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Pagina 16 di 20
Data: 13.09.1968
Descrizione fisica: 20
Copyright Wolfgang Krilger Verlag GmbH, Hamburg „Endlich! Wozu der Aufenthalt und die Aufregungl Diese lausigen Idioten. Dickschädel und Dummköpfe sind das, diese Preußen, verstehen kein Wort von dem, was man sagt. Endlich..." , ,Wieder ein Pfeifsignal. Der Dampf zischte, und die Wagen rollten von neuem über die Schienen. Julius hörte seinen Vater flüstern. Er strengte sich an, um zu verstehen, was er sagte, aber er konnte nur hin und wieder ein Wort auffangen. Der Vater sprach hebräisch. Er betete

. Auch Julius betete nun. Sein' Gebet war an den jungen Rabbiner ge richtet, der vor dem goldenen Leuchter stand. Er murmelte die,paar hebräischen Worte, die er kannte und verstand. Der Zug fuhr schneller. Jetzt, wo sie hinter den preußischen Linien waren, würde es keinen Aufenthalt mehr geben, das Zugspersonal würde versuchen, die verlorene Zeit wieder cinzuholen, Julius wurde gegen die Steine geschleudert, sein kleiner Körper wurde einmal nach die ser, dann nach jener Seite geworfen. Die Wagen schwankten

so hin und her, daß er nicht ruhig Hegenbleiben konnte. Sein Körper wurde von den scharfkantigen Steinen aufgerlebcn. Es war die reinste Folter. Hände, Knie und Gesicht waren geschwollen, die Haut war vielfach zer- schundcn. „Sag ihnen, sie sollen halten. Halten! Halten!“ schrie er. Der Zug fuhr noch schneller. Er raste jetzt fauchend und schnaubend durch einen Tunnel. Die Luft war dick von Ruß und Rauch, die Nacht pechschwarz. Julius schnappte nach Luft, er erstickte beinahe. „Papa!“ jammerte er. „Papa, laß

mich nicht sterben!“ Paul Calman tastete in der Dunkelheit nach ihm. Er zog ihm und dann sich selbst die feuchten Kleider aus, warf diese über sich und zog Julius an seinen nackten Körper, ganz dicht an die Haut, so daß seine eigene Wärme in ihn über ging und ihr Fleisch zusammen war. Er preßte ihn in seine Arme, so daß Julius nur seinen Körper und nicht die schar fen Steine fühlen konnte,- während er selbst zerschundcn und blutend auf dem Rücken lag, den Kopf an einen großen rauhen Stein gelehnt. Da schlief

Julius ein. • i Fünf Wochen lang durchzogen die Cal- mans wie Handwerksburschen das Land zwischen Dijon und Marseille. Sie bet telten, borgten und stahlen. Nachts schlie fen sie bei mitleidigen Bauern oder in Kirchen und manchmal sogar in Hecken unter freiem Himmel. Der Monat Fe bruar war mild, und weiter südwärts schien die Sonne den ganzen Tag von einem bluuen, wolkenlosen Himmel. Sie aßen, wenn sic etwas zu essen hatten. Julius nahm cs auf sich, Nahrung herbei zuschaffen. F.s bereitete

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Pagina 5 di 14
Data: 10.09.1968
Descrizione fisica: 14
, daß sie das nicht tun durfte, sonst hätte sie nicht die Tür verschlossen. Sic hatte befürchtet, Julius könnte kommen und sie sehen, dann hätte sie sich schämen müssen. Es war schändlich von ihr. Er haßte sie. Er 1 haßte sie, weil sic mit Jacques Tripet zusammcnlag. Er rief ihnen durch das Gitter zu: „Ich kann euch sehen — ich kann euch sehen. Du hast mich angelogcn, du hast gar nicht geschlafen. Ich werde es Papa sagen.“ Entsetzt starrten sie zu ihm hinauf. Jacques Tripet sprang auf, und sie zog schnell die Decke

über sich. Julius ließ sich heruntcrfallcn und sein Herz zersprang fast. Er riß das Fenster auf dem Treppenabsatz auf, lehnte sich hinaus und blickte auf die Straße. Ja, da sah er Papa, der gerade ins Haus gehen wollte. In dem fahlen Lampenlicht konnte er seine hohe Ge stalt sehen. Müde schleppte er die Beine nach. Er konnte kaum gehen, so er schöpft war er. Der arme Papa! Wie wütend würde er werden! Julius zitterte selbst vor Wut. Er lehnte sich weit aus dem Fenster und rief auf die Straße hinunter. „Papa

, Papa! Komm sofort herauf, schnell, schnell! Mama liegt mit Jacques Tripet auf der Matratze.“ Er sah, wie der Vater den Kopf hob. Er sah das weiße Gesicht verdutzt, ver ständnislos zu ihm aufblickcn. „Schnell, schnell!“ schrie Julius und schlug vor fieberhafter Ungeduld mit den Beinen aus. Eine Hand fuhr ihm ins Haar und riß ihn vom Fenster weg. Es war Jacques Tripet. „Willst du wohl still sein, du Narri Halt die Klappet“ Und dabei schüttelte er ihn hin und her, daß ihm Hören und Sehen verging

. „Ich gebe dir hun dert Sous. Ich gebe dir alles, was du willst.“ Dann ließ er Julius los. Aengst- lich blickte er über das Geländer. Von unten hörte man eilige Schritte. Das Geländer schwankte. „Es ist Papa!“ schrie Julius. „Es ist Papa! Ich habe ihm gesagt, daß ich dich und Mama gesehen habe. Er .wird dich verprügeln." Jacques Tripet drückte sich in die Ecke. Sein Gesicht war nun kalkbleich. Auf dem Treppenabsatz wurde jetzt Paul Calman sichtbar. Seine Uniform war feucht und beschmutzt. Seine Stiefel

hinterließen auf der Treppe Abdrücke, so naß und schmutzig waren sie. Schweiß strömte ihm von der Stirn. Funkelnde Augen und Schweiß — mehr sah man nicht von seinem Gesicht. Er stürmte an Jacques Tripet vorbei. Er würdigte ihn keines Blickes. Er lief ge radewegs in das Zimmer, und Julius folgte ihm. Dann verschloß er die Tür. Julius hörte, wie Jacques Tripet einen sonderbaren Schluchzlaut von sich gab und die Treppe hinabsetzte, als wenn er Angst hätte, als wenn er gar nicht auf hören wücdc zu laufen. Mama

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Pagina 8 di 14
Data: 24.09.1968
Descrizione fisica: 14
und Alida Nata, Giorgio Gallo und Mnria Lorena Barison. Lino Costalbano und Rosalda Spa- gnolll, Ivo Keller und Livia Brcjc, Julius Morandcll und Rita Amort, Bruno Toso und Vers Fortuna, Angelo Galeone und Herta Kcrtchbaumcr, Edoardo Clementi und Ga brielli! Pellegrini, Celestino Sacche! und Liliana Falcione, Giacinto Mattei und Gra- zieUa^ Bellini, Dario, Cari in ,und Graziclja. Masieri, Sergio Brida unii Paolo Dal Passo, Sergio Tczzclc und Gabriella Vcnturiti, An gelo Villani und Solange Tononi, Remo

Louis geben.“ Die Ohrringe gingen in andere Hände Uber, man hörte Geld klimpern; Julius band seinen Lei- nenbeutcl um die Taille, bestellte sich noch etwas zu trinken und verließ dann tänzelnd und eine Zigarette zwischen den Fingern drehend das Café. Der Abend war warm, man hörte das Meer an die Küste schlagen. Ein kleiner Straßenjunge, ein Bastard, streifte Julius 1 Knie und bat um einen Sou. — Als ich so alt. war wie er, verkaufte ich schon auf dem Markt, dachte Julius, warf dem Kind zehn Centimes

hin und ging weiter. Sein Weg führte vom Meer und dem Hafen zu den engen, gewun denen Gassen, den Terrassen und den großen an did Bergseite gebauten Häu sern. Später dann lehnte sich Julius an das Fenster, des Schusters Ouda. Der hob den Kopf und sagte: „Warum gehst du nicht von Algier fort und schüttelst den Staub dieser Stadt von den Füßen? MERAN Philateljstentreffen beendet Erfolg der Vereinsausstellung und Briefmarkenbörse Zwetschgen 70 bis 110, Wassermelonen 20 bis 30, Zuckermelonen 80 bis 90, Trauben

sich in den acht Rennen 70 Pferde beim Ablauf ein, was einen sehr ansehnlichen Durchschnitt von rund neun je Rennen ergibt. Diesmal gab cs fast in jc(lcm Rennen, Ausfälle durch Sturz oder Anhalten, ohne daß aber dabei Unfälle zu verzeichnen waren. Warum bleibst du bei Moses Metzger, wenn du frei sein willst?“ „Moses Metzger“, gab julius zur Ant wort, „glaubt, daß ich Rabbiner werde, und bis dahin kleidet, ernährt und unter richtet er mich, und ich brauche nichts dafür zu bezahlen. Aber sage mir“, fuhr er fort

