Si» Wirklich glaubte man in Frankreich den Zeitpunct gekommen, den alten Rivalen Oesterreich in Europa zu stürzen und sich von dem gefürchteten Nachbar in den Riederlanden befreien zu können. Aber so groß die Macht Frankreichs war, es fehlten die Kräfte sie zu verwenden. Die Schule seiner großen Staatsmänner und Feldherren war ausgestorben. Am Hofe Ludwig's XV. entschieden besonders seit 1737 weniger die Principien der Regierung als die Stimmen der Hofparteien, wo bald die Kriegspartei
die Oberhand gewinnen sollte. Frankreich hatte die Garantie für die pragmatische Sanction und damit für die Monarchie Oesterreich im Wiener Frieden 1735—38 übernommen. Ludwig XV. hatte dem Fürsten Liechtenstein, welcher den Tod des Kaisers anzeigte, geantwortet, daß Frankreich alle seine Verpflichtungen erfüllen werde 'A, auch Floury hatte ähnliche Versicherungen gegeben Aber man hatte in Oesterreich nie getraut. Der österreichische Gesandte in Paris, Ba ron Wasner, ein Diplomat aus Prinz Eugens Schule
, warnte immer auf der Hut zu sein; er berichtete, daß Frankreich trotz aller Friedens- verstcherungen andere Pläne verfolge. Cardinal Fleury hatte, als die erste Kunde von der ernstlichen Erkrankung Karl's VI. in Paris an langte, dem Gesandten Friedrichs II. im Vertrauen gesagt: „Ja im letz ten Friedens tractate sind wir der pragmatischen Sanction beigetreten, doch mit der Klausel, unbeschadet der Rechte eines Dritten.' Der andere bemerkte, daß diese Klausel den Vertrag vernichte. „Aber das versteht
fich von selbst,' fügte der Cardinal hiuzu. Uud später klagte Amelot, der Minister des Auswärtigen, der österreichische Hof habe den von Versailles getäuscht, indem er ihn glauben machte, daß die pragmatische Sanction Niemand zu nahe trete, während jetzt jeder Ansprüche mache Man gab sich m- Wien, was Frankreich anbelangte, keinen Täuschungen hin; die Bourbons waren den Lothringen immer grain; nun war Loth ringen in Oesterreich; der jüngere Zweig sollte dem älteren an Rang und Ansehen