Fenster der Burgkapelle schienen die letzten Strahleil der Abend sonne; über dem Tore sah man schon die spiegelnden Waffen des Reisigen, der die Wache hielt. Bei dieser Anficht jauchzte der Ritter fröhlich auf, so daß es seiner Beute schneidend durch das Herz ging. „Gottlob/' rief er, „da ist mein festes Schloß und eh' Ihr Euch umschaut sind wir drinnen. Nun gebt die Wehr auf, liebes, edles, süßes Fräulein!' Das Mädchen aber wurde durch diesen Zuspruch noch grimmiger, als sie vorher
gewesen, und zuckte abermals mit allen Kräften, um sich frei zu machen, bis sie plötzlich wild zu jubeln anfing, denn bald, nachdem Herr Haimon jene Worte gesagt, vernahm sie das grauenvolle Gebrüll des Löwen, der, wie der Ritter schnell ge wahrte, in schauerlichen Sätzen auf seiner Fährte war und ihn erreichen mußte auf dem steilen Felsenpfade, der zur Burg hinauf führte, zumal der Renner selbst schon todesmüde und nahe daran war, zu erliegen. „Jetzt gebt mich frei,' rief die Sarazenin, „gebt mich frei
, oder Ihr seid des Todes.' „Ich setze mein Leben an Eure Liebe?' sagte Herr Haimon, drückte in Todesmut und Liebesmut das Mädchen an seine Brust und zog sein Schwert. „Ihr sollt sie aber nicht gewinnen!' schrie Haura, riß einen Dolch aus dem Busen und hieb in wahnsinnigem Zorne nach dem Ritter, so daß ihm der Stahl zwischen Hals und Brust dreimal tief in das Fleisch stach, während der Falke, der unversehens aus heiterer Luft herabgestürzt, ihn krächzend umkreiste und mit dem Schwerte kaum von Ärgerem
abzuhalten war. Herr Haimon hielt nur noch mit Mühe den Sattel und seine süße Last; der Renner erwildete und stürzte mit der allerletzten Kraft noch über die Zugbrücke hinein, der Löwe aber war jetzt so nahe gekommen, daß er endlich, wie er eifrig getrachtet, den tödlichen Sprung auf des Rosses Rücken dicht hinter dem Ritter vornehmen konnte. Im Burghof stürzte der Renner mit aufgerissenem Leibe verendend auf das Pflaster und ächzte bald zum letzten Male; Herr Haimon sank schweigend, leichen-