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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 296 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
rechten Momente drein und fuhr sie zornig an: „Du hast nichts zu verschenken! Auf die Abbitte verzichte ich nicht!' „Aber zu was brauchst sie denn?' fragte da der Florian. „Das will ich dir gleich erklären,' brummte der alte Hechen- Plaickner, „wenn du's nicht selber verstehst. Du hast meiner Tochter — ist so ein braves Mädel — einen Schimpf angetan und der muß über dich kommen. Der Lorenz hat dich auf dem Markte erstechen wollen, aber das ginge ans Zuchthaus und wäre nichts für meine weißen

Haare. Die, die's verstehen, behaupten, man kann dir nicht weiter zu, als bis zur Abbitte. Ist ein rechter Bettel! Aber her schenken können wir sie nicht!' «Ja, ja, Hechenplaickner.' sagte da der Florian, so bieder und gemütlich, wie er's nur aufbringen konnte, „hast wohl recht — ist ein rechter Bettel! Aber für dich iffs zu wenig und für mich ist's zu viel. Ich bin's nicht schuldig und tu's auch nicht. Aber es gibt ja noch einen anderen Weg —' Die Rosi schlug hier die Augen auf und schaute

ihn erwartungs voll an. Der Landrichter aber sagte: „Ja, ja, Florian! das ist ein guter Wink; sprich dich nur deut licher aus!' Wogegen der alte Hechenplaickner: „Nein, nein, ich will keine Winke und keine Winkelzüge; ich bleib' auf meiner Klag'.' Hierauf der Florian ebenso bieder und gemütlich wie zuvor: „Schau, Bater, es hilft dir ja nichts! Es fehlt ja die Abficht. Oder, Rosi, meinst du, ich hab's mit Fleiß getan?' Die Rosi nahm bei dieser Gewissensfrage, von der ja alles ab-- hing, ihre ganze Kraft

zusammen, sah den Florian ernsthaft aber milde an und antwortete ebenso ruhig als bestimmt: „Nein, Florian, das trau' ich dir nicht zu. Ich kenn' dich nicht, aber ich weiß, du bist ein feiner Bursch.' Der Bater warf einen düstern Blick auf seine Tochter. Ihm wäre viel lieber gewesen, wenn sie's ihm zugetraut hätte. Der Florian aber konnte aus jenen Worten, wie man jetzt sagt,

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 312 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
„Ja, mài Ihr, es geht gut?' fragte Frau Hechenplaickner in angstlicher Freude. Die Antwort kam von der Gasse herauf als ein schallender Juh- fchrei, mit welchem der Florian seiner Mutter verkündete, daß die Rosi seine Braut sei. Sie gingen ans Fenster und grüßten mit beiden Händen hin unter: „Hast den Doktor gehört?' fragte Frau Euphrosyne lachend die Wirtin von der Sewi, die in seligem Erstaunen sich kaum mehr ver wußte. Im nächsten Augenblicke aber waren sie um den Tisch im Erker vereinigt

und da feierten der Florian und die Rosi bei fröhlichen! Becherklang ihre Verlobung, und die Eltern hatten die größte Freude darob, daß sie diesen Tag noch erlebt. Nur der alte Weitenmoser konnte leider nicht dabei sein, aber der junge Lorenz wurde gleich geholt und schloß mit dein Florian ewige Freundschaft. Und nachdem etliche Stunden in hoher Fröhlichkeit vergangen waren, stand der Florian auf und führte ihnen zu Gemute, daß morgen Mariä Himmelfahrt, der große Frauentag sei, auf den sich alle Kräuter

freuen und die Blumen allzumal blühen da im schönsten Glanz. Also sollten auch sie sich freuen und die herzlieben Leute von der Sewi, Eltern und Kinder, sollten alle morgen in sein väterliches Haus nach Langkamp fen kommen und sich dort zum festlichen Mahle setzen. Und am andern Tage, an Maria Himmelfahrt, saßen Bater Hechenplaickner und seine Frau und alle seine Kinder mit dem Florian und feiner Mutter beim festlichen Mahle zu Langkampfeu. Und als dies zu Ende ging, begann sich die Halle

mit mancherlei Gönnern und Freunden zu füllen, die der Florian am vorigen Abend höflichst eingeladen hatte. Da erschien der Herr Landrichter mit feiner Gemahlin, der Herr Bürgermeister, der Seifensieder, der Bürstenbinder und der Nagelschmied von der Stadt, der Herr Pfarrer und der Herr Kaplan von Langkampfen, sowie der Valentin Hinter- bichler von Walchsee, der's gestern noch in Kufstein gehört hatte und

