¬Der¬ Kunstfreund ; N.F., 18 - 21. 1902 - 1905
Pagina 216 di 594
Autore:
Verein für Kirchenkunst und Kunstgewerbe in Tirol und Vorarlberg
Luogo:
Innsbruck
Editore:
Verein für Kirchenkunst und Gewerbe in Tirol und Vorarlberg
Descrizione fisica:
Getr. Zählung
Lingua:
Deutsch
Commenti:
Abschlussaufnahme von: 1902,1-12 ; 1903,1-12 ; 1904,1-12 ; 1905,1-12
In Fraktur
Soggetto:
g.Tirol;s.Christliche Kunst;f.Zeitschrift
g.Vorarlberg;s.Christliche Kunst;f.Zeitschrift
Segnatura:
III Z 294/N.F.,18-21(1902-05)
ID interno:
483812
, mit dem eisernen, unverdrossenen Fleiß eines echten, guten Deutschen; aber er faßt die Natur hausbacken auf; das tiefere anatomische Verständnis geht ihm erst langsam auf, es fehlt ihm vor allem des Italieners seines ästhetisches Gefühl; wo der Italiener groß und frei erscheint, da wirkt er derb, oft gezwungen, bis ans Abstoßende. Er ist ein Ringender, ein Ringender, der Großes anstrebt und es keck und zäh anstrebt; aber zu einem ganz Abgeklärten, sehen wir ihn selbst in seinem schönsten Bild
, der Dreifaltigkeit mit St. Johannes Ev. und St. Antonius Crem., noch nicht geworden. Selbst auf diesem Bilde, dem man Größe und Feierlichkeit nicht absprechen kann, das in Gott Vater und Antonias scharf geprägte, ja schöne, männ liche Amlitze als Probe für das Können und den Ernst des Meisters aufweist, fällt daH Harte, Gezwungene, zu Absichtliche der perspektivischen Verkürzungen auf. In anatomischer Hinsicht dürfte es besser sein, als das andere eigenhändige Bild Friedrich Pachers, die „Taufe Jesu', deren
Pacher am letzten gelingt, sind weibliche, überhaupt zarte und jugendliche Gestalten; dafür scheint er zu grobkörnig gewesen zu fein. Vielleicht ist die Derbheit, der Mangel an Anmut in dem Martyrium der heiligen Katharina auch ein wenig auf Rechnung seiner Ge hilfen zu setzen, wenn nämlich das Bild als Erzeugnis seiner Werkstatt (wie die Notiz in den als Festgabe erschienenen Kunstblättern besagt) nicht ganz sein eigenes Werk ist. Immerhin wird es seinen Stempel tragen. Das „Martyrium der heiligen
Barbaras von dem der Katalog nicht erörtert, ob es ein eigenhändiges Bild Pachers oder ein Werkstatt bild ist, wirkt eher noch derber. Der wuchtig, aber ein wenig ungeschickt ausholende Henker hat trotz aller Ungeschlachtheit etwas von mantegnesker Kühnheit. Die rotwangige Barbara aber, mit der etwas aufgestülpten Nase und den schwulstigen Lippen verrät alles eher als Klassizität, und wenn Friedrich Pacher je ein weibliches Modell benützt hat, so war er entweder sehr unglücklich in seiner Wahl
oder seine Bilder würden ein nicht eben schmeichel haftes Urteil über das schöne Geschlecht seiner Umgebuug fällen lassen. In dieser Hinsicht ist sein Bruder Michael, der sonst manches mit ihm gemein hat, sein Antipode. Nur ein einziges Bild dieses Meisters fand sich auf der Ausstellung; es gab keinen umfassenden Begriff von seiner Eigenart und seiner Vielseitigkeit; wohl aber zeigte es den Meister von seiner lieblichsten Seite, eben von jener, worin er gegen seinen derberen Bruder am meisten kontrasiert