¬Die¬ kirchliche Wandmalerei Bozens um 1400 : eine Untersuchung ihrer Grundlagen und ihres Entwickelungsganges
77 von Italien her, und wir somit das Deutsche in ihr als den natürlichen Kern betrachten müssen, der ihr Wesen in erster Linie bestimmt hat. Solche Parallelerscheinungen wie die Ma donna von St. Helena und der DeichsePsche Altar, oder die Krönung Mariä in Terlan und das Pirna,er Antependium haben das deutlich erwiesen, und uns ebenso ihre unabhängige Zu gehörigkeit zu der Kunst des Nordens wie ihre Unbefangenheit Italien gegenüber gezeigt. Nun aber, um 1400, treten in der Tat in der Bozener
Kunst Erscheinungen auf, die, wenn auch nur sehr allgemein, doch deutlich eine Einwirkung Italiens verspüren lassen. Frei lich bleibt der Kern auch hier .noch deutsch; die Künstler sind keineswegs zu Italienern geworden, in deren Werken nur noch schwache Beste der alten germanischen Tradition nachklängen; aber es ist doch etwas hinzugetreten, das wir in den älteren vergebens gesucht haben, und dieses zunächst schwer greifbare, mehr fühlbare, als sichtbar herauszulösende Etwas kommt eben aus Italien
. Während wir bei den älteren Fresken die italieni- sierenden Ornamente als Übernahmen aus zweiter oder dritter Hand ansahen, da die Bilder selbst in ihrem Charakter nichts Italienisches aufwiesen, so müssen wir nun, da das Italienische unverkennbar auch in die Darstellungen eingedrungen ist, an- nehmen, daß die Künstler nach Italien gewandert sind und dort direkte Anregungen empfangen haben. Dennoch hat dies auch jetzt nicht vermocht, den deutschen Charakter der Bozener Kunst zn verwischen und sie zu einer Töchterschule
Veronas oder Paduas umzuwandeln. Der Prozeß, den wir hier sich voll ziehen sehen, ist im Grunde nicht anders, als hundert Jahre darauf im ganzen Norden, als die Renaissance die deutschen Maler nach Italien lockte und ihnen dort bedeutsame Lehren gab; aber darum blieb die Kunst immer deutsch. Der erste Zyklus, an dem wir diese Veränderungen spüren, befindet sich an den Gewölbeflächen von St. Johann im Dorfe 1 ) 0 Mittlgn. d, C. C. II S. 59 u. 19 S. 226 (m. Abbldgn), Schmölzer a. a. 0. 8. 26 ff-, Riehl