sich hin, „glauben Sie wirklich, daß es etwas dergleichen giebt? Ich will Jl neu nicht den Glauben daran nehmen

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Pagina 11 di 16
Data: 11.01.1903
Descrizione fisica: 16
. Alles andere wird sich finden." Brezza nahm Nikolaus am Arme und wollte ihn durch den Ballsaal führen. „Kommen Sie mit, Graf," fuhr er fort, als Nikolaus zögerte, „Sie sind in einer Verfassung, in der ich Sie nicht allein lassen darf. Vielleicht lassen Sie sich meine Zu neigung, meine Freundschaft, meine Brüderlichkeit gefallen? — Alexander v. Brezza ist wirklich kein so übler Kerl, Sie müssen sich nur die Muhe nehmen, ihn näher kennenzu lernen. Es ist ein wahrer Jammer, daß Sie mit kaum neun Jahren nach Paris verpflanzt

wurden, wir hätten alsdann eine gemeinsam verbrachte, fröhliche polnische Jugend hinter uns, wären die innigsten Freunde geworden und könnten jetzt in öden, dürren Stunden, die nun das Leben einmal zeitigt, in Erinnerungen schwelgen. Nur in Polen giebt es eine Jugend, sonst nirgends in der Welt, darauf gebe ich Ihnen mein Wort!" Der Humor Brezzas, zu dem dessen abgetragener Rock allerdings eine ironische Illustration lieferte, begann schon wohlthuend auf Nikolaus einzuwirken. In Paris

, die Gräfin, hatte ihm bis jetzt alles sein müssen, seine Führeritt und — seine Sorge, und nun öffnete sich ihm da eine neue Welt in Gestalt eines Freundes, der da weiß, was es heißt, zu den Enterbten dieser Welt zu gehören und dabei von guter Familie zu sein. Nikolaus legte seine Scheu gegen Brezza ab und reichte ihm die Hand. „Vielleicht täuschen Sie sich in mir, mein theurer Brezza," redete er diesen an, „ich bin zwar ein Potoky von Geburt — der letzte seines Stammes, aber mir sind total die Mittel

versagt, diesen Graf Potoky der Welt gegenüber würdig zu repräsentiren." „Aber mein Theurer, das ist es ja, was mich zu Ihnen hinzieht," versetzte Brezza und schien die dargereichte Hand des Nikolaus nicht mehr loslassen zu wollen; wir begegnen uns auf einem öden Boden, auf dem kein Grün gedeihen will, folgen Sie nur mir, ich weiß schon, wo unsere Feigen und Datteln wachsen." Er zog den Grafen mit sich fort, wobei die helle Freude ihm aus den Augen lachte, weil er glaubte, sich endlich den Freund

erobert zu haben. Nikolaus folgte ihm, Hand in Hand, bis an den Haupt- eingang des Saales. „Herr v. Brezza," ,agte er. Halt machend, „Sie sagen, daß Sie sich in derselben Verfassung befinden wie ich, das ist mir indessen etwas unklar; Sie existiren doch, müssen also einen Beruf in der Heimath ergriffen haben?" „Sind das Ihre Pariser Ansichten von den Notwendig keiten des Daseins? — Werden Sie mich verstehen, Graf, wenn ich Ihnen sage, daß ich baronisire? — Schade, daß Sie nicht in Berlin gelebt

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Pagina 12 di 16
Data: 08.02.1903
Descrizione fisica: 16
rine Reisedecke mit Pelz besetzt und eine Busennadel mit :inem Brillanten. „Aber mein theurer Nikolaus, nein, wirklich, das konnte ich nicht vermuthen," haspelte Brezza hervor, „war daS für mich ein Schlag als mir der Oberkellner sagte, daß Sie abgereist seien. Ich konnte das wirklich nicht fassen, bis ich erfahren, daß der Herr Severin v. Zalisla bei Ihnen war. Der erste schlimme Streich ist das nicht, den oer Graf mir spielt!" „Da muß ich denn doch sehr bitten," versetzte Nikolaus kühl

