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Pagina 27 di 32
Data: 04.03.1911
Descrizione fisica: 32
ebenso liebtest, wie ich dich liebe — ich wollte alles darum geben, wenn dem so wäre!' „O Nora,' sagte Alfred mit tiefer Empfindung, „du mußt dich nachgerade wissen, wie lieb ich dich habe-!' „Ich werde es wenigstens bald erfahren,' gab Nora kaum hörbar zurück, schob ihren Arm unter den des Gatten und führte >i! sorglich aus dem Zimmer, dessen Tür sie wieder abschloß. Kor der zum Zimmer der Haushälterin führenden Tür bat Nora dm Batten, einen Augenblick ruhig stehen zu bleiben

nach einem Blick durchs Fen ster: „Die Herrschaften der Villa Immaculata — wollen gnädige Frau sie empfangen?' „Nein,' sagte Nora hastig. „Luigi soll sagen, es sei niemand zu Hause.' Frau Armand eilte, um Luigi zu instruieren, während Nora zu dem Blinden zurückkehrte und ihn in die Bibliothek geleitete. Hier nahmen beide auf einem Sofa Platz, und als Alfred Noras raschen Atem vernahm, meinte er besorgt: „Die Entdeckungsreise war zu anstrengend für dich, mein Liebling,' was Nora indes lebhaft bestritt

. Nach einer Weile meldete der Diener, es sei angerichtet, und sas junge Paar begab sich in das Speisezimmer. Nora sorgte wie immer für den Blinden, sie selbst aber berührte kaum einen Bissen und trank nur ein Glas schweren Weines. Nach Tisch ruhte Alfred wie gewöhnlich, während Nora ins Kinderzimmer ging. Als dann der Kaffee gebracht wurde, schlug die junge Frau dem G- tten vor, denselben in der Bibliothek zu nehmen. Ohne daß Alfred es gewehrte, verschloß Nora beide Türen des behaglichen Gemaches. Dann setzte

sie sich neben ihren Gatten, der scherzend fragte: „Nun, willst du mir jetzt das Geheimnis des Geisterzimmers vorlesen, Schatz?' „Sogleich,' entgegnete Nora tief aufatmend, „laß uns nur erst noch ein kleines Weilchen plaudern. — Ich mag dir launenhaft erscheinen, aber ich muß dir gestehen, daß ich des Geisterzimmers schon herzlich überdrüssig bin. Sage mir, Alfred, habe ich heute mehr Fehler, als zur Zeit, da wir unfern Lebensbund schlössen, oder läßt es sich noch mit mir auskommen, Schatz?' „Du willst wohl

Komplimente hören, Nora?' neckte der Blinde. „Nein — gewiß nicht,' rief Nora mit tiefem Ernst, „es ist kein Scherz, Alfred ! Du sollst mir aufrichtig sagen, was du von meinem Charakter hältst, ich weiß, daß ich oft nicht so bin, wie ich sein sollte. Im Verkehr mit unserer Dienerschaft zum Beispiel hast du mich schon manchmal und mit Recht getadelt, weil ich zu leb haft und zu vertraulich mit den Leuten sprach: hättest du mich nicht von Jugend auf gekannt, dann wärest du schließlich auf die Ver mutung

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Pagina 5 di 16
Data: 10.06.1939
Descrizione fisica: 16
Folge 23 Seite ? Kavalier, nicht so einfach Von Ralph Urban, Mödling bei Wien Der Gymnasiast Alfred Riegel hatte von Onkel Theodor einen Maßanzug bewilligt bekommen. Nicht etwa zum Lohn für her vorragenden Fortschritt in der Schule, sondern deshalb, weil Onkel Theodor im Gedenken an die eigene lasterhafte Ver gangenheit eine Schwäche für jene Jungen empfand, die für das vorzeitige Ergrauen des Lehrkörpers verantwortlich zeichnen. Nach heißem Sehnen und unruhigen Träumen hatte Alfred am Sonntag

vor mittag die Lieferung des Anzuges doch noch erlebt. Nun stand er vor dem Spiegel und übte das zu dieser wundersamen Kleidung gehörende Kavaliersgesicht. Die Mutter er schien störend in der Tür. „Fein siehst du aus', sagte sie, „schon fast wie ein richtiger Herr.' Alfred überhörte das beleidigende „fast', denn er benötigte dringend zwei Mark, um seine vornehme Erscheinung im entsprechen den Rahmen zur Geltung bringen zu kön nen. Das Ergebnis der Verhandlungen lau tete schließlich 1.S». Noch am letzten

Bissen des Sonntags bratens kauend, sauste Alfred zur Tür hin aus. Auf der Straße wurden seine Be wegungen jedoch gemessen und würdevoll. Leider laH alles in mittägiger Ruhe, so daß niemand da war, der ihm Bewunderung zollen konnte. Der junge Mann beschloß da her, nach der „Alten Schießstätte' zu wan dern, wo am Nachmittag männliche und weibliche Jugend zusammentraf, um das Tanzbein iu schwingen und Kaffee zu trin ken. Alfo zog er dem Ausflugsort zu. Als er den Waldweg erreichte, sah

er in einiger Entfernung vor sich eine wundervolle weib liche Figur, die sich in gleicher Richtung be wegte. Näher kommend, erkannte Alfred, daß da vorn kein Mädel ging, sondern eine rich tige Dame, die natürlich sicher um gute paar Jabre mehr zählen mochte als er. Und mit der seiner Altersklasse oft eige nen Zuneigung der reiferen Frau gegen über wandelten auch Alfreds Gymnasiasten träume in ähnlichen Gefilden. Augenblicklich malte er es sich aus, wie herrlich es sein müßte, an Seite dieser Dame dahinschreiten

zu dürfen. Der bloße Gedanke verursachte ihm wildes Herzklopfen, obwohl ihm die Verwirklichung dieser Idee genau so un wahrscheinlich vorkam wie die Fahrt in der Mondrakete. Plötzlich geschah aber etwas Großartiges. Die Dame, die etwa noch zehn Schritte Vorsprung hatte, verlor einen Hand schuh. Alfred fuhr wie ein Habicht dqrauf los, hob ihn auf und raste schon. Die Dame drehte sich erschrocken um. Der junge Mann riß den Hut vom Kopf, schleifte ihn in küh nem Schwung nach dem Vorbild der Mus ketiere

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Pagina 26 di 32
Data: 04.03.1911
Descrizione fisica: 32
sich der Boden nicht unbedeutend; an der Kan inseite erscheint er ganz abschüssig. Bon der Decke ist nicht viel zu sagen; der auf den StuckvUrsprüngen lagernde Staub ist ebenso dicht wie schwarz, große Stücke sind weggekrochen und nur im Mittelstück lassen sich n'ch einige Knospen erkennen — Einige Ringe einer Eisenkette hängen vom Mittelpunkt der Rosette herab — offen bar trug die Kette früher einen Kronleuchter?' „Wirst du aus meiner Schilderung klar, Alfred, oder scheint

dir dieselbe verworren?' „I n Gegenteil, mein Liebling, du beschreibst deutlich und an schaulich', s gte der Blinde lebhaft. „Gut, so fahre ich fort und gehe zu dem Mobiliar über!' „Sind Stücke dabei, welche Fächer oder Schubladen haben, welche allenfalls ein Geheimnis bergen könnten, Nora?' „Ja, Alfred, armer einem großen Bücherschrank, der an der einen Seitenwind steht, ist auch ein alter Schreibtisch vorhanden, er hat seinen Platz in einer Nische der Kaminw nd. Außerdem befindet sich ein großer Eichentisch

, will ich dich wenigstens schützen,' und damit legte Alfred seinen Arm um sie Schultern der jungen Frau. Dann schritten beide zur nächsten Tür, welche nicht verschlossen war und den Eingang zu einem etwas kleineren Zimmer bildete. Nora erblickte einen verblaßten, roten Vorhang, der rings um ein Bett lief, zwischen den beiden Fenstern hing ein Christusbild, worunter ein wundervoll geschnitz ter Betstuhl st-nd, auf dem n ch ein Rosenkranz lag. Außer nnem Wi schtisch und einigen Stühlen befand sich nichts in dem Räume