, „welches ist das reichste Land der Welt?“ Ouda legte lächelnd den Finger an die Nase. „Du wirst überall durchkom men, aber England ist ein reiches Land und außerdem von einem Volk von Narren bewohnt.“ „ist Englisch schwer zu lernen?“ „Wie soll ich das wissen? Geh zu dem englischen Pastor in Mustapha, er finde eine rührselige Geschichte und er wecke sein Mitleid.“ , „Wenn ich will, kann ich jede Spra che in einem halben Jahr lernen.“ Julius ging also zum Hause Martin Fletchcrs. des englischen Pastors, der in Algier

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Pagina 27 di 32
Data: 26.10.1968
Descrizione fisica: 32
; in' Laag: Laag—ÄRA Trient. DAPHNE DU MAURIER 52 KARRIERE ROMAN EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang Krüger Verlag GmbH, Hamburg Im ersten Augenblick hätte sie das Verlangen, ihm den Ring ins Gesicht zu ■werfen, so wütend war sic, dann kam ihr plötzlich zum Bewußtsein, was.sich ereignet hatte. Julius hatte um ihre Hand angehalten, er liebte sic. So hatte sie sich doch^nicjit geirrt,, er hatte sie nicht zum besten gehalten. Julius und sie — Rachel Calman. „Meine Frau... Mrs. Julius Calman ... Liebling

... ich liebe dich... Liebe Eltern, Julius und ich haben uns verlobt... Haben Sie schon gehört? Rachel... Die Neuver mähltestand oben auf den Stufen, Arm in Arm mit ihrem Gatten und sah mit strahlendem Lächeln 1.. Die oberitalie nischen Seen... Wie schön du bist, Rachel, jetzt gehörst du ganz mir, ja, ganz..Dies.und das und jenes..." Aus diesem Traum erwachend, sah sie zu Julius auf und sagte hochmütig und steif: „Sie sind sich Ihrer Sache aber gewiß. Habe ich Ihnen je gesagt, daß ich Sie heiraten möchte

. und zersaustem Haar auf dem Sofa lag. „Na also, das ist ja wohl selbstver ständlich", sagte er, riß die 'Tür auf und rief die Treppe hinunter, Symonds solle Ihm eine Droschke besorgen. Julius und Rachel heirateten am vier zehnten September des Jahres 1894. Die Trauung wurde in der großen Synagoge in Great Portland Street voll zogen und in Portland Place fand dann ein Empfang statt. Walter Dreyfus war ein bekannter Mann und hatte viel Freunde. Die Hei rat seiner Tochter war daher ein ge sellschaftliches

Ereignis. ' Von dem Bräutigam Julius Calman wußte man nicht viel. Angeblich war er Franzose, aber'woher er eigentlich gekommen war, konnte niemand sagen. Er sollte viel Geld haben, außerordent lich ehrgeizig sein, und man prophezeite ihm eine große Zukunft, so daß alle der Meinung waren, Kachel Dreyfus habe eine gute Partie gemacht. Ihre Familie war entzückt und Walter Dreyfus insgeheim sehr erfreut, daß seine Tochter so, gut versorgt war, denn er hatte In dieser Zeit beträchtliche fi nanzielle

Schwierigkeiten. Julius Cal man war vielleicht ein bißchen burschi kos für einen Schwiegersohn, aber er war reich und würde für Rachel sorgen, und das war die Hauptsache. Rachel war überzeugt, daß sie, sobald sic einmal verheiratet war, Julius be einflussen und ihm bessere Manieren beibrlngen könnte. . „Er braucht mich — er ist in vieler Hinsicht so sonderbar und ausländisch", sagte sie sich und kam sich schon als reife und erfahrene Frau vor, weil er sie geküßt hatte. Die Trauung war eine' Enttäuschung

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Pagina 6 di 16
Data: 23.09.1968
Descrizione fisica: 16
ist. ' . , . ' . •. ' . IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII BÜCHER neuwertige Rest- uuvsl iL-n beglände v|eIer Sachgebiete bis zu 70% billiger in der Buchhandlung ÀTHESIA, BQZEN, LAUBEN 4! Abteilung „Modernes Antiquaria 1 !^ iiiriiiiiiiiiriiiinifiiiiifiiiiiiiiiiitmiiitiniiifiiffiiiiiifiiiiiiiiiiiiifiiiiiiitiiiiiiitf DAPHNE DU MAURIER 24 KARRIERE ROMAN EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang Krüger Verlag GmbH, Hamburg „Du kleiner Aufschneider du!“ neckte ihn Nanette. „Ich will tot hinfallen, wenn ich nicht die Wahrheit spreche!“ schwor Julius mit frommem

. Was sollen wir tun, wenn der Herr Rabbiner kommt, um dich zu ho len?“ Julius schüttelte ungeduldig den Kopf. „Moses Metzger schläft schon längst“, sagte er; „Niemand wird mich holen.“ Julius wuchs heran. Mit sechzehn war er so groß wie der Rabbiner Moses Metzger. Er rasierte sich jeden Morgen, rauchte unzählige Zigaretten und hielt sich für. einen feinen Herrn. Tag für Tag bemerkte der Rabbiner, daß sein Schüler sich immer mehr seinem Einfluß entzog. Dieser Bursche würde nie ein Diener Gottes’werden. F.r

war für das weltliche Leben bestimmt, Gewinn und Erfolg würden sein Teil sein, Männer und Frauen ihm ,zu Füßen liegen. Julius pflegte jetzt lächelnd mit über geschlagenen Beinen im Lesezimmer zu sitzen, er bemühte sich nicht einmal, das Buch vor die Augen zu halten, aber das das Lächeln-auf seinem Gesicht sagte; „Dies alles weiß ich und noch mehr. Warum verschwende ich meine Zeit an dich7“' Der Rabbiner fragte sich manch mal, wenn er die gebogene.Nase, die dünnen Lippen, die schwarzen Augen in dem bleichen Gesiebt

sah: „Wohin soll dies führen? Welchen Weg schlägt er ein? Was .wird er aus seinem Leben machen?“ Manchmal brachte er cs sogar über sich, Julius hach feinen Zukunfts- piänen zu fragen. „Hast du dich ent schlossen? Willst du noch immer ein Diener Gottes werden?“ Aber Julius wich Ihm aus,machte eine krause Stirn, biß sich die Fingernägel. „Ich bin erst sechzehn — es ist doch noch Zeit genug, nicht wahr?“ Wenn der Rabbi in der Synagoge' sein andächtiges Schweigen, • seine fromme Haltung sah

. „Das Ist der wirkliche julius, versunken im Gebet“, sagte Moses Metzger, und in seinem Eifer flehte er Gott an, auf die sen jungen Diener Julius nicderzublik- ken, ihn zu schützen und zu bewahren, und wenn der Gottesdienst vorüber war, sah er den jungen Mann aufmerksam und fleißig am Tisch inmitten seiner Bücher sitzen, und er sagte sich: „Auch das ist der wirkliche Julius.“ Aber später, viel später, wenn es dun kel geworden und der Mond aufgegan gen war, waf der Tisch verwaist, die Bücher lagen verstreut umher