Nikolaus und suchte dabei aus den Augen des Freundes herauszulesen, was Salm Korstel ihm etwa über die Verhältnisse seiner unglücklichen Mutter mitgetheilt haben könnte, „ich kann nur H^rrn Severin und seine Gemahlin Reguläre Truppen des Sultans von Marokko. umherstehenden Reisenden auf die beide« Herren aufmerksam wurden, so zog sich Nikolaus in eine leere Ecke des Warte saales zurück, und Brezza folgte ihm. „Aber habe ich denn etwas dergleichen sagen wollen," versetzte Brezza und fühlte wohl

, daß man Sie. mein theurer Nikolaus, im Verdacht beklagen. Daß ich trotz meines Versprechens plötzlich abreise, ist, offen gestanden, auf die Thatsache zurückzuführen, daß ich Sie in Gesellschaft eines Herrn gesehen, der wohl geeignet ist, uns zu entfremden." Brezza fühlte sich betroffen, aber gewandt wie ein Aal bäumte er sich auf. „Sie meinen Salm Korstel," platzte Brezza mit be- wunderungswerther Arglosigkeit heraus, „nein, diese Canaille, dieser Wucherer! — Uebrigens, das muß ich Ihnen erzählen. Denken

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Pagina 11 di 16
Data: 18.01.1903
Descrizione fisica: 16
sich vom Vater ab, ihre schönen Augen verschleierten sich, und so starrte sie in die Ferne- Und doch bestrebt, dem Vater das Weh im Herzen zu verbergen, sagte sie: „So ist also Potoky verloren." „Du sprichst von Potoky, denkst aber nur an Nikolaus," wollte ihr der Graf sagen, verschluckte aber die Worte und versetzte: „Wir müssen uns trösten, meine liebe Sophia. Wenn hier jemand eine Verantwortung zu tragen hätte, so wäre dies nur die verstorbene Gräfin v. Potoka. Aber das sind ja Dinge

, die nun einmal der Vergangenheit an gehören und die wir nicht verschuldet haben." Er wollte hier an ihr vorüber ins Herrenhaus schreiten, aber mit einer raschen Bewegung wandte sich Sophia nach ihm um, legte ihre weiße Hand auf seinen Pelzkragen und er- röthete über und über. ZlLas beginnt nun Nikolaus v. Potoky, Papa —?" Sie konnte den Blick des ernsten Mannes jetzt nicht ertragen und blickte zu Boden. Severin athmete schwer, denn erst jetzt sah er ein, daß die Neigung seiner Tochter zu Nikolaus größer

, ohne auch nur etwas für ihn thun zu können. Sie flüsterte das heimlich in sich hinein, weinte und wußte es nicht, bis sie aus die in ihren Schooß rinnen den Thränen aufmerksam wurde und hastig ihre Angen trocknete. Bon dem alten Herrn Stephan v. Glombecki hatte sie noch gestern erfahren, daß Nikolaus ans Paris gekommen sei und im Herrenhanse sich befinde. Sie hatte heimlich ge hofft, daß er einen Besuch im Herrenhause von Zaliska machen würde, aber sicherlich war das ja für ihn unmöglich, denn sein Schreiben aus Paris wurde

ihm nicht einmal er widert, und gerade in diesem Punkte begriff sie den über alles ge liebten Papa nicht. Gerade dieser Brief hatte eine wahre Begeisterung für Nikolaus in ihrem Herzen entfacht. So handelt ein Charakter, ein Ehrenmann, der nichts gemein hat mit dem bedenklichen Treiben seiner Mutter, deren Handlungen auch Sophia verurtheilen mußte. In dem Momente, in welchem der alte Glombecki ans sprach, daß Nikolaus v. Potoky jedenfalls vollständig ohne Mittel sei und es doch geboten erscheine, ihm die Hand

mit dem Entschluß das Hans verlassen hatte, Potoky zu einem annehmbaren Preise zu erwerben. Von diesem Ankauf hatte sie alles für Nikolaus er wartet, für sie bedeutete das die Rettung Potokys und die des jungen Grasen. Und jetzt war das stolze Anwesen dem Fiskus zugeschlagen, und auch für Nikolaus, das Opfer seiner Mutter, wie alle Welt meinte, das trostlose Schick sal besiegelt. Sie sah ihn jetzt vor dem Abgrnnd stehen, verurtheilt, darin zu versinken, und heiß stieg in ihr der Entschluß ans, die Einzige