. Nachdem die junge Frau dies alles ihrem Manne er klärt hatte, wendete sie sich zur zweiten Türe, mit großer Mühe drehte Nora den Schlüsse! im Schlosse um, öffnete die Tür und schloß sie dann rasch wieder zu. „Ach, Alfred,' flüsterte sie dann erschauernd, „die Tür schließt einen großen Wandschrank, und in dem Schrank wimmelt es von allen möglichen Käfern und Würmern.' Dann führte Nora den Gatten wieder zu der Ottomane und nachdem Alfred Platz genommen, untersuchte die junge Frau den Bücherschrank

. Die Ausbeute war mager genug, einige un bedeutende Bücher, eine Reitpeitsche und eine alte Mandoline lagen einträchtig in der rechten Hälfte des Schrankes. „Das ist allerdings recht wenig, — was mag wohl der Schreib tisch enthalten, Nora?' „Ich werde gleich nachsehen; o weh, der Schreibtisch ist ver schlossen und ein Schlüssel nirgends zu entdecken.' „So müssen wir uns für heute darein finden; morgen nehmen wir Handwerkszeug mit herauf,' tröstete Alfred seine Frau lächelnd. „Einverstanden, für heute wären

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Pagina 24 di 30
Data: 11.03.1911
Descrizione fisica: 30
Nachdem die Gatten das Frühstück eingenommen hatten, erbat Nora von Alfred die Erlaubnis, ihn auch mit dem Inhalt der dritten Briesseite bek nnt machen zu dürfen. Der Blinke nickte, und neben dem G tten sitzend, entfaltete die junge Frau nochmals das vergilbte Briefbttt und las folgendes: „Sollte dieser Brief, was ich freilich nicht hoffen will, jemals gefunden werden, dann mag es kund werden, daß ich, Gabriele Martini, denselben hier verborgen, anstatt das Schreiben, wie meine sterbende Herrin

Alfred, n chdem Nora die Lektüre des Briefes beendet, „daß Frau Si ^euse mit jener Gabriele Martini, welche am 8. August 1877, also vor bein he siebzehn Jähren, aus Kastel Maure verschwand, identisch ist.' „Die Arme!' flüsterte Nora ergriffen? „wie hart ich sie anließ, -als sie mich vor dem Betreten des Geisterzimmers w rnte, und doch war ihre Absicht so gut und edel. Ich beh 'n^elte sie, wie man einen Dienstboten beh n^elt, und Alfred, es ist schrecklich zu sagen, aber ich fühle

auch jetzt noch nicht so für sie, wie ein Kin ^ für seine Mutter fühlen seilte? Und wenn sie erst erfährt, daß ich das Ge heimnis kenne, daß der Makel, der auf meiner Geburt ruht —' Hier stockte Nora, von Scham überwältigt. Alfred aber, der Zhre H nd umfaßt hielt, drückte dieselbe zärtlich und sagle sanft: „Sprich nur weiter, mein Liebling — sind wir nicht eins?' „Ach ja', murmelte die junge Frau mit matter Stimme, „aber ich fürchte —' „Du fürchtest, daß die Worte, die du sprechen wolltest, meinen Stolz verwenden

meinen Namen hoch, Eleonora, aber noch höber halte ich dich, und meine Gattin behält ihren Wert, entstamme sie welcher Familie sie wolle.' ,,O Alfred,' schluchzte Nora ergriffen, „du tust ja gerade so, als hätte ich ein Opfer gebracht, indem ich dich heiratete, und ver gissest völlig, daß ich dich schon seit Jahren ebenso liebte, wie du mich liebtest! Ja, als ich zuerst die schlimme Botschaft las, da be- schlich meine Seele ein Zweifel daran, ob deine Liebe diese schwere Prüfung überdauern

. Hast du dir aber auch klar gemacht, daß dies Schlimmste noch andere harte Prüfungen im Gefolge hat und haben wird?' „Andere harte Prüfungen, Alfred?' wiederholte die junge Frau verwundert, „was kannst du damit meinen?' „Nun — in erster Linie wird es für unser beider Stolz eine harte Prüfung sein, das bis jetzt so sorglich gewahrte Geheimnis anderen mitteilen zu müssen.' Tie junge Frau starrte s ssungslos auf den Gatten. „Aber es liegt doch gar keine Veranlassung vor, das Geheimnis

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Pagina 22 di 28
Data: 25.02.1911
Descrizione fisica: 28
um quälende Gedanken in eine andere Bahn zu lenken? Er empfiehlt Wechsel der Umgebung, und wenn es dir recht ist, so führst du, mich in das nächste Zimmer, und ich berühre nach einander die verschiedenen sich dort befindlichen Mobili ^gegen stände, um mich auf diese Weise mit unserer neuen Umgebung vertraut zu macheu.' „Ach, Alfred, du findest stets das Rechte und siehst trotz deiner Blindheit besser und genauer als ich,' rief Nora, sich i n den Gatten schmiegend; „und nun folge

mir in das nächste Gemach,' fuhr sie schelmisch auflachend fort; „ich werde deine Hnd an das kost barste Mobiliarstück desselben geleiten, und sollst du aus der Be rührung erraten, was es ist.' Froh, seine Gattin auf andere Gedanken gebracht zu haben, folgte Alfred seiner Fi'chrerin in das anstoßende Gemach. Dort war für diese erste Nacht das Bettchen des Kindes aufgestellt worden und die Amme siß neben dem Lager des schlafenden Kleinen. Ihr zuwinkend, legte Nora den Finger auf die Lippen; dann faßte sie Alfreds

, während die Amme zum Essen gehe. Sobald Sylvia sich entfernt hatte, schob Nora dem Gatten einen niedrigen Sessel an das Bettchen, und sich auf eine Fuß bank setzend legte sie ihren Kopf auf Alfreds Knie. „Sage mir, Alfred,' fragte sie nach einer Weile, „fühlst du dich ganz glücklich und zufrieden?' „Vollkommen glücklich und zufrieden.' „Du Armer — du kannst das s gen und hast doch unser Kind nicht gesehen! O, Alfred, ich fühle mich so schlecht, so er bärmlich neben dir — ich besitze soviel mehr

als du, und doch läßt der Gedanke an das unglückselige Geheimnis mich nicht zum Bewußtsein meines Reichtums kommen!' „Mein Liebling,' sagte Alfred f nft und leise, indem er seine Hand auf ihren dunklen Locken ruhen liest, „ich gliube, du emp findest meine Blindheit sch nervlicher als ich. Seit ich dich mein nenne, habe ich nach keinen Augenblick gehabt, in welchem ich mit meinem Schicks .l gehadert bätte, denn deine Liebe ebnet Meinen Pfad, und wohl jedem Blinden, dem ein solcher Engel in Gestalt seines Weibes

zur Seite steht.' „Ach, Alfred, wie stolz und glücklich machen mich deine Worte! Gebe Gott, daß du in mir stets deinen Engel sehen möchtest!' Dann aber, sich zusammennehmend, sagte die junge Frau leb haft: „Jetzt will ich dir ganz genau beschreiben, wie das Zimmer unseres kleinen Lieblings eingerichtet ist, und wenn die Amme wiederkommt, gehen wir hinüber ins Wohn-immer und spielen wie allabendlich unsere Partie Sch ch, damit wir nicht wieder auf das alberne Geisterzimmer kommen.' Das Programm wurde

