nicht kompetent, denn von einer derartigen Amts-Instruktion ist auch den eingefleischtesten Aktenwürmern Zrrpsade des Lebens. Original-Erzählung von Wilhelm Koch. (36. Fortsetzung.) „Barbchen," sagte er mit 'unsicherer Stimme, „Du meine Schwester? — Ach, jetzt verstehe ich! — Aber Du hast Dir einen Scherz mit mir erlaubt?" „Es ist Ernst, völliger Ernst, JuliuS; auch mich packte die Entdeckung nicht minder heftig wie Dich. — Wir müssen uns in das Unvermeidliche fügen; eS ist ein seltsames Walten des Geschickes
— die Liebe, die ich bisher Dir zugetragen, sie soll als Schwe sterliebe nicht minder groß sein." Julius schritt einigemal im Zimmer auf und ab; er bedurfte weniger Minuten, um sich zu sammeln, um das Gehörte ganz zu fasten; die Enthüllung war zu seltsam, zu überraschend für sein nichts ahnendes Herz gewesen. Eine Thräne zitterte in seinem Auge, aber er zwang sich zu einem Lächeln. „Jst's möglich," sagte er nach einer Pause, Barbara die Hand reichend, „wunder liche Tücke des Schicksals! Die Geliebte
," versetzte Julius, „eine beffere Schwester hätte ich mir nicht wünschen können, wenn auch eine andere." „Ich sehe, Ihr seid vernünftige Kinder, und das ist brav. — Hier in diesem Manne findest Du Deinen Vater, Julius." Hagedorn reichte seinem Sohne die Hand. „Ich verdiene nicht das Glück Vater solcher Kinder zu sein," sagte er heftig bewegt. „Seien Sie meiner Liebe und Ehrfurcht versichert," versetzte Julius, — „was auch geschehen sein mag, Sie sind mein Vater." So hoch beglückt sich auch der Verirrte
in Gegenwart seiner Kinder fühlte, — es litt ihn nicht länger in ihrer Mitte, das Bewußtsein seiner Schuld trieb ihn von dannen, er bedurfte des Alleinseins und der Ruhe, um sich zu sammeln, — um zu bereuen. Mit dem Versprechen, am Abende zurückzukehren, verließ er hastig das Haus. „Und nun wirst Du begierig sein, Julius, die Verkettung der Umstände kennen zu lernen, deren verwirrte Fäden endlich gelöst werden," nahm die Großmutter das Wort. „Es ist eine traurige, aber nothwendige Pflicht
, daß ich meine Enkel mit dem Schicksale ihrer Mutter bekannt mache." Je mehr aber die Frau den Schleier von dem düstern Bilde hob, um so unruhiger ward Julius. Fragend, erwartungsvoll hieng sein Auge an dem Munde der Sprecherin; gewaltig arbeitete seine Brust, immer schwerer