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Pagina 11 di 16
Data: 15.02.1903
Descrizione fisica: 16
Sie ihn nur erst an die Krippe," brauste da der brave Salm auf. „dann wird er schon fressen. Reißt er aber aus, dann haben Sie die Kosten zu tragen, denn Ihnen habe ich den Grafen anvertraut!" Darüber dachte Brezza nach und erwog wieder und immer wieder, wie er den Freund in Berlin an die Krippe binden könnte. Wenn ihm das Geschäft gelingt, macht ihn Salm Korstel schuldenfrei und sorgt auch ihm für eine reiche Frau. Als der Zug an einer größeren Station hielt, öffnete sich Nikolaus das Coupe, um sich im nahen

Wartesaal an einem Glase Bier zu erfrischen. „Bleiben Sie, mein Theuerster," bat Brezza und sprang diensteifrig sofort hinaus, „ich lasse es mir nicht nehmen, für Erfrischungen zu sorgen." Ehe Nikolaus Einwendungen machen konnte, war der Freund schon über die Schienenstränge hinübergeschritten und strebte dem Perron zu. Bald kehrte er mit zwei Glas Münchner zurück. Nikolaus nahm sie ihm dankbar ab und Brezza benützte die Gelegenheit und ließ den Blick den langen Zug entlanggleiten. Wie klug

seine Vorsicht war, das sah er jetzt ein, denn ganz dort unten, aus einem Coupö dritter Klasse streckte Salm Korstel den Kopf heraus. Aergerlich über den unvorsichtigen Geschäftsmann, der doch ebenso leicht von Nikolaus gesehen werden konnte, sprang Brezza ins Coups und warf die Thüre hinter sich zu. Dann brauste der Schnellzug weiter, der Weltstadt Berlin entgegen. Durch den Trunk erfrischt, begann Brezza sein Erzähler talent glänzen zu lassen, und hatte die Freude, zu sehen, daß Nikolaus ihm jetzt voll

Jntereue zuhörte. Er erzählte von Berlin, aus seiner flotten Leutnantszeit. Dadurch wurde Nikolaus an seine eigene trostlose Jugendzeit zurückerinnert. Er beklagte es, daß für Brezza diese schöne, glänzende Zeit ein Quell' zum Versumpfen ward. Der Zug näherte sich Berlin. Brezza zeigte sich jetzt etwas erregt. Mit nervöser Hast oibuete er seine Reiseeffekten und blickte hin und wieder den Freund zweifelnd und fragend von der Seite an. Gewiß war der große Moment für ihn gekommen

, und nun soll es sich zeigen, ob sich Nikolaus von ihm verschleppen läßt, und ob er der Mann ist, die Erwartungen des Salm Korstel zu rechtfertigen. Er ließ das Coupefenster herunter und starrte hinaus. Das donnernde Geräusch des in die gewaltige Bahnhofs halle einlaufenden Zuges betäubte ihn fast, das Wogen und Brausen der Weltstadt schlug an sein Ohr. Eine feingekleidete Dame in mittlerem Alter, den Schleier etwas zurückgehoben, stand seitwärts von einer Gruppe von Leuten, die offenbar jemand erwarteten. Sie fixirte

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Pagina 12 di 16
Data: 18.01.1903
Descrizione fisica: 16
fjamt der Grund und Boden von Psioky. Ein Fußweg führte zwischen beiden Liegenschaften hinunter nach den Niederungen. Kaum hatte Sophia die Birken er reicht, als sie zwei junge Männer den Fußweg von Potoky her herunter gehen sah. Erschrocken blieb sie stehen und erkannte Nikolaus und den in der ganzen Umgegend verrufenen Herrn v. Brezza. Rasch zog sie sich hinter eine Birke zurück, etwa zwanzig Schritte vom Wege entfernt, und stand nun da, mit laut pochendem Herzen und einer tiefen Blässe