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Pagina 23 di 28
Data: 14.12.1907
Descrizione fisica: 28
— sie hätte nicht sagen können, weshalb? — aber gegen ihre sonstige Gewohnheit überkam sie plötzlich eiu Gefühl der Scheu, der Freundin, vor der sie sonst kein Geheimnis hatte, anzuvertrauen, was sie noch keiner Seele verraten hatte. „Da kommt Bruder Alfred—' rief Hilde, als die Korridor klingel erscholl — „ich habe dir wohl noch gar nicht erzählt, daß er z i- l/us am Weihnachtsabend überraschte und bis zweiten Junuar ltr- laub hat — er freut sich riesig, dich wiederzusehen; er behauptet, zum letzten Male

war sie doch auf ihn — wie er Wohl aussehen, wie er in seinem ganzen Wesen geworden sein mochte. Hübsch war er nie gewesen — etwas kleiner und stärker als ihr ftecher Un bekannter, auch blond wie dieser, nur etwas Heller — Alfreds Haar neigte ein klein bißchen ins Strohgelbe — jener war auch viel schlanker und vornehmer in Gang und Haltung — das ließ sich nicht leugnen, dafür hatte Alfred aber viel hübschere Augen, dieser freie, offene Blick, in dem sich die Güte und Liebenswürdig keit seines Charakters so unverkennbar

spiegelten, während jener — warum sie nur immer an diesen Menschen denken mußte — und nun gar Vergleiche zwischen ihm und Alfred ziehen. Sie zog ihre weiße Stirne kraus, doch blieb ihr nicht Zeit, sich lange über sich selbst zu ärgern — die Türe ging auf, Bruder Alfred trat ein —. „Wenn du wüßtest, wie ich mich auf unser Wiedersehen gefreut habe!' begrüßte er seine Jugendfreundin, indem er ihre kleine weiche Hand wohl ein bißchen länger in der seinen hielt, als nötig — und wie warm und fest erwiderte

sie seinen Druck. Nach zehn Minuten waren sie wieder vertraut, wie in alter Zeit, sie schwatzten und lachten und des Erzählens war kein Ende. „Donnerwetter, Kinder!' rief Alfred Plötzlich, als er die Uhr zog, und beim Schein der Straßenlaterne, die direkt vor dem Hause stand, nach der Zeit sehend — „schon sechs vorüber — habe nur ja mit Hermann Rendezvous gegeben!' „Willst schon wieder fort?' rief Anncheu in bedauerndem Tone, „dabei habe ich dich noch gar nicht sehen können in der Dunkelheit hier.' „Morgen

bleib ich länger — da holen wir das Versäumte nach.' Er sprang auf. „Adieu, meine kleine Braut — das bist du doch uoch? —' lachte er übermütig, „Adieu, Schwester, auf morgen!' Bei dem Namen Hermann war Annchen leicht zusammen geschreckt — aber die Freude an 6er Gegenwart Alfreds ließen keinen unliebsamen Gedanken in ihr aufkommen. — Wieder um ungefähr dieselbe Zeit stellte sich Alfred am folgenden Tage ein; er fand alle zusammen im Wohnzimmer. Er begrüßte Annchen mit so festem, beredtem Händedruck

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Pagina 19 di 28
Data: 18.08.1900
Descrizione fisica: 28
Alfred lächelte; der Eifer, mit welchem seine Mutter für ihren Stand eintrat, belustigte ihn. „In Deinem Falle lassen sich die Fragen nach Rang, Geburt und Vermögen der Auserwählten in befriedigendster Weise beant worten uud damit ist die Vorbedingung erfüllt,' fuhr die Baronin fort. „Dein Familienleben kannst Du Dir ja später einrichten, wie es Dir beliebt nnd am bequemsten ist; Du schickst Deiuc Frau nach Nizza oder Mentoue und verbringst den Winter in Paris, Wien oder Berlin, im Sommer

reisest Du vielleicht «ach dem Orient, während Deine Frau ins Seebad geht — mit einem Worte: Ihr seid nicht aneinander gekettet, und eure Mittel erlauben euch, das Leben zu genießen, wie es sich bietet; Du weißt, Margot ist reich, Alfred.' „Das ist auch das einzige, freilich wichtigste Moment, das mich veranlassen konnte, Deinem Plane zuzustimmen, Mama, nachdem Du mir auseinandergesetzt, daß nur dadurch der finanzielle Rniu unseres Hanfes abgewendet werden kann,' erklärte der junge Mann

. „Es ist zu bedauern, daß das Zerwürfnis, mit Riefenbecks besteht, das ist der Mann, der helfen könnte, ich behielte meine Freiheit und dürfte nach eigener Wahl mir die künftige Hausfrau suchen.' „Schweig' mir von diesem Menschen!' rief die Baronin schroff und heftig, „Du weißt, ich will diesen Namen nicht hören, dessen Träger unsere Familie fast an den Bettelstab gebracht hat!' „Ein wenig Entgegenkommen von unserer Seite hätte sicherlich zu einem anderen Ergebnis geführt,' warf Alfred ein, „zumal unsere

Verwandten, wie der Ausgang des Prozesses erwiesen hat, im Rechte waren.' „Wie? Alfred, Du wirfst Dich zum Anwalt dieses Mannes anf, der allein die Schuld an unserem Unglücke trägt; Du stellst es so gar so dar, als seien diese Riesenbecks von uns verkürzt, benach teiligt worden, während doch wir allein die Geschädigten sind?' versetzte die Freifrau erregt, und ihr feines blasses Gesicht über zog dunkle Zornesröte. „Ich erkenne Dich nicht wieder; Dn, der Sproß eines uralte» Adelsgeschlechtes, nimmst

diesen Emporkömm ling in Schutz, dessen ganze Ahnenreihe sich auf zwei beschränkt, den« erst der Großvater wurde vom Landesherrn geadelt, weil er ihm ein Ministerportefeuille übertrug und selbstverständlich für dieses hohe Amt keinen Bürgerlichen brauchen konnte.' „Aber die Familie ist doch nahe mit uns verwandt; soll denn diese Feindschaft ewig dauern?' meinte Alfred beschwichtigend. „Verwandt — ja, Gott sei's geklagt!' erwiderte eifrig die Dame. „Es war vielleicht der unüberlegteste Streich

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Pagina 15 di 20
Data: 25.08.1900
Descrizione fisica: 20
mir nicht geläuge, Sie dem nasse» Grabe zu entreißen,' rief der ehemalige Leutnant mit erhobener, ein weuig von theatralischem Pathos angehauchter Stimme. „Das wollen wir lieber nicht versuchen, wir würden wahrschein lich nicht in der Lage sein, uns später das Resultat dieser gefähr lichen Probe mitteilen zn können/ lachte die Gräfin. „Aber wenn Sie mich lieben, Baron, was hält Sie ab, um mich zu werben?' Alfred überraschte diese seltsame Sprache aus dem Munde der jungen Dame nicht, wußte

er doch, daß sie gewohnt war, sich über konventionelle Rücksichten hinwegzusetzen. „Bisher nur die Furcht, zurückgewiesen zu werden/ versetzte er rasch, „jetzt aber, wo Sie mich ermutige», Margot, lege ich Ihnen mein Herz zu Füßen und bitte um Ihre Hand!' „Da ist sie!' sagte sie heiter, indem sie ihm ihre Rechte reichte, die Alfred au seine Lippen führte und einen Kuß auf dieselbe hauchte. „Eigentlich wollte ich nie heiraten,' fuhr Margot nach kurzer Pause fort, „ich hatte mir das als junges Mädchen in den Kopf

!' warf der junge Mann ein. „Nein, nein, ich gebe mich nicht besser, als ich bin,' versetzte diese, „und ich bedanre bloß, daß ich kein Mann bin, um mich noch freier und ungehinderter bewegen zu können, als dies einem weiblichen Wesen möglich ist. Ich würde vielleicht Soldat, Künst ler, Naturforscher geworden sein und mein Roß getummelt haben, oder in die weite Welt hinausgezogen sein, mich in den Kampf mit Menschen und Tieren eingelassen und dem Wüten der Ele mente Trotz geboten haben.' Alfred warf

. Freilich weiß ich nicht, ob mich nicht noch einmal ein Rückfall heimsucht und mich meine alte Reiselust nicht aufs ueue befällt; aber dann weiß ich einen Kavalier an meiner Seite, der mich durch alle Fährnisse und Anfechtungen glücklich hindurchbugsiert.' Sie drückte ihrem Verlobten leicht die Hand, als wollte sie ihm im voraus für seine Begleitung danken. „Das Amt eines Beschützers wird mir Ehrenpflicht sein, Mar got, ich lasse Sie nicht mehr von mir!' beteuerte Alfred, aber der keineswegs besonders

ein, „das ertrage ich nicht. Ich kenne meine Vorzüge so gut wie meine Schwächen, aber ich werde mich hüten, von ersteren zu sprechen, ich besäße dann gar nichts mehr, womit ich Sie über raschen könnte. Also noch einmal: überlegen Sie sich Wohl, ob Sie den wichtigen Schritt mit mir thun wollen, ob Sie in mir das finden, was Sie erwarten!' Alfred war sich längst darüber klar, daß von Liebe zu der Kom tesse gar keine Rede sein könne, dennoch aber dankte er es dem Zufall, daß es ihm so leicht geworden war, Margot

