. 1877. Geständnisse. Ein gewisser Herr Dekan Böckheler hat vor einiger Zett beim Fürsten Bismarck eine Audienz gehabt. Er muß sich mit dem Fürsten ausnahmsweise sehr lange unterhalten haben, denn der Be richt, welchen er Über dieselbe liefert, ist ein zeilenreicher. Die „Schles. Volksztg.' zieht aus demselben einige interessante Schlußfolgerungen« Der Fürst gesteht zu, daß die Katholiken die eigentlichen Conser- vativen find'; sie haben sich^alS solche seit 1848 legitimirt. Er be kennt
er convertiren, d. h. katholisch werden; so aber thut er das nicht, ja im Gegentheil, er nimmt alle Mauerbrecher zur Hand, um dieses fertige Wohnhaus zu zertrümmern. Wahrend er die Maschinen ansetzt und so gewaltige Stöße gegen die Mauern der katholischen Kirche führt, daß der Boden dröhnt und zittert, merkt Fürst Bismarck zu seinem Erstaunen^ daß dieses katho lische Wohnhaus so ein Bombardement ganz gut übersteht, daneben aber bekommt das unfertige Wohnhaus des Protestantismus Risse auf Risse
zu, in welchem der Prote stantismus sich zersetzt. Fürst Bismarck gibt zu, daß eS in der Hauptstadt des „Reiches der Gottesfurcht und der frommen Sitte' viel „Berliner Säure' gibt, und gesteht, daß der Aberglaube, welcher in Berlin herrscht, namentlich in den Kreis der Gelehrten (s. !a Virchow) zu finden ist. ES sind das jene Gelehrten, welche den Menschen vom Affen ab stammen lassen, »kxtremg. se tavDmt* — die äußersten Spitzen berühren sich, dieser Wahrheitsspruch findet auch hier seine Anwen dung, Unglaube
und Aberglaube gehen Hand in Hand. Die Erfahrung zeigt es, daß gerade in Berlin Zauberer und Kartenauf- schlägerinen, Geisterbeschwörer und Geheimmittelschwindler eine goldene Ernte halten. Fürst TiSmarck verlangt, daß die Dogmen (Glaubenslehren) in einem gewissen Flusse bleiben/ DaS päpstliche petrinische Bekenntniß: „Du bist Christus u. s. w.' hat sich so fortgebildet zum Apostolikum und dieses wieder zum Nicänum u. s. w. bis zum Vatikanum!! Seine Durchlaucht hat also auch die gesunde, richtige Ansicht
, daß die katholische Kirche kein starres, versteinertes Gebilde ist; aus einem kleinen Samenkörnlein entsprossen, ist sie aufgewachsen zu einem herr lichen Baume, der immer neu grünt, blüht und Früchte bringt. Aber auch sonst sollen die Dogmen im Flusse bleiben, wir meinen Einfluß haben auf die Sitten, eine^ Sittenlehre ohne Glaubenslehre gibt es - nicht. Der Fürst ahnt, daß -der ProtMntMüS eine P^ste' hat und daß es besser ist, wenn.man bloß einen (richtigen) Hat. Der ; - Fürst Mi. sich von den-Mf;wüMemberMchen