, sie hätte aufschreien mögen. Ob sie ihm entgegentreten sollte, um ihn aus den Händen dieses Menschen zu reißen, der für einen Nikolaus den Unter gang bedeuten mußte —? Brezza sprach viel, ja, er sprach ausschließlich ans Nikolaus ein, war in einer herrlichen Laune, aber sein Humor schien gar nicht auf Nikolaus zu wirken, der still und schweigend neben ihm herschritt. Dort unten in der Niederung, in der Region des sauren Grases, be fand sich die Hütte des verstorbenen Koswig. Grund und Boden

war zu werthlos, als daß ihn Brezza hätte veräußern können, denn sonst besäße er ihn längst nicht mehr. Und in diese Hütte führte er einen Nikolaus v. Potoky! — Er wird sinken, er wird untergehen ohne ihre rettende Hand. Entschlossen, ihm entgegenzutreten auf dieser abschüssigen Bahn, die ins Verderben führt, mag die Welt auch darüber sprechen was sie will, ent schlossen, den Mann vom Abgrunde zurückzureißen, den Mann, den sie mehr liebt, als sie fassen kann, will Sophia hinter dem Baum hervortreten

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Pagina 10 di 16
Data: 08.03.1903
Descrizione fisica: 16
, das ihn zum Leichtsinn verleitete, denn er bestellte sich noch ein Glas Melange. Hierbei gewann er einen Moment Zeit, sich klarzuwerden, wie er sich zu verhalten habe. Er hielt sich keinen Augenblick bei der Thatsache auf, daß Herr Severin sich umsonst aufgeregt und nach Berlin geeilt war, denn Nikolaus hatte nie im Traum daran gedacht, mit Sophia v. Zaliska in die We!t hinauszulaufen, sondern er erwog die Möglichkeit, daß Herr Severin von seiner Tochter doch noch gezwungen werden könnte, den Potoky

sich als Schwiegersohn heimzuholen. In diesem Falle standen seine Aktien gut, denn wenn die Dora nichts mit dem Grafen auf dem Berliner Heirathsmarkt machen kann, dann macht er das Geschäft selber mit Herrn Severin. „Der gnädige Herr wollen also den Nikolaus v. Potoky sprechen?" fragte Salm, nachdem er den Kellner mit seiner Bestellung algefertigt, „wenn Sie befehlen, kann das noch heute abend geschehen." „Sie wissen, wo er sich aufhält?" „Noch nicht, aber in einer halben Stunde werde ich es wissen

machen. Was ich zu thun habe, das weiß ich!" Der Bankier wagte keinen Widerspruch, verbeugte sich, rückte den Hut etwas weiter ins Genick und haftete dem Ausgang zu. Finster blickte ihm Herr Severin nach und rang mit dem Verdacht, daß der Geschäftsmann viel mehr über Nikolaus und seine Sophia wissen müsse, als er errathen kann. Nun stützte er schwermüthig den Kops in die Hand und starrte in den Cafshausnebel hinein. Und wieder flogen seine Pulse in unruhiger Hast, wieder sah er alles doppelt, und bald befand

am „Ich muß Nikolaus v. Potoky sprechen," rief er sie an, „und wenn er im Bette liegt, muß ich ihn sprechen." „Die Herren sind nicht da, sie sind eingeladen worden und befinden sich.in Gesellschaft. Ich dachte, sie wären es schon." „In welcher Gesellschaft, ich hole ihn!" „Jott, wie schwerfällig," spottete die Wittwe, „muß ich es denn sagen, auf der Brautschau." — Dreizehntes Kapitel. Aergerlich über sich selbst, daß er gegen Brezza allzu nachgiebig gewesen und nicht längst schon seine eigenen Wege

gewandelt war, saß Nikolaus v. Potoky hinter dem Tische im sogenannten Salon der Heirathsvermittlerin und wartete ungeduldig auf deren Erscheinen, um sich ein- für allemal zu verabschieden. Brezza, welcher einsah, daß mit dem Freunde nichts anzufangen war, saß in gedrückter Stimmung ibm gegenüber und beschäftigte sich mit der brennenden Frage, wie unter diesen Verhältnissen die Sacke endigen soll. Sein Humor versagte selbst und sein über alles sich hinwegsetzender Leichtsinn wurde flügellahm. Er dachte