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 289 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
ein Rößlein eingespannt, und Herr Florian Weiienmoser stieg feier täglich aufgeputzt in das Wägelein, um gleichfalls in die Stadt zu fahren. Die Mutter, welche er beim Frühstück von dem neuen Stand der Sache unterrichtet hatte, war mit der letzten Wendung sehr zu frieden. Sie ineinte in Übereinstimmung mit ihrem Sohne, jetzt müsse die traurige Geschichte doch bald jenes glückliche Ende nehmen, auf das sie sich so freue. „Und wenn du mir,' sagte sie fröhlichen Mutes, „nicht als Hoch zeiter

heimkommst, so schlag ich dir die Haustür vor der Nase zu!' So fuhr denn der Florian in Langkampfen ab, ungefähr Zur selben Zeit, wie der alte Hechenplaickner in der Sewi, denn die Ent fernung ist zwar etwas kürzer, jedoch der Weg auch etwas schlechter. Als aber der Florian damals über die Kufsteiner Brücke fuhr, stand einer da, der auf ihn wartete. Dieser trat näher und fragte: „Wo kehrst denn ein, Florian? Ich stehe schon seit einer Stunde auf der Brücke, damit du nur ja nicht auskommst.' „Wie weißt

denn du, daß ich heut um neun Uhr über die Brücke fahre?' „Nu, heut ist ja die Verhandlung — das wissen wir in Walchsee so gut wie du — das weiß man ja überall. Ich denk' schon lang an dich, Florian! ich war so gern nach Langkampfen gegangen, aber du bist ja im Bayern draußen gewesen.' Florian bestellte ihn zum Auracher Bräu, und als dort aus gespannt, das Pferd versorgt und er die Treppe hinaufgeschritten war, kam ihm der Valentin Hinter bichler schon entgegen. „Ich Hab dir nur sagen

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 238 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
— 225 V. In jenen Zeiten trafen der Florian und der Valentin Hinter- b ichler auf dem Markt zu Kufstein zusammen. Sie waren sehr froh, sich wieder einmal zu sehen, begrüßten sich freundlich und setzten sich in den Schatten des Hirschengartens, um eine Halbe Wein zu trinken. Sie waren allein an ihrem Tische, was beiden sehr angenehm schien, denn es drängte sie — den einen wie den andern — die Lage einmal offen zu besprechen. Der Valentin begann: „Du, Florian, jetzt reden sie ja gar

nichts anderes mehr, als von dir und von der Rosi.' „Was mir recht zuwider ist,' unterbrach der Florian. „Hab' mir's selber denkt, und letztesmal in der blauen Traube haben sie mich so falsch gemacht, daß ich in den Tisch hineingeschlagen Hab'. Der Florian, Hab' ich gesagt, hat die Rosi noch gar nie gesehn und sie nicht ihn.' „Hast recht gehabt, Valentin!' schaltete der Florian mit beifäl ligem Nicken ein; „ich Hütt' auch nichts anders sagen können.' „Aber anschauen sollst sie doch einmal.' „Zieht

mich nicht recht hinüber in die Sewi —' „Nu, sauber ist sie schon?' „Das sind andre auch.' „Und reich —' „Ah reich? 's sind sieben Kinder; was wird sie kriegen? Bielleicht so sechs--, vielleicht siebentausend Gulden. Ich bin nicht in der Not.' „Und sonst war' sie auch ganz recht für dich, weil sie gerad so einen — Streich hat.' „Nu,' sagte der Florian lachend, „ich Hab' an dem memigen schon genug.' „Ein' andre wird dir doch nicht taugen —' „Ich hätt' eigentlich nichts gegen das Mädel, aber es gefällt mir halt

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 290 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
dem Florian, hänge jetzt alles ab; aber alle, die es gut mit ihnen meinten, sähen den einzigen Ausweg aus diesen Verwickelungen in einer fröhlichen Hochzeit. Damals erzählte der Valentin, wie sich von selbst versteht, auch das ganze Zwiegespräch, das er mit der Rosi im Garten gepflogen, und wie fein, fein, fein sie gewesen. Nicht ein schlimmes Wörtlein habe sie trotz ihrer Aufregung über den Florian herausgebracht, vielmehr immer durchblicken lassen, wie sehr er ihr am Herzen liege

