er am Leben ge blieben, hätte Alfred ihm Hilde als Tochter zugeführt. Und warum soll sie, weil sie mich liebt, dazu verurteilt sein, lebensläng lich die Schuld des Bruders zu hüben, da er selbst sie schon durch seinen jähen schrecklichen Tod gesühnt 'hat?' Daß die furchtbare Tat einen Schatten, einen falten, finsteren Schatten auf fein Glück warf, verhehlte ex sich nicht: aber er hoffte auch, daß die Zeit, die allversöhnende und ausgleichende, die dunklen Wolken vertreiben, und das Glück
, als die Tür sich leise wieder austat und Hilde hereinkam. Sie war ganz schwarz gekleidet, wodurch ihr blasses, schmales Gesicht noch bleicher und leidender aussah. Der Mund war wie in nagendem Schmerze leicht ver zogen, und tiefe blaue Schallen lagen unter den traurigen, sonst so mutwillig sprühenden Blauaugcn. Ihre feine Gestalt erschien grö ßer und schlanker geworden, als sie scheu uiw stumm, mit niedergeschlagenen Lidern, im Türrahmen stehen blieb. „Alfred,' hauchte sie kaum vernehmbar
, nehmen, mußte sie sie nicht zurück-, weit, weit von sich stoßen, damit er, den sie, liebte von ganzem Herzen und über alles, vor weite rem Unheil, als ihm bereits von den Ihrigen zugefügt worden war, bewahrt blieb? Alfred enthob sie der Antwort auf ihre auälenden, zweifelnden Fragen, die ihre Brus: erfüllten, indem er aufstand und sich zu ihr herniederbengte. „Ich muß jetzt gehen, Geliebte,' sagte er leise. Sie schrak zusammen. „Fort?' wiedreholte sie fast mechanisch, „wohin?' „Der Tote wartet
. Alfred verbeugte sich tief und zog di kleine Hand, die Tante Engenie ihm reichk an die Lippen. „Was bringen Sie Uns heute für Nach richten, Herr Hackenberg? Was ist's un Erwin? Hat seine Unschuld sich heraus gestellt?' fragte sie in rascher Folge. „Erwin ist tot, Tante,' rief Hilde auf schluchzend an Alfreds Stelle. „Tot? — So war er doch fAtldig? C- hat sich das Leben genommen?' rief sie ei schüttert und sank in einen Stuhl. „Er ist schuldig. Aber er büßte sein Leben auf der Flucht, beim
Ueberschveiten der Grenze ein,' antwortete Alfred ernst. Das Taschentuch an,die Augen führend, schwieg die alte Dame längere Zeit. Dann erhob sie sich plötzlich, und, zu Hilde tre tend, küßte sie sie sanst auf die weiße Stirn. Mit leiser schmeichelnder Hand hlhr sie über das schöne^ glänzende Haar des weinenden Mädchens und flüsterte: „Sei ruhig, Kind, weine nicht. Danken wir Gott, der es in seiner Weisheit und Gerechtigkeit so gefügt l>at. — Wann kehren Sie nach Lindigl>eim zurück?' wandte sie sich fragend