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Pagina 2 di 16
Data: 12.09.1968
Descrizione fisica: 16
. Postsparkassekonto Trient Nr. 14/712. SPED. IN ABB. POSTALE GRUPPO l°/70 DAPHNE DU MAURI ER 15 KARRIERE ROMAN EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang Krllger Verlag GmbH, Hamburg „Wohin wollen wir denn fahren, Papa?“ „Südwärts", sagte Paul Calman und zeigte mit einer schlaffen Handbewe gung die Richtung an. Julius wußte, daß man im Süden herrlich leben konnte und daß dort im mer die Sonne schien. „Es wäre doch schade, Geld für eine Fahrkarte zu verschwenden. Wir sollten es fertigbringen, umsonst

nach dem Sü den zu kommen.“ Aber Paul Calman wußle nicht, wie das zu- bewerkstelligen war. „Niemand kann ohne Fahrkarte rei sen“, sagte er kopfschüttelnd. Er schien jede Hoffnung verloren zu haben. Er sah armselig und trostlos aus. Er war nicht mehr der Vater, der Mama ge packt und erwürgt hatte. Seine Wangen waren eingefallen und seine Augen ein gesunken. Es schien Julius, als sei sein Vater nur für Augenblicke bewunde rungswürdig; von diesen abgesehen, war er ein armseliges Geschöpf. Julius ver stand, warum Großvater

ihn verachtet hatte. — Ich bin ebenso gut ein Blan- ' Qard wie ein Calman, dachte er und überlegte, wie sie von Paris, ohne Paß und ohne einen Sou für die Fahrkarte zu bezahlen, wegkommen könnten. So war es Julius, der sich in die Gare d'Orléans schlich und dort ent deckte, daß Donnerstag um zwei Uhr morgens ein GUterzug nach Dijon fuhr. Ein Beamter sprach mit einem Soldaten, und der Soldat wandte sich > an einen anderen Beamten, und niemand beach tete den kleinen Judenjungen, der sich die Nägel biß

. „Die Züge werden noch immer über all angehalten“, sagte der Beamte. „Wann und an welchem Tag der Zug ankommen wird, kann niemand sagen. Wir müssen das Beste hoffen." Julius steckte die Hände in die Ta schen und machte sich aus dem Staube. — Um zwei ist es dunkel, dachte er, und man wird ja wohl nicht jeden Wa gen-durchsuchen. Mit Güterzügen _ reisen ja auch gewöhnlich keine. Passagiere. Er erzählte seinem Vater, was er ge hört hatte. „Wenn man uns entdeckt, werden wir verhaftet verden“, sagte Paul

Calman. „Es würde ein Wunder sein, wenn es gut abgeht,“ „Als ich während der Belagerung zum erstenmal eine Ratte fing, hatte ich nur eine Brotkruste und einen schweren Stein, aber ich erwischte eine. Das war auch ein Wunder“, sagte Julius. Um halb zwei am Donnerstagmorgen krochen sie in den Schatten eines ver lassenen Signalhäuschens inmitten eines Gewirrs von Schienen, die zum Orléans- bahnhof führten. Die Lichter des Bahn hofs schimmerten trüb in der Ferne. Überall standen Güterwagen

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Pagina 19 di 28
Data: 16.11.1968
Descrizione fisica: 28
Rachel, als stände sic auf gleichem Fuß mit ihm, „Ja, .Venedig müssen wir mal besu chen“, stimmte Julius bei. „Venedig, die grcichischcn Inseln, die dalmatinische Küste, Mitteleuropa und das Mittellän dische Meer. Für den .Herbst und Win ter könnten wir mal einen solchen Aus flug in den Süden fcstlcgcn. Wäre dir das recht?“ „Julius, setze ihr. doch nicht solche albernen Dinge in den Kopf“, fiel Ra chel ein. „Gabriele kann das alles tun, wenn sic mit ihren Studien fertig

ist, aber jetzt ist cs noch nicht soweit. Ich wollte sie im September auf ein Jahr nach Paris schicken.“ Julius lachte. „Ich werde ihr Paris zeigen, sic wird sich dort sehr gut amüsieren, darauf kannst du dich ver lassen." Gabriele zog die Augenbrauen hoch und sagte: „Ich denke auch, es müßte sehr vergnüglich sein, von dir unterrichtet zu werden." Beide lachten verdächtig vertraulich, und Rachel, betrübt darüber, daß sic so gereizt war, sagte scharf: „Sei doch kein Narr, Julius, Gabriele muß minde stens noch zehn Jahre studieren

, bevor sic als Erwachsene gelten kann.“ Dieses Mal lachte Julius nicht. Er zog die Augen zusammen, preßte seine dünnen Lippen aufeinander und begann, mit den Fingern auf den Tisch zu trom meln. „Das ist meine Sache“, sagte .er schnell. „Nach meinem Dafürhalten braucht Gabriele, keine,, weitere Er ziehung mehr. Bis jetzt hast du dich ihrer angenommen — von nun-an gc : hört sie mir. Keine Gegenrede — ich verstehe etwas von diesen Dingen.“ Rachel grub ihre Nägel in die Hand flächen, um ihren Zorn

zu beherrschen. Der Ton, in dem Julius sprach, sagte ihr, daß Einwendungen keinen Zweck hatten. Er würde natürlich Gabriele ver wöhnen, ihr den letzten Rest Kindlich keit nehmen. Alle ihre Bekannten wür den lachen, wenn sic sähen, daß ein Mädcncn in diesem Alter für gesell schaftsfähig erklärt wurde. Plötzlich schwand ihr Zorn. Sie fühlte sich schwach und niedergeschlagen. Sie wußte, daß die Kopfschmcrzctf, die schon den ganzen Tag gedroht hatten, gleich ausbrcchen würden. Sie war müde. Weder Julius

, noch Gabriele wür den dagegen etwas cinwcndcn, wenn sic früh zu Bett ginge. Es war ihnen gleich gültig; sie würden froh sein, sie loszu werden. Das war nur natürlich, sie war langweilig und verdarb ihnen den Spaß. Sie stand auf. Sie war bemüht, sich nichts anmerken zu lassen; ihre Stimme klang weinerlich; „Ich habe scheußli ches Kopfweh, ich gehe hinauf.“ Aber die beiden gaben gar nicht acht. Siq hatten sie bereits vergessen. Julius beugte sich Uber den Tisch und faßte nach Gabrielcs Fingern. „Zeig mal her

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Pagina 8 di 12
Data: 03.09.1968
Descrizione fisica: 12
oder ein altes Schaf kaufte. Julius legte Vogclschlingen oder An geln an den Ufern der Seine. Bald würde cs sich nicht mehr darum handeln, an andere Lebensmittel zu verkaufen, son dern Nahrung für sich selbst zu finden. Jeden Tag konnte es den Preußen einfallen, Paris anzugreifen. Würden sic dann nicht sengend und mordend durch Puteaux auf die Brücke von Ncuilly los marschieren? „Werden sie uns umbrin gen?“ fragte Julius. Niemand konnte es ihm sagen. Niemand wußte, wie lange sic warten mußten, wann der Tug

kom men würde. Sic fuhren die Landstraße entlang, Großvater und Julius, ließen Puteaux und Courbcvoic hinter sich und bogen über den Hügel auf Ntntcrre zu. Die Straße war schlecht, die Rüder sanken tief in ausgefuhrene Geleise, überall waren Sehlammlöcher. Vom bleichen Himmel schien eine feuchte Sonne in diu Pfützen, die dann ein kopfgroßes Stück Blau lind eine einzelne vorüberziihende Wolke widcrspicgcitcn. „HU, hü, meine Hübsche!“ rief Großvater und ließ die Peitsche knallen. Das Pferd spitzle

die Ohren und schnaubte. Es war echtes Herbstwetter mit kalter Luft. Julius blies sich in die Hände. „In Nanlcrrc werden wir Fleisch be kommen“, sagte der Großvater. „Ich kenne dort jemanden, der immer ein Paar starker Maulesel hatte. Die wer den ausgezeichnetes Fleisch abgeben, für flas man in der Festung einen guten Preis zahlen wird.“ „Vielleicht will pr sie aber nicht schlachten", meinte Julius. „Wer wird denn Tiere töten, die ihm gut gedient und schwer gearbeitet haben?“ „Die Zeit erlaubt

, indem er auf seinem Sitz hin und her schwankte: „Bismarck, si tu continucs, De tous ics Prussiens il n'en resterà gucrc; Bismarck, si tu continucs, De tous tes Prussiens il n'en resterà plus.“ Großvater liebte die Sonne und die würzige Morgenluft. „Wenn der Krieg vorüber ist, werden wir es uns gut gehen lassen, Julius. Bald wirst du ein großer (unge sein, dann kannst du auf dem Markt schon mitverdienen. Du wirst breit und stark werden, ein richtiger Blanpard. Wenn ich dann auch ein alter Kerl

bin, kann ich dir doch noch ein paar Kniffe bei- bringen. Dann werden wir lachen, was? Wir werden der Welt ein Schnippchen schlagen.“ „Ja, lieber Großvater.“ „Du wirst mich nicht vergessen, wenn ich zu nichts mehr gut bin? Wirst du zu mir kommen und mir alles erzählen, wenn du zornig oder wenn du glück lich bist, wenn 'du dumme Streiche machst und zu Frauen gehen willst?" .Ja.“ „Solche Morgen wie dieser sind gut, Julius. Sonne und kalte Luft. Brust kasten ‘raus und tief .atmen. Dein Vater versteht von diesen Dingen