. Zu allerletzt nur habe sie im tiefsten Schmerze geklagt, wie abscheulich man in Langkampfen droben mit einem armen Mädel umgehe, und diese Worte könne er ihr auch nicht übel nehmen. Ihre Verteidigung habe sie vortrefflich geführt; er habe, wie der Florian ja wisse, schon vorher nichts auf das Geschwätz gehalten und jetzt glaube er wahr haftig gar nicht mehr daran. Von allen Seiten höre man nur Gutes über das schwer betroffene Mädchen; sie sei noch immer der Liebling der ganzen Gegend. Alles nehme Teil

an ihr und alles wünsche ihr Glück und Segen. Diese Mitteilungen, die allerdings uns nichts neues bieten, kamen dem Florian doch sehr gelegen. Er lauschte voll inniger Freude, als ihm der Valentin die Unterredung, in der das Mädchen so „fein' gewesen, in so sympathischer Darstellung berichtete. In seinen Augen bedurfte die schöne Rosi zwar keiner Reinigung mehr, aber die Art und Weise, wie der Valentin von ihr sprach, war ihm doch ein Labsal. Deswegen war der Florian auch sehr nachsichtig mit seinem Jugendfreund. Wer

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 286 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
lang nicht mehr hinaufgekommen — schöne Stadt, dies Innsbruck — weißt nicht, wo du hinschauen sollst vor lauter Schönheit.' „Am liebsten Hab' ich die schönen Mädeln angeschaut.' „Ja, du schon ! Und nachher sind wir hinauf zum heiligen Wasser; Prächtiges Wasser, aber 's ist gar so weit hinauf und da Hab ich den Wein doch lieber getrunken.' „Ganz einverstanden, Frau Wirtin!' sagte Florian. „Und da sind wir noch zwei oder drei Tage in Innsbruck ge blieben, sind nach Amras und auf die Martinswand

und nachher herunter ins Zillertal nach Fügen. Haben die Rainer singen hören zu der Zither; ja, da meinst schon, die Engel singen und die heilige Cäcilie spielt's Klavier dazu.' „Ja, wenn sie eins hat!' sagte Florian. „Hat der Hansel den dritten Affen gehabt. Und so sind wir wieder heimgekommen und ist die Zeit vorbei gewesen wie ein Augenblick und alles sehr schön, recht fein und ganz-nobel!' „Prächtig !' rief Florian und klatschte Beifall spendend in die Hände. „Nu, jetzt hast du die Welt gesehen

, Mutter, jetzt kannst dich zur Ruhe setzen und deine Reisebeschreibung herausgebe?:. Kannst heut noch 's erste Kapitel anfangen!' „Ja, solltest halt weniger Strumpf' zerreißen, daß ich nicht alle weil flicken müßte!' versetzte die Mutter ebenso munter. Indessen fuhr sie doch gleich in einem, andern Tone fort: „Aber jetzt dürfen wir schon ernsthafter reden. Wie ist's denn nachher dir gegangen, Florian?' Mit dieser Frage trat allerdings ein fühlbarer Ernst in die Unter haltung. „Nu,' sagte Florian

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 301 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
, nicht ungerne, wie es bei Gericht gegangen. „Ach,' sagte sie, „wie ich in das Haus getreten bin, ja wenn sich der Boden aufgetan hätte, ich wäre hineingesprungen^ Ja, Mutter! so Hab'' ich mir noch nicht geforchten auf dieser Welt., Ich Hab' gemeint, da steht alles voller Lem' und die lachen alle über mich und der Florian kommt mit seinen Langkampfener Burschen — ich versteh'' ja nichts von solchen Sachen — und alle reden wider mich recht übel und recht bös und der Florian wird recht feindselig und der Vater

wird recht tückisch und zuletzt, habe ich mir denkt, tut der Florian mir ein Leid an.' „O du armes Kind!' seufzte die Mutter, „du phantasierst ja noch!' „Es ist aber alles anders gegangen; der Florian ist recht freund lich gewesen und hat deutlich gesagt, er will nicht abbitten, aber es gäbe ja noch einen andern Weg; nur der Vater ist so zornig und so hartnäckig und will die Abbitte nicht herschenken. Und so ist aus der ganzen Verhandlung nichts geworden und wir sind wieder berufen, auf heut acht Tage

und da soll ich allein kommen.' „Und fürchtest dir nimmer?' „O nein,' sagte sie lächelnd, „vielleicht geht alles gut. Ich mein', der Florian hat keinen Zorn auf mich. Einmal hat er gesagt: die liebe Rosi „So,' rief die Mutter fröhlich, „das bedeutet was!' ..Nein, das bedeutet nichts,' versetzte die Tochter. „So lang er so denkt, wie der Valentin sagt' Sie ließ die Mutter das übrige errateli, bat aber bald, sie die