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Pagina 28 di 34
Data: 21.01.1911
Descrizione fisica: 34
Arau wandte sich zu ihrem Gatten und fragte lebhaft: „Nun, Alfred, bist du zufrieden, habe ich meine Heftigkeit gegen die alberne Person wieder gut gemacht?' „Vollkommen', mußte Alfred lächelnd zugeben, „irre ich mich oder hast du Annemarie wirklich die Hand geschüttelt, als du ihr das Band schenktest?' „Ja, das tat ich — hätte ich es etwa nicht tun sollen, Alfred?' „Nun, nötig war's jedenfalls nicht bei dem gesellschaftlichen Unterschied, der zwischen dir und jener alten Jungfer besteht.' „Ach

du sprichst! ,Alle Menschen sind gleich geschaffen, wir haben die gleiche Anzahl von Gliedern, wir empfinden Hunger und Durst, einerlei, welchem Stande wir an gehören, wir frieren im Winter und leiden im Sommer unter zer Hitze — ich könnte dich nicht inniger lieben, als es der Fall -st, wenn ich auch eine Herzogin wäre, und nicht weniger, wäre Ich auch nur eine Magd.' „O Nora, selbst im Scherz solltest du nicht so reden!' rief Alfred fast erschreckt; „die Kluft, die dich von einer Magd trennt

, Alfred,' meinte Nora lebhaft, „dann würde ich dir vorschlagen, mich nach Castel Maure zu beal-tten und uns beide dem Herrn zur Seite stehen zu lcssen.' Alst.d äußerte: „da die westlichen Zimmer ja noch leidlich gut imstande sind, wird's ganz leicht zu machen fein, daß wir auf kurze Zeit nach Castel Maure gehen und uns mit dem Archi tekten beraten.' „O, Alfred, willst du das wirklich?' rief Nora, ihren Gatten stürmisch umarmend, „wie freue ich mich darauf, mein Geburts haus wiederzusehen! Ich zählte

fünf Jahre, als wir es verlief en, wieviel mag sich inzwischen verändert haben! Der nö^liche Flügel war damals schon im Verfall, aber ich schwärme für ver fallene Schlösser, sie sind romantisch! O, was werden wir alles entdecken, denke nur an das „Geisterzimmer', vor welcher? ^ den Leuten gruselt.' Die Restaurierung des nördlichen Flügels wird Unsumme? kosten,' sagte Alfred überlegend, „allein dafür dürfen wir dazn doch die begründete Hoffnung hegen, daß dein Vater seinen Wide? willen

gegen sein Stammschloß überwindet und dauernd mit MW lebt — und dies Endziel ist des größten Opfers wert.' „Du sprichst mir aus der Seele, Alfted', murmelte Nor« ^ griffen, indem sie die Hand des Gatten innig drückte. „Ist er denn der Meinung, daß der Aufenthalt in Castel Mauk- den Tod deiner Mutter verschuldet habe, weil er das Schloß M dem meidet, Nora?' fragte Alfred gespannt. „Ach nein, es ist auch nicht allein Mamas Tod, der ihm Enste Maure verleidet hat,' versetzte die junge Frau, „ein anderer seit samer

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Pagina 22 di 28
Data: 14.01.1911
Descrizione fisica: 28
, wie sie mit allen ihren Borzügen dazu kommen konnte, einen blinden Mann zu heiraten,' sagte der Advokat kopfschüttelnd, „ist denn dieser Herr du Bon- sejour — so heißt er ja wohl — schon längere Zeit blind gewesen?' „Seit zwei Jahren etwa,' antwortete der Geistliche. „Und die Blindheit ist unheilbar?' '„Wie geschah denn das Unglück?' „Ach, es kam nicht plötzlich. Alfred war von klein auf zart und schwächlich und seine Eltern h atten viel Sorge um ihn. Später erholte er sich dann und wurde kräftiger, allein seine Augen

waren stets leicht angegriffen und der Umstand, daß der Junge sich's in den Kopf gesetzt hatte, Naturforscher zu werden und weit mehr als ihm zuträglich war, mit der Lupe und dem Vergrößerungs glas hantierte, erschien mir schon vor I hren als ein Unglück.' „Bor etwa zwei Jahren nun erkrankte Alfred an einem hef tigen Typhus, als die Nrzte ihn endlich für genesen erklärten, hatten seine Augen ihre Sehkraft in so auffallender Weise ein gebüßt, daß ein Spezialist zu Rate gezogen werden mußte

, aber es war alles umsonst. Die Sehkraft der Augen schwand zusehends und erlosch schließlich gänzlich. Die Mutter starb, ohne Alfred seine völlige Blindheit erlebt zu haben. — Der Vater berief einen berühmten Augenarzt aus Paris und reiste, als dieser erklärte, es sei nichts zu machen, mit dem Sohne nach London. Aber auch hier fand er keinen Trost, Alfred war und blieb blind. Körperlich hat sich Alfred, seitdem er den Typhus hatte, entschieden ge kräftigt. Er ist jetzt ein stattlicher, schöner Mann.' „Aber Onkel,' warf

Maure, oder jetzt vielmehr Nora du Bon-ssjour nicht, Dumont,' sagte der Pfarrer warm. „Sie und Alfred sind sozusagen zusammen groß geworden — die Bäter waren von Jugend an befreundet und als Graf Castel Maure sich vor Jahren hier ansiedelte, entspann sich ein reger Berkehr zwischen den beiden Häusern. Kurz ehe AlfrÄ» am Typhus erkrankte, hatten die beisen sich verlobt; als später seine unheilbare Blindheit konstatiert wurde, wollte der junge Mann Nora ihr Wort zurückgeben. Sie aber nahm

, daß es Alfred nie an liebender Sorge und einer zärtlich stützenden Hand mangeln werde.' „Als ich heute nach der Trauung dem Paar Glück wünschte sagte Nora — ich durfte und darf sie nie anders nennen, mit tiefen Ernst: ,Hochwürden, wenn wir wieder nach Dole kommen, WZ Alfred Anen sagen, ob der heutige Tag das Glück seines Lebens besiegelt hat^, dann fiel sie mir um den Hals und gab mir einer herzhasten Kuß zum Abschied.' „Ich weiß immer noch nicht, wie es zugeht, daß die beid- r jungen Leute hier zusammen

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Pagina 18 di 28
Data: 04.08.1900
Descrizione fisica: 28
zuletzt die Augen mit der Miene einer auf der Folter liegenden Märtyrerin. Aber der Freiherr schien den Eindruck seiner Worte gar nicht zu bemerken, wenigstens nahm er nicht die geringste Notiz von dem stummen Proteste seiner Frau. „Gräßlich!' stöhnte diese endlich, nachdem jener schwieg. „Und diese Gedanken muß sich auch Alfred zur Richtschnur nehmen, wenn er ein echter Oekouom werden will,' fuhr der Baron ruhig fort. „Aller Anfang ist schwer nnd der seine wird es noch ganz besonders

: entweder Alfred lernt arbeiten und sparen, oder man jagt ihn nach Jahresfrist von Haus und Hof, ein anderer, wildfremder Mensch zieht ein und das Stammschloß der Familie Frankenstein ist für sie auf immer verloren. Ich glaube, die Wahl wird ihm nicht schwer werden, denn Alfred war bisher blos leichtsinnig, nicht schlecht, und ich denke, mit den Jahren und byi geregelter Thätigkeit wird er noch ein tüchtiger, brauchbarer Mensch werden ' „Und wenn ich nun einen anderen Ausweg wüßte, welcher rascher

ge troffen, und denke, daß sie alle Beteiligten befriedigen wird.' „Du sprichst sehr zuversichtlich, Melitta. Hast Du schon mit Alfred über diesen Gegenstand Rücksprache genommen?' „Mein Plan war bisher noch nicht reif, jetzt aber bin ich mit mir im klaren und noch heute werde ich Alfred in Kenntnis setzen.' „Und die von Dir Auserkorene?' „Margot Komtesse Prödels!' Wie elekrisiert sprang der alte Herr auf. „Was? — Diese Kokette soll meine Schwiegertochter werden?' fragte er. „Weißt Du besseren Rat?' gab

waren, habe ich bemerkt, daß Margots Augen mit unver kennbarem Wohlgefallen auf Alfred ruhten, daß sie ihn vor den andern jungen Herren auffallend bevorzugte, daß sie, wo es uur immer ohne Aufsehen geschehen konnte, in seine Nähe zu gelangen suchte. Alsred ist der Komtesse nicht gleichgültig, daran ist nicht zu zweifeln, und damit ist das gewichtigste Bedenken gegen mein Projekt beseitigt.' „Und Alfred? Bist Du bei dem Deiner Sache auch so gewiß?' Die Baronin warf ihrem Gatten einen mitleidigen, fast ver ächtlichen