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Pagina 6 di 16
Data: 17.09.1968
Descrizione fisica: 16
: würden; meine zum Ausdruck gebrachte ; Freude ln geeigneter Form den Süd- , tiroler Landsleuten ln Ihrer Zeitung zur ! Kenntnis zu bringen. Franz Schreiber, Oberst a. D. DAPHNE DU MAURIER 19 KARRIERE ROMAN EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang Krilger Verlag GmbH, Hamburg Julius klopfte an die Tür. Die alte Dienerin Amédée ließ ihn ein. Sie legte den Finger an die Lippen. „Den ganzen Tag hat der Rabbiner auf dich gewartet“, flüsterte sie. „Nie mand wußte, .wo man dich suchen sollte. Dein Vater liegt im Sterben.“ Julius

starrte sie wortlos an. Dann • lief er nach oben. Er lauschte an der Zimmertür. Er konnte den tiefen, sum menden Klageton hebräischer Gebete hören. Der Rabbiner betete. Julius drückte die Klinke nieder und schlich ins Zimmer. Der Rabbinér kniete mit gesenktem Kopf am Bett. Der Vater lag still, die Augen auf das offene Fenster gerichtet. Die untergehende Sonne war hinter das Dach des Nebenhauses gesunken, aber der Himmel leuchtete noch in dunklem Gold. Julius kniete neben dem Bett nieder

und beobachtete seines Vaters Augen, Sie jvaren wie zwei glasige Onyxsteine in einer Totenmaske. Julius hörte nicht auf Moses Metzgers Beten. Er war gespannt, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sein Vater starb. Der Vater hielt die Augen unver wandt auf den flammenden Himmel ge richtet. Von der Moschee her 'verklang die klagende Stimme des Muezzins. Drau ßen auf der Straße war es ganz still. Der Rabbiner betete eintönig weiter. Plötzlich bewegte der Vater die Hände. Sie griffen nach etwas auf, der, Bett

Ruf, : der. Bote, der ; ,an iden,Toren der Traumstadt sanft um Einlaß bat. 1 Als Julius so kniete und zusah, wie sein Vater mit dem immer mehr ver : klingenden Ton des Liedes langsam von ihm ging, war es, als ob auch ein Teil von Julius selbst dahinschwand, das Kipd, das im Tempel gesessen, das sich an seines Vaters Knie gelehnt hatte, das Kind, das zerschunden, Fleisch an Fleisch, in dem hin und ber schwan kenden Güterwagen gelegen hatte, das Kind, das wimmernd in der Wiege lag Und die Hände

emporhob. Lächelnd starb sein Vater, und seine letzte .Note stieg empor wie ein trotzi ger-Aufschrei, der ibn mit hinwegtrug und er nahm etwas mit sich, das nie mehr wiederkommen würde, etwas von Julius selbst, seihe junge, zitternde/er- schreckte und glückliche Kinderseele. Zweiter Teil - 1875—1890 JUGEND Heiß schien die Sonne durch die geschlossenen Vorhänge. Durch Fen sterscheiben und Vorhangstoff hindurch erzwang sie sich den Eintritt in das kleine, dunkle und stille BUcherzimmer. Sie warf goldene

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Pagina 2 di 32
Data: 14.09.1968
Descrizione fisica: 32
EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang Krüger Verlag GmbH, Hamburg Ein Frachter sollte zu Beginn der. fol genden Woche fahren. Er konnte eine beschränkte Anzahl von Passagieren mit nehmen, für die es jedoch keine richti gen Unterkunftsmöglichkeiten gab. Sie mußten unter freiem Himmel auf dem Vordeck kampieren, und, so gut es ging, für sich gelbst sorgen. Es war für sie dort ein kleiner Platz reserviert. Sie wurden eingepfercht wie Schafe in Hür den. Unter diesen Fahrgästen befanden sich Paul Calman und Julius

nicht einmal den Versuch, sie abzuschirmen. Die See ging sehr hoch. Die Über fahrt dauerte fünf Tage, was bei solchem Wetter als gute Zeit angesehen wurde. Julius war die meiste Zeit seekrank und litt sehr. Die Araber hatten für Reinlichkeit keinen Sinn. Paul Calman räumte ihren Dreck fort und schnippte und putzte, ob wohl er sich auf dem schrägen und schlüpfrigen Deck kaum halten, könnte und gegen seine eigene Seekrankheit ankämpfen mußte. Julius weinte und streckte die Hände nach ihm aus, bis er ein paar Orangen

schälte und ihn damit zur Ruhe brachte. Erst einen Tag nach der Landung in Algier, als er die Schrecken der Flucht, die langen, beschwerlichen Wochen des Marsches und das Elend der Überfahrt hinter sich hatte, klappte er zusammen. Er und Julius hatten die Nacht in einem bescheidenen Absteigequartier zuge bracht. Als sie erwachten, sahen sie den strahlenden Glanz eines südlichen Mor gens. Die Sonne war so heiß wie in Paris im Mai, aber stärker, von einer- tiefen Leuchtkraft. Paul Calman öffnete

das Fenster und schlug die Läden zurück, blickte über den,Hafen hinaus auf das blaue Meer, auf glitzernde weiße Häuser und sonnenbeschienene, staubige Stra ßen. Die Sonne wärmte seinen mageren Körper und lodete ein Lächeln auf sein, bleiches, verfallenes Gesicht. Er lehnte sich gegen das Fenstergitter, den Kopf auf die Arme gestützt. „Dies ist das Ende“, sagte er. „Weiter kann ich nicht.“ Julius stand neben ihm und legte sei nem Vater die Hand auf den Arm. „Wir müssen uns umschauen und se hen

in der Luft, es roch nach Honig und schwe ren lieblichen, purpurnen Blüten, aber auch ein anderer Geruch machte sich be merkbar, ein Marktgeruch. Gewürze und Leder wurden dort verkauft und schar lachrote Früchte, und in der Sonne lagen dunkclhäutige Menschen und schliefen, . Julius blähte die Nasenflügel und schloß die Augen. Alle diese Dinge witterte er in der Luft, die von der heißen Straße aufstieg. Paul Calman ließ sich überreden, in die Sonnenglut hinauszugehen. Auch er wollte die Atmosphäre Algiers

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Pagina 8 di 16
Data: 18.09.1968
Descrizione fisica: 16
herauskommt!“ „Selbst wenn wir nichts erwischen, ist es ein Mordsspaß“, grinste Toto und zwinkerte dabei Boru zu, wobei er mit den Fingern schnalzte. „Ist uns bis jetzt schon was mißlun gen?“ fragte Julius. „Hätte ich euch nierhergeführt, wenn ich nicht bestimm', wüßte, daß es was zu holen gibt?“ , „Also kommt! Wie ist der Angriffs plan?" sagte Marcel. Er war der älteste, und manchmal war er ungehalten, daß der jüngste ihr Führer war. „Du schuldest mir,Geld, Freundchen“, sagte Julius. „Hast du dir schon

mai überlegt, wieviel?“ Marcel wurde rot und schlurfte ein paar Schritte weiter. „Du könntest bis morgen warten“, stammelte er, „Wollen erst mal sehen, was es hier gibt.“ „Die drei Wochen zu zehn Prozent sind vorbei", sagte Julius. „Von, mor gen an bekomme ich fünfzehn Prozent.“ „Dann will ich es dir lieber gleich f eben. Mehr als zehn Prozent Zinsen ann ich nicht aufbringen.* Die Geldstücke wechselten ihre Be sitzer. „Inzwischen habe ich.mir unseren Plan endgültig ausgedacht“, sagte lulius

wie der Teufel drauflos und brüllt, was nur aus der Kehle 'rausgeht. Das wird die Tiere erschrecken, 'und sie werden da vonsausen. Haltet euch fest auf ihnen und laßt euch nicht' abwerfen.“ „Wenn nun der Kaufmann versucht, uns nachzusetzen?“ / „Das wird er bleibenlassen, dafür werde ich schon sorgen“, sagte Julius. Die Burschen blickten einander an, teils freudig erregt, teils erschreckt. „Was wirst du mit ihm tun?“ fragte Toto. Julius strich sich über, seine Tasche. ■ „Dasselbe, was David mit Goliath tat