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 288 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
„Ich weiß 'S schon, seitdem ich sie gesehen Hab'!' „Und nach allem, was ich hör', sagen ihr die rechtschaffenen Leut nicht das mindeste nach und darum sag ich: Geh, Heirat f, Florian, Heirat s ! Jetzt hat sie einmal den Schimpf; ein andrer stoßt sich dran; der, der's tan hat, braucht ihn nicht zu scheuen.' „Darfst nur nicht zureden, Mutter! Ich denk' an nichts andres.' „Und mit ihrem Schimpf vergeht auch der deinige. Jetzt ist die arnie Haut so tief herunten, daß sie jede Mstdirn auslacht

, und du kannst sie wieder heben auf die höchste Höhe. Und das mußt du tun, Florian!' Da erhob sich die stattliche Frau um zu gehen und reichte ihm in mütterlicher Würde noch die Hand. Er drückte einen warmen Kuß darauf, was zwar unter Bauernleuten sonst nicht vorkommt, aber vielleicht für diefesmal durch seine „halbgebildete' Aufregung entschul digt werdeu kann. Als aber die Mutter schlafen gegangen, kam die Leni, die Kellnerin, herein und übergab dem Florian einen „ Brief' vom Landgericht

, den der Gerichtsdiener schon vorige Woche gebracht habe. Der Brief war aber eine Vorladung zum k. k. Landgericht Kuf stein auf den siebenten August um nenn Uhr morgens in Sachen Rosa Hechenplaickner, vertreten durch ihren Vater Thomas Hechenplaickner, Wirt in der Sewi, gegen Florian Weitenmoser, Wirt zu Langkampfen, wegen Schmerzengeld zu dreihundert Gulden, wegen Ehrenkränkung und Abbitte. Die Klageschrift, die damals in der Sewi verfaßt worden, lag auch dabei. Ms Florian den Brief und dessen Beilage gelesen

8
Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 217 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
spenden pflegt, für den kalten Heimweg vorzubereiten. Dort fand er auch schon eine kleine aber angenehme Gesellschaft. Es war näm lich die Zeit der ersten Dämmerung, und um diese Zeit gingen damals die reputierlichen Bürger zum ersten Trunk, um abzuwarten, bis zu Hause die Lichter angezündet worden, so daß auch diese kurze Weile nicht ungenützt verstrich. Der Florian kannte damals die Herrn noch nicht so genau, aber wahrscheinlich war der Herr Bürger meister, der Herr Seifensieder, der Herr

Bürstenbinder, vielleicht auch der Herr Nagelschmied unter ihnen, da diese den Dreikönig ebenso hoch zu schätzen wußten als dieser sie. Jedenfalls scheint da mals viel Vernünftiges gesprochen worden zu sein, denn der Florian hatte, als er heimfuhr, von Kufstein bis Langkampfe?! darüber nach zudenken, wie er denn auch seinen Vater, der ihn unter der Haustüre in Empfang nahm, sogleich mit folgenden Worten ansprach: „Bater, jetzt gibt's was neues? Jetzt Hab' ich mich wieder be sonnen und bin der Meinung

, daß ich noch weiter studieren muß, aber nicht bei den Franziskanern, sondern — Ja, du hättest heut nur beim Dreikönig sein sollen, bei den Kufstemer Bürgern, wie die gesprochen haben, von einer landwirtschaftlichen Lehranstalt da draußen in Baiern, drei Stunden unterhalb München, Schleisheim heißt sie, was man da alles lernen kann, alles, was der Landwirt braucht und vielleicht noch mehr. Da laß mich hingehen, Bater! Da wirst schauen, was aus mir wird!' Florian setzte dann seinem Bater und der Mutter