Blick zu. „Er wird mir dankbar sein, daß ich für ihn gewählt habe,' versetzte sie mit einer energischen Handbewegung, durch welche sie offenbar ihren Worten Nachdruck verleihen wollte. „Heiratsfähige Gräfinnen giebt es nicht viele, am allerwenigsten solche, die über bedeutendes Vermögen verfügen. Wir sind, wie Du mir sagtest, verschuldet, verarmt; Du verlangst von uns, wir sollen uns einschränken, uns Entbehrungen und Entsagungen auf erlegen; nun — wenn Alfred die reiche Komtesse Prödel heiratet

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Pagina 26 di 32
Data: 18.03.1911
Descrizione fisica: 32
worden. Der Geigen nach-r w r von dieser Enthüllung auf das höchste 5/ stürzt und schien untröstlich über die vermeintlichen Folgen, bis ihn der Blinke und Nora liebreich trösteten. Nora und Al red nannten ihn Onkel, was den einfachen M nn zu Tränen rührte und das Ehepaar verspr ch, Noras Mutter b ld möglichst zu be- ftichen und sie zu sich zu neh men, wo sie dann bei bester Pflege Zewiß bald wieder gesunden würde. Der Geilisn nl'cher konnte nicht erwarten, bis Nora ihre Mutter besuchte, doch Alfred

, „aber wenn es den Herrschaften einerlei wäre, möchte ich lieber nicht mitfahren, s n ern hier warten, bis die Madige Frau allein mit dem Doktor gesprochen hbe.' „G nz wie es Ihnen am liebsten ist, Onkel Rodriguez,' sagte Nora freundlich, „aber was haben Sie gegen den Doktor?' „Ach — er tut und spricht immer so, als ob die Tage von Aabriele gezählt seien und das k-mn ich nicht hören,' murmelte --?r alte Mann mit zitternder Stimme. „So bleiben Sie hier, Onkel Rodriguez', sagte Alfred freund lich, ..mährend ich meine Frau

schlug hoch auf bei des Doktors letzten Worten. „O daran soll es gewiß nicht fehlen, Herr Doktor,' rief sie lebhaft; „wir sind gottlob in der Lage, der Kranken ein Leben in frischer, gesunder Luft, in heiterer Umgebung und unter lieben Freunden bei vorzüglichster Pflege zu verschaffen, wenn —' „Wenn,' fiel Alfred der Errecten ins Wort, „der Herr Doktor uns gestattet, der Kranken eine Mitteilung zu machen, welche den Druck von ihrer Seele nehmen wird, welche aber zu erhalten sie 'instweilen

noch völlig unvorbereitet ist und die sie nach mensch lichem Ermessen freudig erregen wird.' „Darf ich die Herrschaften fragen, wer mit der Aufgabe be traut werden soll, der Kranken diese Mitteilung zu machen?' erkundigte sich der Doktor. „Es kommen hierbei nur zwei Personen in Betracht', ver netzte Alfred ohne Zaudern, „entweder der alte Mann, den Sie jchon bei der Patientin gefehen haben, oder meine Frau.' „In diesem Falle würde ich die gnädige Frau für die ge eignete Persönlichkeit halt-m,' sagte

der Arzt; er schwieg einen Augenblick und fragte sodann: „Ich setze dabei natürlich vor aus, daß die gnädige Frau der Patientin ebenso genau bekannt ist, wie der alte Mann!' „Diese Annahme trifft leider nicht zu, Herr Doktor,' entgeg nete Alfred, „das plötzliche Erscheinen meiner Frau dürste di? Leidende mindestens sehr überr-schen.' „So muß es dem alten M mne überlassen bleiben, ihr die Eröfs. nung zu machen,' entschied der Doktor, „er wird sich seiner Ausga ohne besonderes Geschick entledigen

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Pagina 23 di 32
Data: 18.02.1911
Descrizione fisica: 32
. Einer der Verunglückten hinterläßt eine starke, unversorgte Familie und ist der Jammer groß und allgemein. „Wie traurig', murmelte Nora, indem sie sich die Tränen aus den Augen wischte. „Ja — es wt mir unendlich leid, daß der erste Eindruck, den unser neues Heim auf dich machen muß, so trüber Art ist', s'gte Alfred, „hätte ich eine Ahnung gehabt, was uns hier erwartete, dann würde ich unsere Reise noch um einige Tage verschoben haben, Nora!' „Sage das nicht, Alsred', gab die junge Frau flüsternd zurück, versuchen

wir es lieber, das Unglück der armen Familien durch '3 „Du hast recht, mein Liebling', nickte Alfred. Noras Worte waren freilich nur geflüstert worden, aber Agathes charfes Ohr hatte dieselben doch verstanden und als sie später mit Frau Armand allein war, teilte sie ihr mit, was sie erlauscht und rief enthusiastisch: „Die gnädige Frau ist ein Engel?' Ein Aus spruch, den die Haushälterin gern gelten ließ. Nachdem Nora wie ihr Gatte dem reichbesetzten Kaffeetisch, den Frau Armand vorgesehen hotte, alle Ehre

, „würde ich vorschla gen, gleich heute unsere Forschungsreise im nördlichen Flügel « beginnen, so aber müssen wir uns schon bis morgen gedulden. „Ich bin gar nicht so ungeduldig, Nora', erklärte Alfred lächelnd. „O, das sagst du nur so', schmollte die junge Frau. „Du weißt, ich repräsentiere deine Augen und so wirst du es dir schon gefallen lassen müssen, an meiner H'nd überall hinzukriechen, wo sich eine Chance zur Lösung des Rätsels bietet.' „Meinetwegen', nickte Alfred, „da wir nun heute doch nicht mehr

mit den Nachforschungen beginnen können, dürfte es am besten sein, wenn wir den Verwalter, die Haushälterin und das Dienstmädchen hierherkommen lassen und den mündlichen Bericht der Betreffenden in bezug auf den geheimnisvollen Besuch der beiden Fremden entgegennehmen. Vielleicht lichtet sich dann das Chaos, welches der schriftliche Bericht der braven Frau Ar mand hervorrief.' „Das ist eine gute Idee, Alfred!' rief Nora erfreut; „ach, da kommt Luigi schon mit dem Abendessen. Luigi, bestellen Sie der Haushälterin

, sie soll in etwa einer halben Stunde mit dem Verwalter und Agathe hierherkommen.' „Sehr wohl, gnädige Frau!' s'gte der Diener, indem er sich entfernte. Nora hatte gleich am ersten Tage ihrer Ehe die Ein richtung getroffen, alle Mahlzeiten allein mit ihrem Gatten ein zunehmen, um den Blinden vor der unbehaglichen Empfin dung, sich durch aufwartende Dienstboten beobachtet zu wissen zu bewahren. Sie selbst bediente Alfred bei Tisch und suchte ihm die besten Bissen aus. Frau Armand, der Verwalter und Agathe

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Pagina 23 di 28
Data: 25.02.1911
Descrizione fisica: 28
den südlichen, den westlichen und den östlichen Flügel erläutert und die einschlägigen Fußnoten vorgelesen, den nörd lichen Flügel auf zuletzt versparend, und der Wallensteingang bildete das erste Objekt der Nordseite. Die Mittagsstunde war herangekommen, als die junge Frau bei dieser Etappe anlangte, und um ihre eigene Ungeduld zu zügeln, erklärte sie jetzt, den Rest des Planes erst vornehmen zu wollen, nachdem das Mittagsmahl beendet sei und Alfred sein Mittags schläfchen gemacht habe. Nora selbst pflegte

die Zeit, in welcher Alfred schlief, dem Kinde zu widmen, und das tat sie auch heute. Der Kleine lachte wirklich schon, und mit jubelndem Entzücken verkündete die junge Frau diesen Fortschritt dem etwas ungläubig dreinschauenden Gatten, als sich beide wieder dem Pl n zuwandten. Und jetzt kam das wichtigste Ereignis dieses Tages: die Zimmer reihe auf der Nordseite verfolgend, f nd Nora zuerst ein Zimmer, welches den Beinamen „Bischofshei n' führte, weil hier einmal sin Bifchof, der verfolgt wurde

