.) 5 Der von der Vogelweide. Roman von Franz Karl Ginzkey. Der Knappe Dietrich warf iwch einen sinnenden Blick auf seinen Herrn, dann führte er die Pferde gebeugten Hauptes zur Tränke. Nun lag Herr Walther unter der Fichte allein. Es hatte sich ein leichter Wind von den Bergen erhoben, und der Atem des Waldes wurde hörbar. Ost schwoll es wie ein dumpfes, drohendes Rauschen aus der Ferne, im Maße aber, als es näher kam, verbreitete es sich in hei tere, freie Gesänge, und die Sonne durchschimmerte die saust gelösten Wipfel
, das Böglein Tandaradei. Zweites Kapitel. Zu dieser Stunde machte der Junkherr Dietrich eine seltsame Bekanurschasi. Als er die Rötzlein Alnot und Alruua und das Packpferd Hugldeo tränkte und nach denklich an der Quelle faß, vernahm er hinter sich ein Rascheln und gemährte, sich umwendend, etwas Helles, Schimmerndes, das jählings im Gestrüpp verschwand. Dietrich faßte seine stählbeschlagene Keule und sprang mit gewaltigem Satze hinter den Busch. Er wurde aber nichts gewahr als eine niedrige
, rauchgeschwärzte Höh lung im Felsen, die er auf allen vieren hätte durchkrie chen mtissen, wenn er Lust dazu gehabt hätte. Aber ob wohl er ein unerschrockener Jüngling war und manchen derben Strauß bestanden hatte, schien es ihm nicht rat sam, hier wie ein Spürhund finsteren Abenteuern nach zuschlürfen. Er schrie daher, so laut er konnte, durch die hohlen Hände in den Schlund hinein: ,Hoho! hojoho! Wer da drin? Christ oder Heide?" Eine Zeitlang blieb alles still. Dann aber deuchte es Dietrich, als zittere
anstarrend, das tiesetngefallene weißbärtige Antlitz eines Greises, der, sich nunmehr der Höhle völlig entwindend, seinen lallen den Gesang mit einer Anrede unterbrach, die offenbar an Dietrich gerichtet war: „Wer ruft hier Christ oder Heide? Wahrlich, dir ziemt es nicht, mich solches zu fragen, wer du auch seist! Zeuch hin, woher du gekommen bist, du Abschaum der sündigen Welt, du Teufelstünzer und Nimmerfried, du Unbewuß ter, du Blatt im Wind! Kehr um ins Tal zu deinesglei chen, du Ruhestörer, du Hauch
ohne Zweck, du Brocken der Finsternis, du fragendes Tier! Zeuch hin mit deinen drei Satanskleppern, du Schwerverneinter, du Dasetns- dieb, du Wüsteilsprtuger, du Milchgesicht!" Der Knappe Dietrich, den dieser Willkommsgruß nicht sonderlich erbaute, betrachtete den Alten in höchster Ver wunderung. Er vermochte nicht zu begreifen, weshalb der Eremit, denn ein solcher war es wohl, sich nicht aus sei ner kriechenden Lage erhob, obgleich er seiner finstern Höhle längst entronnen war. Stets das Kreuz