, die auch herbeigekommen, sehr verständlich auseinander, warum ihm das Leben am heimischen Herde noch nicht so recht behage. Er versicherte, daß nach der Meinung der Kufsteiner Herren jetzt auch der Bauer mehr lernen müsse, als vorher, denn es kämen andre Zeiten, sage der Bürstenbinder, die von der Menschheit mehr verlangen, und es sei gut, wenn man sich darauf gefaßt mache. Hatten Bater und Mutter ganz vernünftig gefunden, daß ihr Florian seine Studien abbreche, so fanden sie es nunmehr ebenso vernünftig

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 310 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
einen flehentlichen Blick richtete. Dieser verstand ihn aufs erst ein al und sagte zu sein ein Freunde : „Schau, sie möchte halt auch dabei fem z steig nur auf, Wirtin!' Auf diese Weise war der Hechenplaickner mit seiner Frau iu die Stadt gekommen und stand eben vor dem Landgericht, an dem er mißgünstig hinaufsah, als der Florian und die Rosi in der heitersten Laune herausstürzte!l. „O der Bater!' riefen beide hoch eistaunt, aber doch iu hellen, Freuden, und der Florian fuhr gleich fort

: „Lieber Bater, wir haben uns verglichen! wenn ich sie heirate, sagt die Rosi, so brauch ich ihr nicht abzubitten, und so denk ich wohl, du schenkst mir's auch.' „Daß dich! Daß dich !' ries lachend der alte Hechenplaickner, der plötzlich so heiter und lustig geworden, wie er seit einem Men schenalter nicht mehr gewesen, auch mit beiden Händen wonniglich auf seine Lederhose klatschte — „na, na, na! das häti' dir aber schon lang einfallen können, Florian ! Dir hätten wir sie alleweil vergunnt.' „Dank

' von Herzen, lieber Vater,' entgegnete der Florian, „aber es ist jetzt auch noch recht worden. Wenn alles so ginge, wie eS gehen sollte, so gM es ja gar keine lustigen Geschichten und hätten die Leute nichts mehr zu lachen und nichts mehr zu erzählen.' Wir nehmen gerne Akt von diesen Worten, welche, schon vor vielen Jahren das dereinstige Erscheinen dieser Geschichte ahnen ließen und deren Mitteilung sozusagen auch autorisierten. „Jetzt gehen wir aber zum Auracher!' rief der Floriau, „da wartet die Mutter

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 227 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
Morgens hatte fie nämlich den heroischen Entschluß gefaßt, mil Zichorien und Feigen für immer zu brechen und den Cafe oder Cafee, Caffé oder Caffee, Cafs oder Caffé, Kafe oder Kafee usw. — jetzt müssen wir den leidigen Namen doch verwenden — nur rein und echt auf den Tisch zu bringen, ein Entschluß, der vielen andern schönen Wirtinnen von Tirol noch so ferne liegt, daß sie ihn: wahr scheinlich in diesem Jahrhundert nicht mehr nahe kommen werden. Auch den Frauen war Florian sehr sympatisch

, denn er besaß die Gabe, ihnen ungemein zu gefallen. Es geschah gewiß nur ihnen zuliebe, daß er, sie mochten kommen, wann sie wollten, immer einen frischgewaschenen Hemdkragen und reinliche schmucke Kleider trug, wogegen andre Wirte in: Gebirge, welche zugleich Fleischer sind, den Gast nur zu oft in blutiger Schürze empfangen. Drum führte auch die Frau Landrichterin alle ihre Sommergäste so gerne nach Langkampfen, wo sie der Florian mit feiner Aufmerksamkeit bewirtete und in jeder Weise zu ehren suchte

dann bemerkte, jetzt werde er wohl froh sein, seine Ruhe gefunden zu haben und nur der Landwirtschaft leben zu können, sagte Florian: „Und doch beruhte jenes Treiben auf einem wohlbedachten Entschlüsse. Es war eine moralische Not wendigkeit. Um nicht lächerlich zu werden, mußt' ich imponieren!' Diese Worte verfehlten ihres Eindrucks nicht; sie gingen viel mehr von Mund zu Munde, und als sie, was bald geschah, auch der Frau Landrichterin zugetragen worden, sagte diese beifällig: „Sehr schön ausgedrückt

! er hat fast allen Geist mit hereingenommen?' So lebte denn unser Florian wahrhaftig in Floribus, in der Blüte seiner Jahre dahin, und das Glück schien ihm hold auf allen