. Gleich nach dem Frühstück am nächsten Morgen fragte Alfred 'sine Frau: „Sollen wir nun unsere Forschungsreise antreten?' Nora antwortete: „Ja, da wir über die Lage des fraglichen Zim mers nun genügend orientiert sind, ist es das beste, uns so rasch als möglich Gewißheit zu verschaffen.' Hierauf läutete sie dem Diener und befahl ihm, sich von Frau Armand die Schlüssel für den nördlichen Flügel geben zu lassen and ihr zu bringen. Bald darauf erschien die Haushälterin selbst mit dem schweren

über Gänge und Treppen bis zum Wallenstein- Äang, dessen breite Tür sie aufschloß, und dann gingen beide durch die gewölbte H lle und standen bald am Fuß jener Treppen- j!ucht, auf deren oberem Absatz die Fremde ohnmächtig zusam mengebrochen war. „Hier ist es vollständig luftlos', murmelte Nora bedrückt. „Vielleicht wäre es doch besser gewesen, Frau Armand mit zunehmen', meinte Alfred.. „Nein,' erklärte Nora tief aufatmend, „wer weiß, ob das Ge heimnis , wenn wirklich ein solches vorhanden

ist und wir es er gründen, nicht in irgendeiner Weise meine Eltern berührt, und m diesem Fall ist es besser, keinen Dritten ins Vertrauen ziehen zu müssen.' „Nora,' rief Alfred dringend, „laß mich dich nochmals bitten, die Sache nicht weiter zu verfolgen!' Wo denkst du hin, Schitz?' gab die junge Frau hastig zurück; . nein, laß uns vorwärts gehen und das Rätsel zu lösen versuchen.' Sie standen jetzt in dem Gang. Ein Blick auf den Plan, den sie in der Hand trug, zeigte Nora, daß sie sich links wenden mußten

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Pagina 21 di 28
Data: 25.02.1911
Descrizione fisica: 28
man nicht, ob diese geheimnisvolle, ruchlose Wandererin an ein besonderes Zimmer gebannt ist?' forschte Nora atemlos. „O ja, sie soll besonders im,Geisterzimmer' ihr Wesen treiben, gnädige Frau!' versetzte Agathe, nicht wenig stolz auf ihren Bericht. „Im Geisterzimmer — weiß man denn, wo sich das Zimmer befin det?' frug Alfred, nun auch sehr interessiert. „Nein,' mußte Aga the zugeben, „meine Pate, diefrühereHaus- hälterin hier im S chloß, wußte es schon nicht mehr; sie hatte nur noch davon sprechen hören

beruht auf Abbe Didier; eigentlich hatte ich gehofft, wir würden hier einen Brief von ihm vorfinden.' „Das wäre kaum möglich gewesen, Nora. Bedenke doch, daß er nicht direkt mit deinem Oheim verhandelt, sondern durch dessen Sachwalter in Madrid und Barcelona, was sehr zeitraubend ist.' „Nora,' sagte Alfred plötzlich zu seiner Gattin, „eben kommt mir eine Vermuklmg hinsichtlich dieser Frau Simeuse —' „Wieso — was meinst du, Alfred?' „Daß sie vielleicht identisch ist mit jener Dienerin deiner Mutter

, von deren Verschwinden aus Castel Maure du mir ein mal erzäbltest.' „O, Alfred, wenn du recht hättest!' „Wenn ich mich recht erinnere,' fuhr Alfred fort, „ließ jeue Die nerin einen Brief für deinen Vater zurück; in diesem Brief bekannte sie, deine Mutter habe sie verpflichtet, deinem Vater ein Geheim nis zu enthüllen, und sie verlasse das Schloß, um nicht quälenden Fragen ausgesetzt zu sein. Nicht wahr, so ist es gewesen, Nora?' „Genau so, Alfred!' „Wenn also jene Frau Simeuse mit der Verschwundenen

identisch war, dann hat sie dich als Tochter deiner Mutter erkannt.' „Aller Wahrschein lichkeit nach; und das Geheimnis, welches sie meinem Vater an vertrauen sollte —' „Muß auf irgendeine Weise mit dem sagen haften Geisterzimmer zusammenhängen.' Nora erhob sich und schritt hastig im Zim mer auf und ab. Alfred tastete sich vorsichtig bis zu der Stelle hin, wo er das Rauschen ihrer Ge wänder vernahm, und zärtlich den Arm um sie schlingend, sagte er besorgt: „Meine Worte haben dich anscheinend beunruhigt

, Nora — ich hätte meine Ver mutung gar nicht aus sprechen sollen, wenig stens heute abend nicht, denn ich fürchte, um deine Nachtruhe ist es geschehen.' .Ach, ich bin töricht, mich in dieser Weise aufzuregen, Alfred', murmelte die junge Frau beschämt. „So laß uns von etwas anderem sprechen, Schatz, damit deine Gedanken sich beruhigen.' „Als ob das so leicht getan wäre! Wieder und wieder sehe ich die Frau Simeuse vor mir, und wenn ich gar denke, sie wäre jene verschwundene Dienerin und hätte

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Pagina 14 di 20
Data: 25.08.1900
Descrizione fisica: 20
, hinter welcher der Giebel des Häuschens hervorlugt.' Die Erinnerung an das kleine Ereignis war durch die gegen seitige Erzählung wieder so mächtig aufgefrischt worden, daß beide plötzlich laut auflachten und sich nur schwer zu beruhigen vermochten. „Die Geschichte war wirklich zu komisch — ich vergesse sie nicht wieder und sollte ich hundert Jahre alt werden/ rief Alfred noch immer lachend, selten wird es einen köstlicheren Spaß gegeben haben.' „Die Frau des Waldhegers, der draußen im Forste thätig war, ist das Muster

ofen und den zum Trocknen aufgehängten Kräuterbüscheln wird die einmal geweckten Erinnerungen an jenes köstliche Seeabenteuer noch lebendiger vor unsere Seele führen. Und dann, lieber Baron, ' daß ich es nur gestehe: ich habe wirklich Appetit auf ein Glas frische Milch, wie sie uns damals die Hegersfrau vorsetzte.' Alfred legte sich mit ganzer Kraft in die Ruder, pfeilschnell schoß das Boot dahin und bald legte es am Ufer an, von wo aus in wenigen Minuten das Hans des Waldwärters zu erreichen

Alfred anf der Ruderbank, und ihre weichen Hände hielten das an ihrer Seite befestigte Gerät, es von Zeit zu Zeit flüchtig in die Wellen tauchend und dadurch die Gondel in lebhaftere Bewegung versetzend. Dann gab auch der Jüngling gleichzeitig mit ihr einen leichten Ru derschlag, und mit leisem Gemurmel, als seien sie über die Störung ihrer Ruhe unwillig, brachen sich die Wellen am Kiel des Bootes. „Das ist ein Abend zum Träumen und Schwärmen, wie er Heinrich Heine vorgeschwebt haben mag

, als er seine tiefpoetische Lotosblume dichtete!' sagte das Mädchen und wie im Selbstge spräch recitierte sie die Verse: „Die Lotosblume ängstigt Sich vor der Sonne Pracht, Sie duftet und weinet und zittert Und erwartet träumend die Nacht.' Sie schwieg, Alfred aber vollendete das Gedicht, indem er den Schluß ergäuzte: „Der Mond — der ist ihr Buhle, Er weckt sie mit seinem Licht, Und ihm entschleiert sie freundlich Ihr frommes Blumengesicht!' „Ich Wünschte, Sie wären die Lotosblume. Margot, und ich der Mond!' fügte