“, erwiderte er. Sie glotzten ihn verständnislos an. Sie verstanden nicht, was er fagen wollte. Julius lachte und drehte sich auf dem Absatz. „Ich bin lüde, ich weiß alles“, sagte er. Dann ging er- von dem Baumgürtel zu einer Bodenerhe bung, von der er die lange, sich weit hinwindende Straße beobachten und den Staub von Maultieren mit ihren Lasten sehen konnte. Julius duckte sich in einen Graben an der Straße. Sein Kinn ruhte in sei nen Händen. Eine Stunde verfloß. Da erblickte er endlich den kleinen Trupp

, wie er aus der Ferne hcranzog. Die fünf Maultiere waren hintcrcinandcrge- schirrt., Jedes trottete hinter dem an dern in einem Abstand von Uber einem Meter. Der arabische Kaufmann selbst bildete auf dem sechsten Maultier den Abschluß der' Kavalkade. Er hing schlaff, nach vorn und dann wieder nach hinten rutschend, in dem hohen - Sattel. Erschöpft und müde senkte er den Kopf tief auf die Brust. Julius erhob sjch aus seinem Versteck in der Mulde und ging ihm langsam auf der Straße entgegen. Ais er in Grußweite kam

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Pagina 12 di 20
Data: 31.10.1968
Descrizione fisica: 20
. Die Aerate waren noch nicht du. Julius blickte sich um. Die Pflegerin stand mit zusammengepreßten Lippen und entsetztem Gesicht im Hintergrund. „Holen Sie Tücher oder so was“, sag te er, „wir müssen allein hiermit fertig werden.“ , Er beugte sich zu Rachel nieder. „Gut, gut“, sagte er lächelnd. „Nur keine Angst. Ich helfe dir schon weiter.“ „Jetzt“, sagte er, „nimm alle Kraft zu sammen — zum letztenmal —• und d?nn laß meine Hände los.. Und so kam es, daß zwanzig Minu ten später, genau fünf und eine halbe

Minute, bevor die beiden Aerate und Mrs. Dreyfus die Zimmertür öffneten, Julius Calman seine Tochter selbst zur Welt brachte, während Rachel vollstän dig erschöpft, aber lebend quer im Bett lag. Für Martha Dreyfus war es der seltsamste und vielleicht der schreck lichste Anblick, den sie je gehabt hatte: Wie sie plötzlich Rachel zerrissen und zcrschunden auf dem Bett liegen und Julius hoch über ihr stehen sah, eine große, schwarze Gestalt im Zwielicht, den fahlen Lampenschein im Gesicht, das schwarze

Haar über den Augen — Und er hielt etwas Sclirciendes und Zap pelndes in den Händen und lachte. Rachel blieb am Leben, und das Kind gedieh. Sie verdankten wahrscheinlich beide Julius’ Eingreifen das Leben, aber wenn seine Methode auch Erfolg ge habt hatte, so war sie doch zweifellos brutal gewesen, und es dauerte viele Wochen, ehe seine Frau wieder einiger maßen zu Kräften kam. Das Mädchen, ein großes, gesundes Kind, das bei der Geburt über zehn Pfund wog, wurde mit einer Patentnahrung aufgepäppelt

und gedieh prächtig. Rachel war enttäuscht, daß es kein Sohn war, ebenso anscheinend auch die Großeltern. „Wie schade“, sagten alle zu Julius, „daß es kein Sohn Ist. Sio hätten einen Sohn bekommen müssen.“ Von dieser üblichen Auffassung war Julius frei. Das Mädchen machte Lärm für zwei, es hatte beinahe seine Mutter getötet und Julius die aufregendste Stunde seines Lebens gebracht. Wenn es,schlafend in der Wiege lüg, betrach tete er es, wie es schmatzte und sab berte. Wenn es nicht schlief, schrie

es nach Nahrung, in seinem vollen, auf geplusterten Mund und seiner platten Nase lag etwas Gesundes und Anhei melndes, und Julius lachte darüber und kniff cs in die Nase, bis cs schrie. „Wer hat dich zur Welt gebracht?“ scherzte er mit ihr. „Wenn sie älter wird, wird sie hof fentlich hübsch werden“, seufzte Ra chel. „Jetzt sieht 6ie nach gar nichts aus., Kleine Mädchen sollten hübsch sein. Ach, wenn es doch ein Junge geworden wäre!“ „Ich weiß nicht.“ sagte Julius gäh nend, „mir gefällt sic. Alle Säuglinge

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Pagina 12 di 16
Data: 09.12.1968
Descrizione fisica: 16
Julius Calman zog nach dem Tode seiner Tochter nach Paris. Es war der einzige Ort, der ihm einfiel, als er seine Lage wieder nüchtern überblicken konn te. In den ersten Wochen nach dem Unglücksfali war er sehr krank gewesen. Von dem langen Aufenthalt im Wasser hatte er sich, wie die Aerzte sagten, eine schwere Erkältung zugezogen. Er mußte, ohne an die Gefahr zu denken, ins Was ser gegangen sein. Behindert durch seine Kleidung und weil er nicht schwimmen konnte, hatte er sie nicht erreichen kön nen

alles, was er konnte, und traf auch die nötigen An ordnungen. Julius Calman erhob keinen Widerspruch, er lag an Bord seiner Jacht zu Bett und -wollte niemanden sehen. Nur sein Arzt hatte Zutritt zu ihm. Als sein aus London herbeigeeilter Sekretär versuchte, ihn zur Acußerung seiner Wünsche zu veranlassen, schickte er ihn weg. „Ich will nichts wissen. Tun Sie, was Sie wollen. Treffen Sie alle Anordnungen, die Ihnen gut-dün ken. Ich will nichts wissen! Lassen Sie mich in Ruhe.“ Man fürchtete, er könnte den Ver stand

verlieren. Dies mußte so sein, sagte man, es war die Reaktion auf den erlittenen Schock. Niemand vermochte zu ahnen, welche Folgerungen er ziehen würde. Die Gesellschaft reiste natürlich sofort nach dem Unfall ab. Julius Calman blieb allein auf der Jacht. Gabriele« Leiche wurde nach Eng land gebracht. Sie wurde neben ihrer Mutter in Granby beigesetzt. Julius fragte nicht einmal, wohin man sie gebracht hatte. Er schien die Er innerung an sie gänzlich in sich aus löschen zu wollen. Die Jacht lag

an ihren Ankertauen im Hafen von Cannes. Ihr Besitzer hatte sich in seine Kabine eingeschlossen, kam niemals an Deck, wollte nicht gestört werden. In Cannes, sprach' man. von nichts anderem als von Julius Calman. Jeder war neugierig, wie lange er wohl blei ben würde. jSeine Sekretäre, sein Arzt, tert von der Tragödie, die. sie so. schnell alle .in Mitleidenschaft gezogen hatte. Das Schweigen bedrückte sie, es drängte sich ihnen-auf, kein Lachen'mehr, kein Singen,. keine Musik, und die ganze Zeit flammte die heiße

Sonne von einem bleiernen Himmel auf die Jacht, die still und unbeweglich an ihrer Boje vertäut lag. : Eines Morgens kam Julius Calman an Deck. Er kletterte auf die- Brücke und ; blickte, kurze Zelt auf das Meer hinaus. Die Brise spielte in seinem' weißen Haar, seine- Hand lag auf der Leinenbespannung der Brücke. Dann drehte er sich plötzlich um und rief den Kapitän, der ihn vom Fenster des Kartenraums aus beobachtet hatte. „Können wir möglichst schnell abfah ren?" fragte er. Der Kapitän kam

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Pagina 24 di 28
Data: 19.10.1968
Descrizione fisica: 28
annehmen und'lernte neue Leute kennen. Als er aber damit einmal den Anfang gemacht hatte, war es schwer, sich wieder zurückzuziehen. Hartmann ging wohlüberlegt zu Werke. Er sorgte dafür, daß Julius Cal- man .Leute mit einem bestimmten Inter- essenkreis kennenlernte, Finanzleute und Politiker. Diese Männer unterhiel ten sich nicht in der schwerfälligen eng lischen Art, von der Julius so verächt lich gesprochen hatte, und die. Frauen, die er kcnnenlernte, waren nicht nur äußerst reizvoll