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 293 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
weißen Spitzenkragen, die goldene Halskette mit dem goldenen Kreuze, das samtne Mieder, den schwarzseidenen Rock mit der grün seidenen Schürze und die feinen glänzenden Schuhe. Als nun der Florian in des Mädchens edles Antlitz sah, das von der Pracht des Gewandes fast noch gehoben wurde, als er ihre ver weinten Augen, die tiefe Trauer und das tiefe Leid, das auf ihren Zügen lag, betrachtete, da wurde ihm weh ums Herz und er dachte : An all diesem Elend ist doch nur einer schuld

, und der bin ich I Nun begann der Herr Landrichter mit ruhigem Ernst: „Heute den siebenten August ist Verhandlung in der Sache des Thomas Hechenplaickner von der Sewi als Vertreters seiner Tochter Rosa gegen den Florian Weitenmoser von Langkampsen, wegen Schmer zengeld zu dreihundert Gulden, wegen Ehrenkränkung und Ab bitte.' „Es ist aber des Richters Amt und Pflicht, vor dem Streite den Vergleich zu versuchen.' Die Parteien schwiegen. „Nu, meinst nicht, Hechenplaickner!' fuhr nun der Landrichter in vertraulicher

und gewinnender Weise fort, „meinst gar nicht, daß wir die Sacks in der Güte austun könnten?' „Ich will keinen Vergleich,' versetzte aber der Wirt von der Sewi ebenso trocken als sest. „Ich bleib' auf meiner Klag' und was da drin steht, das verlangt ich.' „Erkennt der Beklagte vielleicht die Forderungen an?' fragte der Landrichter den Florian. „Nicht alle!' entgegnete dieser. „Ich bitte die Punkte einzeln vorzunehmen.' „Also verhandeln wir den ersten Punkt,' sagte sener. „Gerade diesen gesteh' ich zu, Herr

Landrichter !' sprach da der Florian und zog ein Röllchen aus seiner Brusttasche. Dieses knickte er auf und gab ihm hinten einen kleinen Druck, worauf sich sehr viele neue, glänzende Dukaten — nämlich grad so viele, als dreihundert Gulden ausmachen — über den Schreibtisch des Herrn Landrichters ergossen.

14
Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 285 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
Fensterscheiben. Hat schon viel Heiraten gestiftet, dieselbige, und weil es jetzt doch so drum rum geht, so habe ich betet, daß du eine schöne, brave Frau — nein, Florian — ich sag's aufrichtig — ich Hab' betet, daß du die Rosi kriegst.' „Und ich bet' auch schon vierzehn Tage drum,' sagte Florian lächelnd. „Da muß's was werden.' „Da sind wir beim Bogner im Garten gesessen und haben in die Stubeier Ferner hineingeschaut, ausgezeichnete Ferner, ganz schneeweiß, und eine Marend' bestellt

. Aber die Frau Bognerin, die kann auftragen! Haben doch nicht viel zahlen müssen. Ist der Kaplan Ruf dahergekommen, vom Narrenhaus, ein lustiger Herr, haben lang gescherzt miteinander.' „Ja derselbigeschaltete Florian ein, „das ist ein Pfiffikus, den kennt man schon! Der hat's mit der Philosophie und liest lauter verbotene Bücher, ist aber recht unterhaltlich!' „Und am Abend sind wir nach Hall hinein und beim Baren sind wir über Nacht geblieben. Ganz fein! Hat sich 's Peppele zu uns gesetzt, die Tochter

Sprach' gibst.' „Au weh,' schrie der Florian, der nun ebenfalls lachte und sich hinter den Ohren kratzte, „das ist ein böser Hieb !' „Er läßt dich aber recht schön grüßen. — Und nachher sind wir nach Innsbruck und haben beim Gamper eingekehrt, ganz oben an: Triumphbogen. Haben uns recht schön aufgewartet, allerhand gute Sachen und guten Wein — hat der Hansel wieder einen Affen gehabt — alles recht freundlich und sehr billig. Bin dreißig Jahre

