Jahrg. XV. „Tiroler Volksboke.' Seile 3. „Lieber Florian! Vor allem wünsch' ich dir ein recht glück seliges, neues Jahr. Lauter Freude und Segen möge das neue Jahr dir bringen und ich will den lieben Herrgott bitten, daß er mich ein bißchen mithelfen läßt, dir das neue Jahr glücklich zu machen. — Gelt, jetzt bin ich mit dem Neujahrwünschen dir wohl vorgekommen? — Zu schenken Hab' ich nichts als dieses Bildl. — Schau's nur ein bißchen an. Es stellt keinen Engel vor, aber auch kein Ganggerle
, sondern ein eigenwilliges Ding, das seinen Kopf und sein Herz alleweil bei einem neuen Bauer hat, der ihm einst geholfen, den Korb auf die Alm zu tragen. — Wenn du für das Bildl das köpfete Ding selber haben willst, so weißt schon, wo du nachfragen mußt. Vielleicht verliert's nach und nach ganz seinen eigenwilligen Kopf und tut g'rad' alles dir zu Wunsch und Willen. — Lieber Florian, ich bin jetzt mit der Kamperbänrin, dem Nannele, und mit dem Stradegger- vater in St. Peter auf Besuch beim Herrn Josef. Alle lassen
das Gesicht des Florian, als er den Brief zu Ende gelesen hatte. — Den amtlichen Hypothekenausweis entfaltete er gar nicht, sondern schob ihn wie etwas Neben sächliches beiseite; dafür begann er den Brief des Mariele noch einmal zu lesen und im währenden Lesen sagte er öfters: „O mein liebes Mariele — du gutes, treues Herz!' Bevor er das Schreiben zusammenialtete, küßte er noch die teuren Schriftzüge, dann nahm er wieder das Porträt des Mädchens zur Hand uud wurde nicht müde, dasselbe immerfort
sich richten, sie müßten auf den Königenmarkt nach Eisenbach fahren. Das henrige Futter wäre viel zu wenig für die Menge Vieh und er wolle die fleckete Kuh samt den beiden Jährlingen noch verkaufen. Der Groß^ knecht riß die Augen weit auf und stand ganz überrascht. Das war ja vollständig gegen die früheren Absichten und die so sicheren Berechnungen des Florian vor dem Winter! Der Florian ließ ihm aber nicht Zeit, sich zu äußern, indem er kurz erklärte, es sei so sein Wille. Am frühen Vormittag fuhren
die beiden schon mit dem Vieh talaus. Der Florian brauchte mit seinem Marktvieh aber nicht bis Eisenbach zu fahren. Der Wirt von Friedlach, dem die Rinder außerordentlich gefielen, bot dem Florian, als dieser am Wirts hause ankehrte, gleich 300 Gulden. Nach kurzem Handeln wurde man auf 320 fl. einig. Der Wirt zahlte den Kaufpreis bar aus. Nachdem der Florian dem Großknecht zwei Gulden Trink geld gegeben hatte, schickte er diesen nach Hanse, er selbst aber reiste unverzüglich nach Innsbruck