Von der Rainkirche aus kommen wir morgenwärts auch in die Oberstadt. Die Häuser bis dorthin sind ebenso glücklich in ihrem Vergessensein, sie kennen keine Eitelkeiten, sondern haben Fenster und Türen, wo solche hingehören, und Ballone, auf denen man noch in Hemdärmeln einen Sommerabend sitzen und in die Luft schauen kann. Da sind die Huter und Schneider, die Bäcker und Kappenstricker, die vornhinaus gegen die Stadtgasse einen kleinen Geschäftsladen hatten und rückwärts klopften, buken
, die Nadel zogen und das bißchen Sonne aufsuchten, das ihnen vergönnt war. Denn hier ist es recht schattenfeucht und die Sommertage sind kurz, in denen die Sonne auch an diesen Fenstern zu Gaste sitzt. Mitten darunter steht ein ganz kleines Häuschen mit kaum mehr als einem Fenster und einem einzigen Gemach, und das war die Wohnung der gefürchteten Katzenmoidl und ihrer Katzen. Hier kochte sie und bratete weiß der Himmel was, spann und strickte, saß Tage, Wochen, ja wohl ihr Leben lang am Fenster
und maulte göttlich über alles, was da draußen vorging, maulte über Kinder und Hennen, über Schürzen und Jungfrauen und maulte viel leicht auch über sich selbst, wenn sich sonst ihren grauen Augen und ihren großen Eckzähnen im leeren Munde einmal nichts zeigen wollte. Das hatte die Stadtjugend bald heraus, und es gab nun Vengel genug, die unter ihrem Fenster die Füße aus einanderspreizten und hinauf riefen: „Moidl, was machst heute für ein Wetter!' Da fuhr freilich ein ganzes Hagelwetter mit Blitz
und Donner aus dem Fenster heraus, begleitet von zwei Fäusten voller Knochen, die ohnmächtig in die Luft hinausgriffen, während sich die Schlingel im Grase wälzten vor Lachen. Die Moidl lebt lange nicht mehr, aber ihr Häuschen steht noch, und weiß mit der Zeit nichts mehr anzufangen und wohl auch mit sich selbst nichts mehr, seit die Moidl drinnen nicht mehr keift und ihre Segenssprüche in alle Winde tut. Hier lebte auch eine andere seltsame, aber ganz schweigsame und fast geisterhafte Person, die alte
Frau Seeböck. Für uns war schon das Haus geisterhaft genug und jedenfalls uraltertümlich, das Haus, in dem niemals ein Fenster aufging und nie sich ein Gesicht zeigte, und in dem alles so leer, tot, öde wie in einem