, .sondern auch intel ligent und gut erzogen. Julius sah noch immer ziemlich ge ringschätzig auf die sogenannte englische Aristokratie herab. - Er meinte,' er ver stände diese Menschen nicht, könne nichts mit ihnen anfangen, und Hart mann war so klug, ihn in dieser Hin sicht nicht zu drängen, da er wußte, daß sein Geld und seine persönlichen Vor züge Julius im Laufe der Zeit gerade mit dieser angeblich von ihm. verach teten Gesellschaftsschicht in Berührung bringen würden. .. Mittlerweile fühlte sich Julius wohlcr

unter denen, die er seine eigenen Leute nannte, Männer, die sich durch persön liche Anstrengung in der Welt eine Stel lung errungen hutten. Er 'lernte einige der großen, bedeutenden jüdischen Fa milien kennen, die alle miteinander be freundet waren und mit Hurtmann in Beziehungen stunden. Bei diesen fühlte sich Julius zu Hause. Er wurde nie als Ausländer oder Eindringling betrachtet,, weil sic alle von derselben Rasse und in jedem Lande heimisch waren. Wie bei Hartmann bewegte er sich hier unter Männern

berechnender und äußerst französischer Geist. Wenn daher Julius Calman sich in Gesellschaft' des Kunsthändlers Max Lö wenstein oder des Pianisten Jakob Glück befand und einer oder beide hingeris sen von ihrem warmen jüdischen Ge-, fühl für etwas Schönes mit begeisterten Augen sich ihm zuwandten, stimmteju- lius mit etwas zur Seite geneigtem Kopf ihnen bei und murmelte: „Wundervoll, wundervoll!“ Aber bei sich dachte er: Schön oder häßlich, was wird es in zwanzig Jahren wert sein? Um diese Zeit besuchte

Julius wieder einmal die Synagoge. Er'wollte, wenn möglich, die Empfindung seiner Jugend wieder cinfangcn und mit der Stimme des Vorsängers den schwindlig machen den Gipfel höchster Freude erklimmen. Er entdeckte, daß es unmöglich war. Er saß still da, kalt und ungerührt, das Kinn in die Hände gestützt. Vielleicht kam cs durch den andersartigen engli schen Ritus des Gottesdienstes, auch das Zeremoniell war nicht so, wie er cs von Möses ‘Metzger gewohnt war, und der Geistliche, der durch die Nase sang

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Pagina 2 di 16
Data: 07.11.1968
Descrizione fisica: 16
). SPED. IN ABB. POSTALE GRUPPO I«/70 DAPHNE DU MAURIER ‘ 60 KARRIERE ROMAN EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang Krtlger Verlag GmbH, Hamburg Diese mit Arbeit ausgcfülltcn Jahre waren reich an Erfahrung. Sie brachten Julius eine immer größere Lebenskennt nis einen immer ausgedehnteren Be kanntenkreis und damit immer neue Erlebnisse. Und diese Erfahrungen ko steten ihn nichts, weder körperlich noch geistig litt seine Gesundheit darunter; seine Spannkraft, seine Persönlichkeit und sein Vermögen wurden

stattet, war aber doch nur die “Unter kunft eines aufsteigenden Mannes ge wesen, der die Tochter-eines kleinen Diamantenhändlers geheiratet hatte. Von dort waren sie nach Bryanston Square gezogen und hatten dazu einen „Ableger“, wie Julius . cs rannte, in Maidcnhead, weil Rachel gern an der Themse wohnen wollte. Und dann hat ten sic schließlich ein großes Haus an der Ecke von Grosvenor Square erwor ben. Für zwei Personen und ein Kind war es geradezu lächerlich geräumig, aber für große Empfänge

war es gut geeignet, und Julius hatte die Absicht, Einladungen in großem Stil zu geben. Wenn auch Rachel aus Sentimentalität an dem kleinen Haus in Maidenhead hing, kam doch noch ein neues Haus in Hove hinzu, das für die Sommermonate bestimmt war — ein ganz modernes Haus mit Blumen an jedem Fenster und farbigen Außenrouleaus. Hier konnte man einen Teil des Juli, August und September verbringen; auch im Herbst und Winter konnte man sich zuweilen dort aufhalten, um dem Lon doner Nebel zu entgehen

auch sehr intelligent, ein glänzender Gesellschafter, dazu noch geheimnisvoll und gefährlich. Auf sei nen Gesellschaften unterhielt man sich wunderbar, und seine Frau war wirklich reizend. Schließlich — und das war die Hauptsache — war er ein mächtiger Mann, er hatte Erfolg, er war Julius Calman. Als Dame des Hauses war Rachel un übertrefflich. Das hatte Julius gleich von Anfang an gewußt. Sie hatte einen guten Geschmack, vor allem in ihrer Kleidung. Julius hörte gern, was man von ihr sagte: „Rachel Calman

ist in der neuesten Mode allen anderen im mer einen Monat voraus“ und „Ein solches Haus, einfach überwältigend, nicht zu übcrblctcn" und „Das Essen, die Bedienung, der Wein! So reich müßte man sein!“ Wie kam es doch, fragte man sich verwundert, daß der Pianist Carlo es ablehnte, in irgendeinem Hause zu spie len, aber sofort zusagte, wenn Julius Calman ihn bat? Warum ließ Chequita, die weltberühmte Primadonna, nach dem Essen ganz zwanglos ihre Stimme in Calmans Salon erschallen und sonst nir gends? Wie kam

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Pagina 2 di 20
Data: 19.09.1968
Descrizione fisica: 20
trieb fUr Oesterreich; Tyrolla, O. m. b. H„ Innsbruck, Andreas-Hofer-StraOe Nr. 4. Annahme der Zeitung verpflichtet zur Zahlung. Postsparkassekonto Trient Nr. 14/712. Anzeigenvertretung ln Italien außerhalb der Provinz Bozen bei allen Filialen der SPI (Società per la Pubblicità ln Italia). SPED. IN ABB. POSTALE GROPPO I»/70 DAPHNE DU MAURIER 21 KARRIERE ROMAN EINES EGOISTEN Copyright Wolfgang KrUger Verlag GmbH, Hamburg Das Maultier galoppierte hinter den anderen her. Julius hopste in dem Sat tel

auf und ab, er stieß mit der Nase gegen den gekrümmten Hals des Tieres, das Haar fiel ihm über das Gesicht. Er schüttelte sich vor Lachen und Schmerz, der Staub wehte ihm in die Augen und vermischte sich mit seinem Schweiß zu einer zähen, krustigen Masse. Die erschrockenen Tiere wollten jetzt nicht haltmachen, sie galoppierten, als wären sie vom Teufel besessen. Julius war es, als sei kein Atemhauch mehr in seinem Körper, so durcheinandergcschüttclt und erschöpft war er. Die Hitze stieg ln ihm hoch

vor Schmerz, Julius lag mit dem Gesicht in einem Düngerhaufen und konnte vor Lachen nicht aufstehen. Toto zog ihn heraus und klopfte ihm den Schmutz von den Kleidern. Boru und Pierre hatten alle , sechs Maultiere wieder eingefangen, und die Burschen standen keuchend, ächzend und. sich angrinsend in einer Gruppe beisam men. Ihr Keuchen und Lachen hörte sicji wie das Fauchen einer Dampf maschine an. „Marcel in dem Kaktiisbuschl“ schrie Julius. „Das werde- ich nie . vergessen, nie, auch Boru

' nicht, wie er, einen Fuß auf dem Boden, zwischen seinen, Tieren fast entzweigerissen wurde; Ach, wie ist das Leben doch herrlich!“ „Dein Gesicht ist“ — und Toto zeigte auf ihn — „ganz mit Dung beschmiert. Fein siehst du aus!“ Julius rutschte vor Vergnügen noch einmal den Abhang hinunter. „Was sollen wir mit diesen ver dammten Schindern anfangen?“ fragte Marcel. „Das wirst du schon Sehen“, ant wortete Julius mit einer vor Lachen halb erstickten Stimme. „Aber zuerst wollen wir uns mal einen hinter die Binde gießen