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Pagina 12 di 16
Data: 04.01.1903
Descrizione fisica: 16
Stephan v. Glombecki trat auf den jungen Mann zu und legte väterlich seine Hand auf dessen Schulter. „Wenden Sie sich nicht von mir ab, Nikolaus, sondern sagen Sie mir, was ich für Sie thun kann? — Ich möchte wie ein Vater an Ihnen handeln. Sie sollen nicht ver lassen sein, betrachten Sie mich als Ihren väterlichen Freund." T ankbar leuchtete es in den Augen des jungen Mannes aus, und herzlich reichte er dem Greise die Hand. „Ich danke Ihnen, mein väterlicher Freund, aber Sie täuschen

sich, wenn Sie annehmcn, daß ich trostlos und hilflos sei. Jetzt, nach dem Ableben meiner Mutter, blicke ich sorglos, zum erstenmal sorglos seit dem Tode meines Vaters, in die Welt hinaus. Den Alp, welcher auf uns lastete, den Gläubiger, fürchte ich nicht mehr. In dem Augenblicke, wo man die Gräfin Potoka in die Grube senkte, Graf Nikolaus wandte sich hier ab und schien damit dem alten Herrn andeuten zu wollen, daß er sich nicht weiter über diesen Punkt verbreiten möchte. „Nach dem, was Sie mir anvertraut

, mein theurer Nikolaus, nehme ich die Ueberzeugung mit fort, daß Sie nicht untergeben und daß Sie stets Ihrem Nauien Ehre machen werden. Sollte aber die Zeit kommen, in der Sie eines väterlichen Freundes bedürfen, dann wenden Sie sich. an Ihren Stephan v. Glombecki." „Mein Wort darauf. Nie werde ich es Ihnen ver gessen, daß Sie der Einzige in meinem Vaterlande waren, der sich an diesem Tage daran erinnerte, daß die Gräfin Potoka noch einen Sohn besitzt. Nur bitte ich, schweigen

zu sein." „Ich werde kommen, wenn es mir möglich ist, aber nur dann," versetzte Nikolaus bestimmt. „Ich weiß nicht, ob ich morgen überhaupt noch in Polen bin. Ich bin zwar frei, aber frei wie der Vogel in der Lust, und folge wie dieser meinem Instinkt." „Gott schütze Sie, mein theurer Nikolaus v. Potoky, und vergessen Sie nie, daß im Herrenhause von Glombecki Ihre aufrichtigen Freunde wohnen." Der Greis verabschiedete sich nun herzlich und ging. (Fortsetzung folgt.)

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Pagina 9 di 16
Data: 29.03.1903
Descrizione fisica: 16
. „Es ist meine Ehrenpflicht und auch die Pflicht der Dank barkeit, Sie anfzusuchen, mein theurer Herr Nikolaus v. Potoky," begann Herr Severin mühsam und heftete fest den Blick aus den statt lichen jungen Herrn, der, vom Halbdunkel des Zimmers umflossen, mit bleichem Gesichte vor ihm stand, „jetzt erst wurde mir mit- getheilt, was Sie an mir gethan haben." „Was ich an Ihnen gethan habe, Herr Graf, würde ich an jedem anderen Nebenmenschen auch thun," gab Nikolaus zurück. „Davon bin ich überzeugt, aber das kann das Gefühl