15
Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 242 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
Stein auf des Mädchens armes Herz. Seitdem vom Florian die Rede, war ihre Stimmung zusehends heitrer geworden; aber jetzo schlug sie jählings um. „Gewußt, gewußt?' wiederholte sie ängstlich. „Das mehrere hat er gewußt! Ja, was weiß man denn von mir? Wenn man viel von einem Mädel weiß — ist viel besser, wenn man nichts weiß.' „Nu, wie's da zugeht in der Sewi, das kann man ja leicht er fahren.' „Und müßt' ich mich denn fürchten, wenn's der Florian erführe?' „Nu, weißt, Rosi! Das Leben in der Sewi

kann man nehmen wie man will. Dem einen gefälltes, dem andern nicht.' „Und dem Florian?' „Gefällt's nicht.' „Ja, was wär^ denn das?' rief die Rosi in sichtbarer Bestürzung und erhob sich., „Was hat er denn auszusetzen?' „Nu, die Maler, glaub' ich, gefallen ihm halt nicht recht.' „Die Maler? Die sind halt auch so gekommen wie andre Gäft'. Ich habe sie nicht verschrieben; haben sich aber immer ordentlich auf geführt. Und jetzt soll man ihnen das Haus verbieten?' „Und daß du dich alle Jahre drei- viermal malen

laßt.' „Das ist schon hart,' sagte die Rosi traurig, „wenn man einen solchen Vorwurf hören muß und vom Florian, der doch kein Bauer ist. Ich lasse mich ja nicht malen, aber das Anschauen kann ich doch nicht wehren!' „Und daß du dich so hernehmen laßt wie eine Komödiantin und daß du die Germania spielst und deklamierst!' „O mein Gott!' seufzte die Rosi tiefgekränkt, „muß man sich da auch noch verteidigen! Da haben sie voriges Jahr so einen Festtag gehabt, den achtzehnten Oktober, wegen der Leipziger

16
Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 305 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
des heiligen Athanasius, mit den nämlichen Personen nach Kufstein rollen. Es hielt um halb neun Uhr beim Auracherbräu, woselbst Frau Euvhrosyne Weitenmoser ausstieg, um in der großen Gaststube den Lauf der Dinge abzuwarten; der Florian dagegen ging unverzüglich ms Landgericht. Er war gerne run eine halbe Stunde zu früh gekommen, um vorher Wind und Wetter beobachten zu können. „Ha, der Florian!' rief der Landrichter fröhlich, als jener in seine Stube trat. „Bringst gute Botschaft?' „Noch gar

keine; aber wenn ich das Mädel nur vorher sehen könnte ! Bin gerade deswegen eine halbe Stunde früher in der Stadt.' „Nun, die Rosi wird sich schon finden lassen. Die fährt gewiß mit dem Einspänner herein; vor neun Uhr wird sie nicht da sein wollen, und wenn du ihr jetzt entgegengehst, so kannst sie wohl etwa bei der Lorettokapelle treffen. Da kannst ihr deinen Buschen geben;' setzte er ermunternd hinzu, „meine nicht, daß sie ihn ausschlagt.' Die letzten Worte erklären sich dadurch, daß der Florian damals in der Hand

ein sehr schönes Sträußchen trug, welches er des Morgens in feinem Garten zusammengelesen und die Mutter mit einem roten sSeidenbändchen umwunden hatte. Dem Landrichter war diese!Blumensprache auf den ersten Blick verständlich. Der Florian aber befolgte seinen Rat und ging ihr auf der Straße nach der Senn entgegen. Bald hatte er die letzten Häuser des Städtleins hinter sich und die Stelle erreicht, wo jetzt der neue

17
Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 292 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
zugetan. Wie viele Seidel hatte ihm nicht die Rosi in der Sewi eingeschenkt? So pflegte er auch den Herrn Florian, den er von Jugend auf kannte, noch immer zu dutzen, obgleich dieser kraft semer Bildung schon längst „geihrzt' zu werden verdiente. Der alte Hechenplaickner und seine bleiche Tochter traten also ein und wurden mit schweigsanier Würde empfangen. Der Tochter, die auch dem Landrichter sehr angegriffen schien, bot dieser einen Stuhl — eine Ehre, welche eigentlich nur die Honoratioren anzu

sprechen haben. Rosi setzte sich und sah traurig auf den Boden. Der Florian war noch nicht da, weil er noch mit dem Valentin zu reden hatte. Doch klopfte es sehr bald und er trat mit bescheidenem Gruße in das Amtszimmer. Sein erster Blick fiel auf die junge Gegnerin, welche sich bei seinem Eintritt langsam erhob; sie wußte wohl selbst nicht warum; aber Florian konnte es immerhin als eine ehrenvolle Begrüßung gelten lassen. Die eine Hand legte sie auf die Lehne des Stuhls, um sich zu stützen

