Seite 2. Nr. 29. ^«e»ler So lksdote.' Mittwoch, den 14. Juli 1915. Dazu kommt nun noch das Aufbrausen und Losschlagen Serbiens gegen die italienischen Pläne. Tie Serben haben nicht Lust, sich schlachten zu las sen, damit der König von Italien groß werde. So weit neht nicht einmal die verwandtschaftliche Liebe der Montenegriner. Sie haben Italien ungeheuer gern, wenn es zahlt und ihnen Prinzessinen als Königinnen abnimmt. Wenn es aber Albanien ha. ben will, so greisen sie vor und nehmen
schleunigst Skutari und marschieren aus Alessio. Was soll nun die arme Königin von Italien machen? Soll sie's mit ihrem Manne und ihrem neuen Vaterland, oder mit ihrem Vater und ihrem Heimatland hal ten? Wenn sie das letztere tut. kommt sie in Gefahr, daß sie von den Italienern samt ihrem Manne fortgejagt wird. Tenn die Italiener haben sie als Königin nur begrüßt, weil sie durch die neue Ver wandtschaft eine Förderung ihrerValkanpolirik erhofften. Kann sie dazu nicht mehr dienen, so kann die Pekoreja
, und zwar sehr schwere. War die Kriegsbegeisterung überhaupt nie allgemein, so wird sie durch das Mißgeschick des Heeres nicht größer. Wie die Kriegserfahrung der letzten Monate gezeigt, sind zwar Revolutionen in der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht nicht leicht denkbar, wenn aber eine solche während des Krie ges überhaupt denkbar ist. dann wäre sie am ehe sten in Italien möglich, da wir uns eine italienische Regierung schwer vorstellen können, die imstande ist, die Verwaltung so zu gestalten, daß das ita lienische
Volk das wirtschaftliche Elend, das der Krieg für Italien naturnotwendig mit sich führen muß, n'chr in einer Wei'e 'ühlen wird, die dasselbe schließlich aus Rand und Band bringt. Man darf nie vergessen, Italiens Volk ist das beweglichste Eurovas, bald himmelhoch jauchzend, bald zu Tode betrübt. Ein weiterer Umstand darf nicht über sehen werden, daß Italiens Staatsmänner der ita lienischen Kriegsbegeffterung schon in vorhinein den schwersten Schlag versetzt haben, indem sie dem Volke zur Kenntnis
brachten, wie überaus groß von Seite Oesterreichs die Anerbietungen waren, um den Frieden zu erhalten. Oesterreich bot be kanntlich sogar mehr als Italien anfänglich ver langt hatte. Das Volk sieht also, daß die Negierung den Krieg rein um des Krieges willen führt. Daß das nicht gut wirkt, ist klar. Vergessen darf man nicht, daß es in Italien Parteien gibt, und zwar gerade unter den Arbeitern, die unentwegt fort fahren, all diese Dinge den Leuten fortwährend ins Gedacht,is zu rufen. Italien