, wenn sie nicht einen reichen Mann hei- rathete. Und die arme Lucie sagte mir, daß sie damals das Gefühl gehabt hätte, nun sie Dich verloren, wäre ihr alles gleichgiltig und ohne Bedeutung und deshalb ließ sie sich auch dazu überreden, um ihre Eltern vor dem Ruin zu retten, den Heirathsantrag des Herrn von Harling anzunehmen. Aber wenn sie ge hört hätte, das Du noch am Leben wärest, würde sie lieber gestorben sein als ihn zum Manne genommen haben.' „Sagte sie Dir wirklich dies alles, Bertha?' fragte Richard von Münster
mit leiser, ge preßter Stimme. .Ja, das that sie. Richard, und sie sagte mir auch, ich sollte es Dir alles genau be stellen! Es war ganz schamlos, sie so zu betrügen und ich glaube.es geschah bloß des halb, weil der gräßliche alte Mann so enorm reich ist. Ich wünschte wirklich, daß er recht bald stürbe!' Richard antwortete nicht, sondern wandte sich von Bertha ab und blickte stumm auf das Meer hinaus. „Und nun stelle Dir vor, unter welchen Umständen sie zuerst davon hörte,' fuhr das junge Mädchen
in ihrer Aufregung fort. „Ich meine, zuerst davon hörte, daß Du nicht ertrunken warst. O, Richard, sie hörte es an ihrem Hochzeitstage — hörte es von Herrn von Harling selber, als sie bereits aus der Hochzeitsreise waren, im Eisenbahnkoupe. Meine arme Lucie fiel sofort in Ohnmacht und ich glaube, sie wäre beinahe gestorben!' Richard sagte noch immer nichts; seine seine grauen Augen ruhten noch immer auf den blaugrünen Wogen der Nordsee, in denen er seinem Untergänge so nahe gewesen war. Er war Weltmann genug
, um recht gut zu wissen, wie thöricht und unrecht es von Bertha war, ihm dies alles zu sagen und doch waren die Worte seinem gequälten unruhigen Herzen ein willkommenes Labsal. „Arme Lucie!' dachte er mit zärtlichem Sehnen — aber doch, was konnte er für sie thun, was konnte er auch nur sagen? „Du wirst doch vermuthlich an sie schreiben?' sagte er endlich, sich zu Bertha umwendend. „Natürlich schreibe ich an sie; aber —' „Du mußt dann sehr vorsichtig sein, was Du ihr schreibst,' sagte Richard
ihn das junge Mädchen eifrig. „O, Richard! Wie ich wünschte, wie ich wünschte „Was denn,'Bertha?' j' „Daß sie hier wäre, daß sie uns nie ver lassen hätte, daß sie unverheirathet und wir alle ebenso wären wie früher' Richard von Münster seufzte tief und sagte dann: „Das ist jetzt nicht mehr möglich. Bertha und wir dürfen nur noch darauf bedacht sein, daß wir Luciens Geschick nicht noch schlimmer gestalten.' „Ja, gewiß — aber jetzt muß ich schnell nach Hause. Richard. Mama will durchaus heute Nachmittag