, aber ihn sah sie nicht an, sondern schlug die Augen nieder und schloß sie fast. Unser Florian hatte das Mädchen, wie' wir wissen, zwar schon einmal gesehen, aber nur flüchtig und unter Umständen, die eine ruhige Betrachtung doch fast ausschlössen. Jetzt dagegen war die Gelegenheit ungemein günstig — er schaute mit offenen Augen und sah vor sich die herrliche Gestalt, die tadellos war vom Scheitel bis zur Ferse. Auch trug sie ihre schönsten Feiertagskleider, den Niedern, breitkrempigen Hut mit der goldnen

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 219 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
man über diese Frage sieben Jahr lang nicht ins Reine, da Florian mit den Langkampfenern immer nur in ihrer Mundart und mit den Kufsteiner Herren gerade so sprach wie sie. Auch nach der berühmten Hauptstadt München schien der streb same Jüngling öfter hinaufgekommen und dort nicht selten in den öffentlichen Sammlungen gewesen zu sein. So erzählte man, er sei eines Abends in dem damals schon sehr angesehenen Gasthof „zum Auracherbrüu', der jetzt noch eine höchst lobenswerte Wirk samkeit entfaltet, mit den Herren

zusammengetroffen und habe, da man die Kirche in der Schwoich eben mit einem neuen Altarbild ausschmücken wollte, über alte wie neue Malerei und insonderheit über etliche berühmte Maler aus früheren Zeiten nicht anders ge sprochen, als wenn er bei ihnen gelernt hätte und ihr Schüler ge wesen wäre, so daß der Herr Dechant, die Herren von: Landgericht und der Bürgermeister in ungewöhnliches Erstaunen verfallen seien. Dabei habe der Florian zugleich die Aufgaben und die Zukunft der tirolischen Malerei besprochen

und geäußert, es wäre endlich Zeit, daß sie auch noch etwas anderes male als krebsrote arme Seelen, glutäugige Teufel und höchst alltägliche Heilige; warum sie denn nicht aus der vaterländischen Geschichte schöpfe ^ nicht z. B. dar stelle, wie des Speckbachers Bue bei St. Johann zu seinem Vater komme, oder wie die Zillertaler auswandern? - Gerade aus diesen Fragen geht hervor, wie richtig der Florian in die Zukunft gesehen, denn die beiden Aufgaben, die er damals stellte, sind ja nunmehr nebst vielen

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Libri
Categoria:
Narrativa
Anno:
1912
Gesammelte Novellen
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Pagina 215 di 318
Autore: Steub, Ludwig / von Ludwig Steub
Luogo: Stuttgart
Editore: Bonz
Descrizione fisica: XIV, 306 S.. - 3. Aufl.
Lingua: Deutsch
Commenti: In Fraktur
Segnatura: II 61.716 ; 252
ID interno: 180956
auch kein gutes Wetter inachen und mit dem Spiritus asper keinen alten Geißbock füttern in der größten Hungersnot. Ja, Bater, da magst sieben Jahr lang studieren und nachher weißt kaum, was Kyrie eleison heißt. Ich möchte lieber etwas Richtiges lernen von der Landwirtschaft; denn etwas andres als ein Bauer werd' ich nicht.' „Schau, schau,' sagte da der Vater, „du kommst mir gar nicht ungelegen, Florian? Jetzt ist gerad die Zeit, wo ich mich Hab' wieder besinnen wollen — jetzt Haft

du dich besonnen und jetzt lassen wir's gut sein. Bleib nur da! Einen Brief wirst jetzt schon schreiben können, einen ordentlichen?' „O je!' rief Florian heiter, „darfst nur sagen, was drin stehen soll; das andre macht sich von selber!' So blieb der Sohn wieder im Hause seines Baters. Nach den Wünschen der Mutter wurde allerdings nicht gefragt, aber es ist kaum anzunehmen, daß sie entgegengestanden wären. Der Herr Kaplan war schon im vorigen Herbst versetzt worden und damit ihr häuslicher Polarstern

untergegangen. Die gute Frau gestand sich jetzt wohl selbst ein, daß ihr lieber Florian an: Ende doch besser zu einem Bauernwirt tauge, als zu einem Bischof. Und doch war es ihm damals nicht recht behaglich in seines Vaters Haus. Er war schon angekränkelt von der Sucht, sich Zu bilden und dem Trieb nach Wissen. Der Winter kam und fand ihn sehr unbe friedigt. In den Heimgarten zu gehen und beim Spanlicht mit den Spinnerinnen zu plaudern, das füllte seinen Geist nicht aus. Er glaubte sich nach der Feldarbeit

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