. Der Viehmarkt läuft uns nicht davon.“ Toto half ihm wieder auf die Füße. Die Burschen' ergriffen die Zügel der armen, noch immer ängstlich um sich schnaubenden Tiere und gingen die Straße nach Algier hinunter. Sie schlurf ten lachend über die Steine, klopften sich den Staub von den Kleidern und schüttelten ihre - Mützen. Drei kleine Araberknirpse, die auf ein paar Sous erpic.ht waren, bewachten die Tiere, während Julius und seine Begleiter in ein Café gingen, um ihren Durst zu löschen. Julius

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Pagina 6 di 20
Data: 18.10.1968
Descrizione fisica: 20
schwierig. Julius war zu sehr an seine Einsamkeit gewöhnt. Er war gar nicht erpicht dar auf, seine billige Wohnung in Holborn, in der er mit sich und seinen Träumen allein war, zu verlassen. Diese Träume waren ja keine eitlen Phantasien, son- .dem verwirklichten sich so' schnell und plötzlich, daß ein anderer, der seiner Bestimmung weniger sicher war, Angst bekommen hätte. „Sie. verstehen mich nicht gunz, Hart mann“, sagte Julius wohl. „Ich muß ar beiten — das ist mein Leben. Ich muß voraussehen

?“ Julius machte eine Handbewegung, und sein Gesicht wurde wieder von jener sehnsüchtigen Traurigkeit über schattet die Hartmann schon einmal an ihm beobachtet hatte. „Um sich schauen, suchen“, sagte er. „Ich bin immer, auf der Suche — man kann niemals wissen. Ich sage Ihnen, für mich ist das Leben zwanzig-, dreißigmal interessanter, als cs je für Sie gewesen ist. Suchen..." Er brach plötzlich ab und zündete sich eine Zigarette an. Dann ging er zu einem anderen Thema über und sprach von dem Steigen

der Aktien einer neuen Gesellschaft und fragte Hartmann, ob sie etwas wert seien. Der Bankier verstund den Wink, er machte auch keinen Versuch mehr, die abgebrochene Unterhaltung von neuem zu beginnen, aber um so ent schlossener war er, Julius aus seinem Schneckenhaus heraus und in das Licht der Oeffentlichkeit zu bringen. , Langsam, aber sicher gelang es ihm. Es begann damit, daß Julius aus den schäbigen, unbehaglichen Zimmern über dem Holborncr Café-in eine große Woh nung am Adclphithcater zog

. < Hartmann besorgte die Möbel und die gesamte Innenausstattung, er besorgte auch die verläßliche, geschickte Haus hälterin, deren Mann ein ruhiger,- diskre ter Kammerdiener war. Er richtete die ganze Wohnung so ein, daß sie für einen Junggesellen mit beträchtlichen Mitteln der passende Aufenthaltsort,war. Julius brauchte mchts .^eitcr zu tun. als in Holbom mit idem Hausschlüssel’ in der Tasche in eine Droschke zu steigen und zu seiner neuen Wohnung’, zu, fahren. Die ungewohnte luxuriöse Umgebung machte

Einschlag in Julius, das einfache und sorglose .Wesen, wie es Jean Blanpard gehabt hatte, ließen ihn seine neue Umgebung als unbehaglich empfinden. Man erwartete von ihm, daß er Jeden Tag badete, seine Wäsche wech selte und seine Fingernägel reinigte, was aiies sicher sehr-unnötig und eine große Zeitverschwendung war. Der. Diener legte jeden Morgen ein frisches Hemd bereit, obwohl doch der rechnungen ihn ruinieren würden, wenn dies so weiterginge. Am schwersten' wurde Julius mit sei ner Dienerschaft

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Pagina 8 di 14
Data: 11.09.1968
Descrizione fisica: 14
wird er in Kraft treten. Paris hat die Waffen gestreckt." „Dann ist die Belagerung vorüber, und die Preußen haben gewonnen?“ „Ja, mein Junge,“ „Warum können wir denn nicht heim gehen?“ „Weil wir in Puteaux kein Heim haben. Das Haus gehörte Großvater und Mama. Wir beide haben keine Heimat, Paris ist nicht unsere Stadt, Frankreich ist nicht unser Land. Wir sind Calmans, wir sind Juden.“ Julius schwieg. Dagegen gab es nichts zu sagen. Er tat, wie sein Vater ihm gesagt hatte, und begann seine Kleider in ein Bündel

zu packen. Er war froh, aus. der Rue des Pctits Champs weg- ' zukommen. Sein Vater zog die Uniform der Na- tionalgardc aus und seinen alten Anzug an. Es war sonderbar, ihn wieder in Zivilkleidung zu sehen. „Niemand würde dich jetzt erkennen", lachte Julius. „Schau nur, wie mager du seit der Belagerung geworden bist. Dein Anzug paßt dir kaum noch.“ Der Vater öffnete die Tür und lauschte. Kein Laut war auf der Treppe zu vernehmen. „Komm, bist du fertig?" Julius fühlte, ob er Geld in der Tasche

hatte. „Mama trug einen Geldbeutel um die Hüften, sollen wir ihn nehmen?“ „Nein", antwortete sein Vater. „Mach dir deswegen keine Gedanken. Für den Augenblick habe ich Geld genug.“ Er ging die Treppe hinunter. Seine Stiefel Knarrten. Julius zögerte. Es schien' ihm jammer schade, Mama die Geldbörse zu lassen, wenn sic sie nicht mehr brauchte. Er kniete nieder und begann unter der Bettdecke zu suchen. Nun — da war die Börse. Sie schien sogar voll zu sein. Er hielt den Geldbeutel ans Ohr, ließ die Münzen

klimpern. Schließlich müssen, mindestens zehn Franken drin sein, wenn nicht mehr, dachte er. Auch das ist beinahe umsonst. , Er lief seinem Vater nach. In dieser Nacht schliefen die Calmans in einer Seitenkapelle der Kirche Saint- Sulpicc. Julius brach die Enden von Altarkcrzcn ab und steckte sie in die Tasche zu dem Geldbeutel. Man konnte nie wissen. Er rüttelte an einem an der Wand befestigten Kasten, auf dem die Worte standen: „Für'die Armen“, mit einem Kreuz darunter. Aber der Opfer stock

war verschlossen. Er konnte das Geld nicht an sich nehmen. Sie mußten in aller Frühe die Kirche verlassen, denn sie fürchteten,' ein Priester könnte kom men und sic fragen, was sie hier zu suchen hätten. Vor kaum einer Woche hatte Julius noch Granatsplitter als Andenken an die Belagerung verkauft und damit drei Franken verdient. „Es ist schade, daß die Preußen heute nicht* schießen“, sagte Julius, „wir hätten ein gutes Ge schäft machen können." Aber die Kanonen schwiegen. Die letzte preußische Granate

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Pagina 16 di 18
Data: 26.05.1951
Descrizione fisica: 18
: « Abmontiert k Das gute TacU&ucU - dee Weg, zum Sefotg Prot Ernst Neu fort: Bau-Entwnrfslehre. Handbuch für den Baufachmann, Bau herrn, Lehrenden und Lernenden. 316 Bildtafeln mit über 3600 Zeichnungen und Sucheinrichtung. 13. verbesserte Auf lage 1950. Lire 5440.—. Prof. Franz Hart: Baukonstuktion für Ar chitckten. Wände, Gewölbe, Decken, Dä cher. I. Auflage 1951, mit 550 Textzeich- nimgen. 77 Tafeln und 55 Tabellen. Ver lag Julius HofTmann, Stuttgart. L. 6460.— Di Otto Völckers, Das Grnndrißwerk. 1400

Grundrisse ausgeführter Bauten jeder Art. III. Auflage 1950. Lire 6460.— Verlag Julius HofTmann, Stuttgart. Prof. Adolf Schuhmacher: Ladenban. Verlag Julius Hoffmann, Stuttgart. Lire 5780.—. Anordnung, Unbau und AitsK?*lalhsnff Meiner und großer Läden alter Gcsch3H$£\voii!f\ An deutschen und auaUndi- *c?ien Beispielen in 160 Ansichten und Grundrissen und Blaff Wcrkzeiclinungen Anton Beh ringer — Franz Reck: Das Mnurcrbucli. Otto Maier Verlag. Ravens burg. Lire 7650.—. Ein Buch der Praxis für Baumeister