der Dankbarkeit nicht abschwächen. In dessen, das ist ein Punkt, auf den sich zu anderer Stunde zurück kommen läßt, gestatten Sie, daß ich zur Sache komme — ?" Er ging bei diesen Worten ms Zimmer hinein und setzte sich auf denselben Stuhl, von dem sich der junge Potoky soeben erhoben. Nikolaus horchte auf. Zu welcher Sache will er kommen? Ha, das Almosen! „Der Zufall spielt in dieser Afsaire eine ganz merkwürdige Nolle und ich komme über die Bewunderung darüber nicht hinaus. Offen gestanden kam

storbener hinterlassen und der ich unter allen Umständen gerecht werden muß." Er machte eine Pause, und als Nikolaus nichts zu erwidern hatte, fuhr er fort: „Ich brauche Sie wohl nicht erst zu fragen, ob Ihnen Herr Graf Iwan v. Potoky, Excellenz, bekannt ist? Er ist der letzte Sprosse der russischen Linie Ihres Hauses. Auch werden Sie ja wissen, daß er Potoky den Händen des Fiskus entwunden und zu seinem Eigenthnm gemacht hat? Excellenz ist nun auf Potoky ge storben und hat Sie zu seinem Universalerben

eingesetzt, wie das ja auch seine Schuldigkeit, war." Der Graf hütete sich wohl, auch nur einen Hauch daron ver- lantbar werden zu lassen, welchen Einfluß seine Tochter Sophia auf den uralten Herrn ausgenbt und daß ohne sie der alte Haß nie mals beschworen worden wäre. Nikolaus aber stand da und war keines Wor es mächtig. „Als Rechtsnachfolger des Verstorbenen erwartet Sie eine ganze Reihe schwieriger Aufgaben, aber ich weiß, daß Sie der Mann sind, sie alle würdig zu lösen. Vor allen Dingen

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Pagina 10 di 16
Data: 22.03.1903
Descrizione fisica: 16
Damen nach, „nun braucht der Herr Professor ihn auch nicht mehr hinter verschlossenen Thüren zu halten." Doktor Hellzner — Professor nennt man ihn in der Klinik — der sonst nie zu dieser Stunde in seiner Anstalt weilt, ist heute aus sehr triftigen Gründen hier. Er wartet auf irgend eine Nachricht aus der Heimath seines Patienten, denn weder zu ihm, noch zu Nikolaus v. Potoky kann er rechtes Vertrauen fassen. Dazu kam noch, daß der junge angebliche Graf Potoky daraus bestand, daß es dem Kranken

zu ver schweigen. Daß Nikolaus als Sicherheit so lange hier verweilen wird, bis die Lage sich geklärt, dafür hat der Herr Doktor ausreichend gesorgt; seine Angestellten ließen ihn nicht aus den Augen. Man meldete ihm die Frau Gräfin v. Zaliska mit ihrer Tochter. Mit einem Male hatte sich da die Situation für ihn geklärt und sofort eilte er in den Salon, um dort die Danien zu empfangen. Ein Blick auf die Gräfin und ihre Tochter genügte, ihn zu überzeugen, daß Nikolaus v. Potoky kein Schwindler

war. Er begrüßte die Damen, und dabei war es ihm peinlich, gewisse Maßregeln gegen Nikolaus getroffen zu haben, die dieser in ihrem Endzweck nicht verkennen konnte. „Herr Doktor, was macht mein Gemahl?" fragte die Gräfin, „ich bitte, ich beschwöre Sie, mir die Wahrheit zu sagen. Ich bin stark, schonen Sie mich nicht." „Frau Gräfin können sich vollständig beruhigen," versicherte dieser, „der Herr Graf hatte einen leichten Schlaganfall mit Ohnmachtserscheinungen, aber durch rechtzeitiges Eingreifen