.' Alfred ließ das Ruder sinken und erfaßte die Hand der Gräfin. „Nun denn, Margot, ich liebe Sie ' Das ZMdchen lachte hell auf. „Sie lieben mich, das ist reizend!' sagte sie, offenbar höchst belustigt. „Ist das aber auch ein wahres, wohlüberlegtes Ge ständnis, Baron, oder ist es nur unter der Einwirkung dieser poesie vollen Mondnacht gereift und morgen ebenso rasch vergessen und verschwunden, wie beim Herannahen des Tagesgestirns das bleiche Licht unseres verschwiegenen Freundes dort oben?' „So wahr

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Pagina 15 di 20
Data: 08.09.1900
Descrizione fisica: 20
Platz genom men hatte, wie an jenem Tage, und Alfred mit auf den Rücken gelegten Händen am Fenster stand und in das wilde Treiben von Sturm und Regen hinausstarrte. Aber auf seinem Antlitz lag nicht wie damals der Ausdruck verletzender Frivolität, sorglosen Leicht sinns; eine trübe Wolke ruhte auf ferner Stirn, und anstatt des übermütigen Lächelns, das feinem Wesen etwas so Selbstbewußtes verlieh, lagerte ein Zug unbeugsamen Trotzes um seinen Mund. Aus einem Sessel lag Ueberzieher und Reisedecke

unter dem Polster ächzten und stöhnten. „Es schlägt alles fehl, selbst die so glücklich eingeleitete Verbin dung mit Margot, die uns Rettung bringen sollte, war nur eine trügerische Hoffnung/ versetzte die Baronin. „Du hast es gewiß nicht an Zureden und Versuchen, den Starrsinn der Komtesse zu brechen, fehlen lassen, Alfred, aber sie scheint dadurch nur nm so mehr veranlaßt worden zu sein, auf ihrem Willen zu bestehen.' „Ich habe mit allen möglichen thatsächlichen und Scheingründen mich bemüht, Margot

seine Gattin, und ihre Lippen warfen sich verächtlich auf, „das ist ganz gleichbedeutend mit einer völligen Absage, denn wenn Du nicht mehr Erbe der Herrschaft Frankenstein bist, wird die reiche Gräfin Prödel sicher ihre Hand znrückziehen.' Alfred zuckte die Achseln, als wolle er sagen: wer kann's än dern! Aber von Bedauern oder gar getäuschter Hoffnung war nichts in seinen Zügen M bemerken. „Die Verschiebung der Vermählung bis zum nächsten Früh jahre würde ohne große Bedeutung für unsere Lage

Stolz in diesem Momente gebrochen erschien. Der Freiherr hatte sich erhoben und seine Wanderung durch das Zimmer wieder aufgenommen. Plötzlich blieb er vor seiner Gemahlin stehen. „Einen Ausweg wüßte ich noch, der möglicherweise mit einem Schlage das drohende Unheil abzuwenden geeignet ist,' sagte er mit einer gewissen feierlichen Betonung; „freilich ist auch hierzu Selbstverleugnung und Vergessen des Geschehenen erforderlich.' Die Baronin schaute ihn fragend an. Auch Alfred wandte sich vom Fenster

, wir, nicht Riesenbecks, haben begangenes Unrecht gut zu machen,' versetzte der Freiherr. „Und wie denkst Du Dir das, in welcher Weise soll das ge schehen?' fragte jene mit der scharfen, schroffen Betonung, die sie stets anwendete, wenn ihr Stolz, ihre Eitelkeit verletzt schien. „Die Mittelsperson hierzu müßte Alfred werden und zwar ohne lange schriftliche Unterhandlungen, die ich für zwecklos und ver fehlt halte,' erklärte der Gutsherr. „Alfred war noch ein Kind, als die Zerwürfnisse zwischen unseren Familien

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Pagina 28 di 32
Data: 04.03.1911
Descrizione fisica: 32
j. l hat vom ersten Tage an, da sie des Mannes Gattin wurde, nur Liebe und Güte für ihn gehabt und seine Liebe als ihren köst lichsten Schatz hochgehalten. Es mag ihr schwer genug geworden sein, das Geheimnis zu enthüllen, denn sie wußte ja nicht, wie der Gatte die Entdeckung aufnehmen würde, aber selbst auf die Gefahr hin, aus seinem Herzen verstoßen zu werden, gab sie der Wahrheit die Ehre! Nicht wahr, Alfred, du würdest an all dies denken und dann würdest du deine Arme öffnen und dem Weibe

, das du mit allen Fasern deines Herzens liebst, der Mutter deines Kindes sagen: „Sei so niedrig geboren, als du magst, meine Liebe bleibt unverändert! Nicht wahr, Alfred, so und nicht anders würdest du sprechen?' „Nora, deine Brust fliegt, deine Hände beben, du erregst dich Wer das Schicksal deiner Romanheldin, als wenn es sich um wirkliche Erlebnisse handelte!' „Nicht wahr, Alfred, du würdest sie an dein Herz nehmen und „Wie wäre das denkbar, Nora? Du wirst immer unverständ licher.' „Höre mir zu, der Brief

wird dir alles erklären.' „Der Brief? Weshalb gibst du selbst mir nicht lieber eins Erklärung?' Der Ton, in welchem der Blinde diese Worte äußerte, ließ Nora bestürzt aufblicken; ein leises Mißtrauen sprach aus dem Ton und prägte sich auch in den gespannten Zügen des Schloß herrn aus. ..Nora!' rief er jetzt fast heftig, „hier gibt es ein Geheimnis!' „Zwischen dir und mir niemals, wir beide haben volles Ver trauen zu einander, nicht wahr, Alfred? Und nun will ich lefti — habe ich dir schon gesagt, wo ich den Brief

fand?' „Rein, Nora.' „Er steckte in dem Rahmen des Bildes, von dem ich mit dir sprach; es ist ein auf drei Seiten beschriebenes Briefblatt, un- Wegkreuz bei Sexte« in Tirol, rückwärts das Fischleinetal. (Mit Text.) sie nicht einen Augenblick über deine Gesinnung im Zweifel lassen?' „Ich hoffe, ich könnte es, Nora.' „Du hoffst es nur? O Alfred, denke nochmals nach und dann wirst du sagen: ,Jch weiß, daß ich es könnte und — und — auch täte/' „Ja, mein Liebling, ich weiß, daß ich es könnte und täte

.' Nora atmete tief auf; es klang fast wie ein Keuchen. Dann nahm sie den Brief zur Hand und sagte tonlos: „Alfred, du woll test mich ja daran erinnern, dir ein Schriftstück, welches ich im Geisterzimmer fand, vorzulesen; wenn du mir jetzt zuhören willst, werde ich lesen.' Der Blinde war sichtlich verblüfft.durch die Schnelligkeit, mit welcher die junge Frau von einem Gesprächsgegenstand zum an deren überging und gab dieser Empfindung Ausdruck: „Ich vermag deinen wechselnden Einfällen kaum zu folgen

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Pagina 25 di 30
Data: 11.03.1911
Descrizione fisica: 30
kamen ' Hier stockte Nora, weil Alfreds Hand sich mit leiser Mahnung auf ihren Arm gelegt hatte. Rodriguez Martini aber zog ein kleines Briefpäckchen aus der Tauche. Fflst zärtlich über das Briefpaket streichend, begann er mit merklich sicherer Stimme als vorhin: „Meine gnädigen Herr schaften, als ich kürzlich zum erstenmal die Ehre hatte, dieses stolze Schloß zu betreten, befand ich mich in Begleitung meiner Nichte —' „Ihrer Nichte?' wiederholten Alfred und seine Gattm wie Vis einem Munde

könnte, um sie zu trösten/' Fast zugleich mit Alfred, der seiner Gattin zuflüsterte, sie möge vorsichtig sein, unterbrach der kleine Geigenmacher Nora mit den Worten: „O gnädige Frau, das genügt vollkommen. Jetzt wird Gabriele sich nicht mehr besinnen, mir in mein Heim zu folgen. Und gleich auf der Stelle m che ich mich auf den Weg nach Sevilla, meinem Gehllfen habe ich einige Aufträge erteilt vor meiner Ab reise und ihm auch meine Adresse in Sevilla aufgeschrieben.' „Auch wir möchten um Ihre Adresse dort bitten, Herr