. Architekten und Lehrer. Das Fachbuch Für den Gesetlcn, Polier und Mei«te; Arch. Alfred Fischer, Essen: Wohnhaus form. Wege zur Gestaltung, mit über 500 Abbildungen. Verlag Otto Maier, Ravens burg. Lire 6120.—. Prof. Friedrich Heß: Konstruktion nml Form im Bauen. Mit 1440 Zeichnungen auf 198 Tafeln. Verlag Julius Hoffmann. Stuttgart. Lire 6120.—. Herbert Hoffmann: Die Rolibauarbeiten. Ein Hilfsbuch für Werkstatt, Baustelle und Büro. 380 Seiten mit 864 Abbildun gen. Lire 4420.—. Verlag Julius Hoff- mnnn

, Stuttgart. Arch. Dr. Otto Völckers, Uaucn mit Glas. Das Glas in Balltechnik und Baukunst, mit 340 Abbildungen. Lire 5100.—. Ver lag Julius Hoffmann, Stuttgart. Anton B u m i 11 e r: Statik und Festigkeits lehre für die Meisterprüfung im Ban- handwerk und für Praktiker zum Selbst studium. Otto Maier Verlag, Ravensburg. Lire 765.—. Haus Scheel, Der Bau-, Kunst, uud Kon struktionsschlosser. 817 Abbildungen und Zeichnungen und 30 doppelseitige Kon struktionstafeln. Verlag Julius Hoffmann, Stuttgart. Lire

9860.—. Prof. Otto Roth: Warmwasserheizungen. Planung, Ausführung, Berechnung, 72 Zeichnungen und 32 Tabellen. Verlag Julius Hoffmann, Stuttgart. Lire 1325.— Prof. Otto Roth: Dampfheizungen, Ltiftnn gen, Klimaanlagen. 64 Abbildungen. 30 Tafeln und Tabellen. Verlag Julius Hoffmann, Stuttgart. Lire 1565.—. Prof. Dr. A. G. S c h n e c k: Die Konstruktion des Möbels. Die Bauweisen von Schrank. Tisch und Bett. 143 Abbildungen. Verlag Julius HofTmann, Stuttgart. Lire 2040.— Prof. Erich Bolten Stern

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Pagina 4 di 20
Data: 07.10.1976
Descrizione fisica: 20
hatte oder die ihm infolge der Entdeckung des Seeweges nach Indien noch drohten. Es nützte Alexanders VI. Tod und Ccsarcs Krankheit aus, um Faenza, Ra venna und Rimini an sich zu reißen. Dies konnte Julius II. sich nicht gefallen lassen. 1504 überredete er Ludwig XII. und Maximilian, ihrem unchristJichen Zank ein Ende zu machen und gemein sam mit ihm gegen Venedig vorzugehen, dessen Besitzungen auf dem Festland unter die drei Bundesgenossen aufgetcilt werden sollten. Maximilians Geist war willig, aber seine Kasse

schwach, und das Unternehmen führte zu nichts; Den noch gab Julius seine Pläne nicht auf. Am 10. Dezember 1508 wurde zu Cambrai in Frankreich eine großartige Verschwörung gegen Venedig ins Leben gerufen: die Liga Bleichen Namens. Ma ximilian trat ihr bei, erstens weil Ve nedig Görz, Triest, Pordenone und Fiume, die alle zum kaiserlichen Ein flußbereich gehörten, an sich genom men hatte; zweitens weil es die kaiser lichen Ansprüche auf Verona und Padua nicht anerkennen wollte; und drittens

venezianisch geworden waren, an Spa nien herauszugeben. Julius endlich trat der Liga bei (1509), weil Venedig nicht nur keine Anstalten traf, die Romagna zu raumen, sondern auch kein Hehl aus seiner Absicht machte, Ferrura — ein anerkannt päpstliches Leben — zu er obern, Die in der Liga zusammenge schlossenen europäischen Mächte plan ten, sämtliche venezianischen Besitzun gen auf dem Festlandc unter sich auf- zuteilen: Spanien sollte die Hufen an der Adria zurückerhalten, der Papst die Romagna

einen Verbündeten nach dem andern der Liga zu entfremden und diese zu sprengen. Venedig verdiente trotz allem Mit gefühl: völlig auf sich selbst gestellt, wagte cs, einer riesigen Übermacht die Spitze zu bieten, und seine ganze Be völkerung — die Reichen freiwillig, die Armen gezwungenermaßen — rang mit unerhörter Hartnäckigkeit Um einen Sieg, der bestenfalls ein Pyrrhussieg sein konnte. Der Senat bot dem Papste die Rückgabe von Faenza und Rimìni an, aber der erzürnte Julius schleuderte zur Antwort

in den Weg, und die Paduancr selbst wehrten sich mit einer Verbissenheit, aus der sich ermessen ließ, welches Ansehen die venezianische Herrschaft in dieser Stadt genoß. Der Kaiser, dem die Sache nicht schnell genug vorwärts ging und der sich außer dem ständig in Geldnöten befand, kehrte nach kurzer Zeit voll Überdruß ins Tirol zurück, und Julius befahl den kaiserlichen Truppen von einem Tag auf den andern, die Belagerung aufzu heben. Padua und Vicenza begaben sich freiwillig wieder unter die Herrschaft der Venezianer

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Pagina 4 di 12
Data: 29.08.1968
Descrizione fisica: 12
Istiick z\ liiNordati! IRichtun fhllfhitl i Illen seit fiinigern (tun Vir; I ren aus j’fcincrseil Kerns i [können Chnuffc Vieh dot Jclwas z ieinigen iralioncl rader Pia ! Dcr { Binnerslii f-fzu such wahrer I “der. get J Mindest i? Wann < | Am I j 11.30 I in den Kreuztt all« Fa Von M Gcbti •1 Köhl, P H Walter fs Sabrina H Mattel. i| Tode: I (78 JaF DAPHNE DU MAURIER KARRIERE ROMAN EINES. EGOISTEN Copyright .Wolfgang Krüger Verlag GmbH, Hamburg „Laß mich, ich mag.nicht.'spielen“/ sagte Julius

nur um Essen und Trinken, um Tätscheln, Schimpfen und Schlafen ge handelt, aber jetzt zeigte sich ihm das Leben von seiner wahren, seiner ge schäftlichen Seite. Fünf Tage in der Woche fuhren die Blangards auf den Markt. Nur deshalb konnte Julius ge kleidet und ernährt werden, nur deshalb schlief er in einem warmen Bett. Soviel hatte er schon gelernt, Und jetzt nahm der Markt den größten Platz in seinem Geiste ein, er erlangte eine weit größere Bedeutung als das schäbige Haus in Puteaux, er bedeutete

, du Lang schläfer — kannst du deine Frau nicht in Ruhe lassen?“ Gleich wurde dünn die Kerze aus geblasen. Der Vater tastete sich aus dem Zimmer, dünn hörte man den Wagen die Straße hinuntcrrutnpcln, Großvater ließ die Peitsche knallen und trieb mit seiner heiseren, rauhen Stim me das Tier an. Julius schloß wieder die Augen, preßte sieh an seine Mutier, froh, duß er allein mit ihr war. Er wußte, das Großvater und Vater zu den Hallen gefahren waren, um die Ware für den Markt zu holen. Die Hullen

ihre Unterröcke fest, wickelte sich einen dicken Schal über ihr wollenes Kleid und schlüpfte mit den Filzpan- tofeln in die Holzschuhe, Julius trug einen schwarzen Mantel über seiner Schürze, und auch er wurde mit einem dicken Schal ujnwiekclt, der ihm bis über den Mund reichte, damit er nicht die kalte Luft cimimele. Er hatte schwarze Holzschuhe an und ein wollene, über die Ohren ge zogene Mütze uuf. War sein Gesicht schmutzig, s'o nahm seine Mutter ihr - Taschentuch, feuchtete cs mit, der Zun ge an und rieb

seine Backen, bis der Dreck fort war. Wenn sie sieh nnge- zogen hatten, gingen sic hinutts auf die Straße. Mit einer Hund hielt Julius seine Mutter, aus der anderen aß er sein Brot. Seine bloßen Beine und seine Nuscnspjtzc waren blau vor Kälte, aber seinen Körper hielt der Schal warm. Sic klupperten den schmutzigen Weg bis zur Landstraße hinunter. Der Atem drang wie eine dünne Rauchwolke in tjer eiskalten Luft stoßweise uus ihrem Munde. Sie gingen Uber die Brücke. Blaß und hinterhältig, wie' cs schien

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