." Er hielt auf einmal inne und erwog, ob es nicht gerathen sei, Nikolaus v. Potoky herbeiznrufen, nur um diesen in eine etwas versöhnlichere Stimmung zu Verse, en. Diesen Gedanken ließ er aber sofort wieder fallen und fuhr weiter: „Der Herr Graf befand sich in einem Cafo in der Friedrich straße und muß wohl schon leidend gewesen sein, als er das Lokal besuchte. Er bekam dort einen Anfall, wurde besinnungslos und schon wollte man ihn nach der Unfall station und von da ins Spital bringen, als ein junger

mit Pillen und eine Flasche Medizin. Merkwürdig, nicht an Nikolaus v. Potoky, nicht an seine Tochter Sophia dachte der Graf in diesem Augenblick, sondern nur an seinen herrlichen Pelz, der auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist. Da erscheint der Arzt im Zimmer. „Herr Graf, wie befinden Sie sich," begann dieser ruhig, „Ihre Frau Gemahlin ist da," fügte er, den Patienten scharf beobachtend, hinzu, „bleiben Sie ganz ruhig und vermeiden Sie jede Aufregung. Die Frau Gräfin wird sofort hier erscheinen

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Pagina 10 di 18
Data: 10.12.1910
Descrizione fisica: 18
er sich von Eresburg nach Fulda zurückbringen, wo er im Jahre 779 starb. □ □ □ □ ----------- St. Wikotans. --------- Es war wieder einmal jene Zeit herange kommen, in welcher St. Nikolaus seine Erden reise zu unternehmen gedenkt. Da waren aber allerhand Vorbereitungen zu treffen. Vor allem setzte er sich hin und schrieb folgenden Brief: Sehr verehrtester Herr Luzifer! Da, wie Du weißt, die Zeit bereits nahe rückt, wo mein Amt mich veranlaßt, die Erden wanderung anzutreten, so möchte ich Dich gütigst ersuchen

, mir auch heuer wieder einen aus Deinem Reiche als Krampus zur Verfügung zu stellen. Sei also so gut und schicke mir, wenn möglich, den, der mich voriges Jahr begleitete, da er seine Sache so gut gemacht hat. Er möge Butte und Kette nicht vergessen, vielleicht auch etwas Pech mitnehmen vonwegen des höllischen Gestankes und mich dann zur rechten Zeit dort, wo der Weg zur Erde von der Himmelsstraße abzweigt, erwarten. Hochachtungsvollst St. Nikolaus. Unterdeffen machte man auf Erden, wohl in Kenntnis

von der gewaltigen Inanspruchnahme des St. Nikolaus, diesem sein Amt etwas leichter. Von der ganzen Birkengasse wurden die Ge- „Kennen Sie diese Kleiderd" fragte der Präsident und wies auf die blutbefleckte Weste des Ermordeten. Mit unbeschreiblichem Blicke des Schmerzes betrachtete sie El Osso, dann sagte er mit be bender Stimme: „Es ist die Weste, welche mein Sohn Fernando an jenem Tage trug, als er im Walde von Varillas ermordet wurde — von einem Manne, oem er und ich nur Gutes getan." „Wer ist dieser Mann

auf und vertagte die Verhandlung auf den nächsten Morgen. schenke und auch die Ruten beim Schneider meister Bitner zusammengetragen, von den be treffenden Ellern wohl mit Zettelchen versehen, um den heiligen Nikolaus die Untersuchung leichter zu machen. Hier, wurde den Kindern mitgeteilt, steige der heilige Nikolaus mit dem Krampus ans die Erde herab und da werde er dann die Prüfung und hierauf Belobung oder Bestrafung vornehmen. Am Abende jenes Vortages rückten nun die Kinder an, größtenteils Mädchen, sodaß

Kinder; meinst, er könnte es nicht vergessen hal^n?" „Schwerlich; er ist doch ein heiliger Mann und der weiß alles, was die Kinder tun." Die Zeit rückte immer mehr näher. Jedes Wagengerassel draußen vor dem Fenster machte die kleine Schar verstummen. Da, jetzt hört man schlürfende Tritte, ein sonderbares Gerassel, es treten ein: St. Nikolaus und sein Begleiter. Die Vorlauteren ziehen sich unterbrochen von den Fragen des heiligen Mannes, den unsicheren bebenden Antworten der Kleinen und dem zor nigen

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