Martini,' sagte Alfred lebhaft. „Ich h be einen Bekannten dort, der in einer großen Fein bäckerei beschäftigt ist und bei dem ich jederzeit Unterkunft finde: er w hnt C lle Provenz-a 26, Sevilla, gnädiger Herr.' „Und wie gedenken Sie die Wohnung Ihrer Nichte zu ermitteln, Herr Martini?' „Ei nun, ich gehe auf das Postamt I, sage dem Beamten dort, ich sei es, der Briefe unter der Chiffre L. aus Alagon schreibe, und bitte ihn, mir zu sagen, wo die Persönlichkeit, für welche die Briefe bestimmt

wir uns das Weitere vorbe halten,' sagte der Blinde ernst. „Einverst n^en,' entgegnete der kleine Geigenmacher, indem er sich h stig erhob. „Gott vergelte Ihnen alle Güte, gnädige Herrschaften,' murmelte er, und sich tief verbeugend verließ er das Gem ch. „Das ist ein aoldtreues Herz, Nora,' sagte Alfred leise, „Gott gebe, daß er G oriele Simeuse baldigst finde.' „Was fallen wir tun', sügte die junge Frau bei, „wenn die Woche vergeht und wir keine Nachricht erhalten, Alsred?' „Dann f hren wir nach Sevilla

den war es nicht zu verwundern, wenn Nora täglich niederge schlagener wurde. Alfred bemühte sich umsonst, sie zu beruhigen. Als aber volle vierzehn Tage verstrichen waren, sagte der Blinde: „Nora, wir wollen nicht länger warten. Laß alles für eine Reise instand setzen, telegraphiere ans Hotel de l'Europe in Sevilla, daß wir übermorgen dortselbst eintreffen würden und ersuche die Verwaltung, uns einige Zimmer zu reservieren. Dem Kinde kann die Reise bei dem herrlichen Wetter nicht schaden. Bist du einverstanden?' Ob Nora

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Pagina 18 di 28
Data: 18.08.1900
Descrizione fisica: 28
wir nicht, und verlangen, daß Sie sich entfernen.' Die Anspielung auf die zerrütteten Vermögensverhältnisse seiner Familie brachte Alfred noch mehr in Hitze. Dieses Baueruvolk wagte es, ihm Dinge vorzuwerfen, die er für völlig unbekannt hielt: Seine schimpfliche Entlassung vom Militär und die mißliche Finanzlage seines Vaters; ja, man wies ihm sogar die Thür. Wenn er dieser Dreistigkeit jetzt nicht energisch entgegentrat, war der Respekt, den er beanspruchte, für immer dahin. Dicht trat er an Röber Hera

. In demselben Augenblick aber, wo der Schlag fiel, drängten sofort die jungen Burschen an Alfred heran und im Nu hatte man ihm die Reitpeitsche entrissen. „Hinaus!' tönte es von allen Seiten, „werft ihn hinaus!' und im Moment hatten ihn ein Dutzend handfeste Fäuste gepackt und ehe er sich versah, lag er draußen auf der Straße, neben ihm die Gerte. Die Bauern hatten Wohl selten mit gleicher Lust ähn liche Lynchjustiz geübt, wie in diesem Falle, wo es sich um den jungen Barou handelte, der wegen

seiner Rücksichtslosigkeit und seines Dünkels bei ihnen verhaßt war, während die Mädchen mit stillem Wohlgesallen die Galanterien desselben hinnahmen. Unterdrücktes Lachen ertönte unter den vielen Zuschauern, welche die Hochzeit vor den Gasthos gelockt hatte, als Alfred sich erhob nnd mit der flachen Hand den Staub der Straße von seiner Klei dung klopfte. Dunkelrot vor Zorn wandte er sich zum Gehen. Da fiel sein Blick auf Sopp, der ruhig dastand und Zeuge seiner Demütigung gewesen war. Die tiefdunklen ausdrucksvollen

, während die Handgelenke Spangen von kunstvoller, aber etwas altertümlicher Arbeit umschlossen. In der feinen, Weißen Rechten lag ein kost barer Elfenbeinfächer, ebenfalls mit Spitzen besetzt und reicher Ver goldung versehen, die Linke dagegen hielt ein gesticktes Battist- taschentnch, von welchem der Duft eines herrlichen Maiglöckchen- Parfüms ausströmte. Die Dame lag in der Ecke einer kleinen Otto mane nachlässig hingegossen; ihr gegenüber lehnte, eine Eigarette rauchend, am Fenster ihr Sohn Alfred

. Auch dieser war in Festkleidung, schwarzem Frack, weißer Kra- vatte, feine» Lackstiefeln und sorgfältig frisiert. Er bildete in der That eine vornehme Erscheinung, welche durch die ungezwungene Haltung und die harmonischen Bewegungen noch erhöht wurde. „Wie ich Dir schon sagte, Mama,' fuhr Alfred fort, „irgend eine tiefere Neigung werde ich schwerlich jemals sür Komtesse Margot fühlen; sie versteht angenehm zu plaudern und ist nicht ohne Geist und Witz, aber sie stets nm mich zu haben, sie zur Lebensgefährtin besitzen

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Pagina 15 di 20
Data: 14.07.1900
Descrizione fisica: 20
herbeigeführt hat, ohne daß mich eigentlich ein Verschulden trifft.' „Du sprichst in Rätseln, Alfred, erkläre Dich doch deutlicher!' mahnte der Freiherr. „Aber ich bitte Dich, Papa, das ist bald erzählt. Denke Dir, ich gehe gestern in den späten Nachmittagsstunden hinaus, um ein paar Hühner, oder was mir sonst vor die Büchse kommt, zu schießen. Aber keine Feder läßt sich sehen, viel weniger ein Huhn, so daß ich wirklich recht ärgerlich war, wie Du Dir leicht denken kannst. Ich glaube, ich hätte

maß, welches das Strafgesetzbuch für dieses Verbrechen bestimmt. „Scheine also doch den Kerl richtig getroffen zu haben, war mir auch unerklärlich, daß ich so schlecht gezielt,' fnhr der junge Mann fort. „Immerhin aber ist das eine verflucht fatale Geschichte, die man auszugleichen suchen muß. Läßt sich der kleine Mann nicht mit Geld abfinden?' wandte sich Alfred plötzlich an Röber. „Da müssen Sie ihn selbst fragen, Herr Leutnant,' erwiderte der Bauer kalt, fast verächtlich, „er ist zwar ein armer

Tenfel, immerhin aber doch auch so eine Art Mensch, der als solcher eben falls Anspruch auf den Schutz der Gesetze hat. Uebrigeus besitzt er ein stark ausgebildetes Ehrgefühl, und ich zweifle daher, daß er sich ein paar Mark wie ein Almosen vorwerfen lassen wird.' „Alfred hat recht, Max, man muß die Sache beizulegen suchen,' mischte sich jetzt die Baronin ins Gespräch. „Veranlasse doch den Mann, mit dem Verwundeten zu unterhandeln, mit Geld ist bei dieser Art Leuten ja alles zu erreichen.' Sie hielt

es unter ihrer Würde, mit dem schlichten Bauern persönlich zu Verkehren, deshalb wandte sie sich an ihren Mann. „Wünschen Sie noch eine Auskunst von mir, gnädiger Herr?' fragte Röber, die Bemerkung der Baronin völlig unbeachtet lasse»U>. „Borläufig nicht, lieber Röber, die Sache will überlegt sein, und wenn ich Ihrer bedürfen sollte, lasse ich Sie rufen,' versetzte der Baron. Tonis Oheim verabschiedete sich und ging. Herr von Frankenstein seufzte tief auf. „Du machst mir viel Sorge, Alfred, bei Gott!' sagte er uud sein Gesicht nahm

vor sich hinschallte nnd zu überlegen schien. Alfred war diese Art von Gesprächen, wo es sich um seiue Zukunft und seine Untanglichkeit zu einem Praktischen Berns han delte, von jeher höchst peinlich gewesen, und er suchte sich ihnen so rasch als möglich zu entziehen. „Unsere braune Stute ist seit zwei Tagen nicht aus dem Stall gekommen,' wandte er sich an seinen Vater, „es ist Dir doch recht, wenn ich sie eine Stunde ausreite?' Ein stummes Kopfnicken war die Antwort. Im nächsten Augen blicke war der junge Husaren

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